Bayerisches Brauchtum zur Hopfenernte

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Die „Hopfenmutter“, eine Puppe in Altweiberkleidung, wird beim „letzten Hopfen“ mit heimgetragen

Der Text Bayerisches Brauchtum zur Hopfenernte behandelt die harten Arbeitstage und die deutschen traditionellen und volkstümlichen Riten in Bayern zur Hopfenernte. Die folgende Quellenwiedergabe wurde den Artikeln Der letzte Hopfen und Der Hopf′ is a Tropf von J. A. Alberstötter aus der Zeitschrift „Das Bayerland“ (46. Jahrgang, 1935) entnommen.

Text

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

„Hopfenernte! Das bedeutet für die sonst stillen Dörfer und Märkte der Hallertau lauten Betrieb und emsige Arbeit. Aus allen Gegenden und Volksschichten trifft sich da ein buntes Durcheinander von Leuten zu gemeinsamer Arbeit, die schön ist, wenn die Sonne lacht, aber sehr naß, wenn es regnet. Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung dauert der Arbeitstag draußen in den Hopfengärten. Er wird nur unterbrochen von den Mahlzeiten, die mit dem Fuhrwerk, das zugleich auch die gefüllten Hopfensäcke heimbefördert, herausgefahren werden. Die Nächte auf dem Stroh sind hart und vielfach ungewohnt, aber sie gehören zum Hopfenpflücken. Wo der Schlaf sich nicht einstellen will, hält Gesang und Übermut die Leute oft lange wach. Es gibt in 14 Tagen Hopfenernte ein vielerlei an Scherz und Streit, an Seufzern und nicht zuletzt auch an Liebe. Im Grunde aber überwiegt immer eine gewisse Hopfenzupfer-Sorglosigkeit und Lustigkeit, die sich steigert, je mehr sich die Ernte dem Ende nähert. Schon ein paar Tage vor dem „letzten Hopfen“ werden die Pläne für den Festzug gemacht, und die Hopfenkönigin gewählt. Alle freuen sich auf den letzten Tag, den Zahltag, der außerdem noch allerlei Freuden in Aussicht stellt. Unwillkürlich arbeitet alles schneller, einer eifert den andern an. Je früher es Feierabend wird, desto länger währt das Fest. Mädchen und Frauen suchen sich schöne Doldenbüschel aus für ihren eigenen Schmuck, und die Männer schlingen Kränze um ihre Hüte und Mützen. Das „Hopfenstangl“, eine lange Stange mit einem eisernen Haken, mit dem während der Ernte die etwa im Drahtgerüst hängengebliebenen Gipfel der Hopfenreben heruntergeholt werden, wird vom sogenannten „Stangler“ grün mit einer Rebe umwunden. Von der letzten Rebe, die unter lautem Jubel der Leute fällt, wird der Hopfenkranz gebunden, der in buntem Bänderschmuck dann die Spitze des Hopfenstangls ziert. Mittlerweile kommt der Knecht mit dem Fuhrwerk. Auch dieses wird für das Fest geschmückt, um des letzten Tages Ernte nach Hause zu bringen. Die Pferde tragen das schönste nickelbeschlagene Geschirr, und der Knecht hat sie für den Tag besonders schön gestriegelt. In Schweif und Mähne sind Hopfenbüschel und bunte Bänder geflochten. Der Wagen, umkränzt von grünen Hopfengirlanden und bunten Schleifen, schwankt hochbeladen am Schlusse des Zuges. Voran trägt der „Stangler“ stolz den Kranz, begleitet von zwei Buben, die als Trommler den Metzen (Meßgefäß) aus Weißblech schlagen. Ihnen folgt in reichem Schmucke die Hopfenkönigin mit kleinen Mädchen zu beiden Seiten. Dahinter ordnen sich die Leute in bunter Reihe, jedes seine grünumwundene Kirm (Korb) am Arm, in der Hand Zweige, in deren Gipfel Bänder in bunten Farben wehen. Oft sind unter den Zupfern Musikanten, die an diesem Tage ihre Kunst mit besonderer Liebe zur Verfügung stellen. Wenn dann noch aus klarblauem Himmel goldene Septembersonne lacht, gibt so ein „letzter Hopfen“ oft ein farbenfrohes Bild. Zieht der Zug nun laut jubelnd und singend durch das Dorf, so stehen die Daheimgebliebenen vor den Türen und an den Fenstern, und es gibt ein Lachen und Winken und fröhliche Zurufe. Hält der Zug dann vor dem Hoftore, so wartet meist schon der Bauer mit seiner Familie auf ihn. Einer der Zupfer hält eine kleine Ansprache, in der er das Ende der Ernte verkündet, im Namen aller für gutes Essen und Behandlung dankt und den Bauern dafür hochleben läßt. Dann begibt sich alles in den Hof, wo es nach dem Waschen und Schönmachen nun erst recht laut und lustig hergeht. Bald sitzt alles in Sonntagskleidern beim fröhlichen Hopfenmahl. Da werden Knödel, Schweinebraten und Kartoffelsalat, vielfach auch Schmalzküchl aufgetragen. Ein wichtiges Ereignis ist das reichliche Freibier, und Mäßigkeit ist an diesem Tage ein viel übertretenes Gebot. Musik und Tanz dauern bis in die späte Nacht. Wenn′s am nächsten Tag auch schwere Köpfe gibt, schön war′s doch, und fast alle versprechen beim Abschied ein Wiedersehen im nächsten Jahr.“

Der „letzte Hopfen“

„Schalkhaftigkeit und übererbter Humor seiner Bewohner stempelten die Hallertau zum Schelmenlandl; wohl mit Unrecht, denn seine Bewohner sind ehrenfeste und biedere Leute. Aber der zweideutige Ruf, den ihre Vorfahren wegen Neigung zu Roßdiebereien genossen, hat seine Schatten hinterlassen und ist lebendig in dem in der Hallertau noch oft zu hörenden Spottg′sangl des St. Kastulus-Liedes. Mag das damals so gewesen sein. Heute ist der Hallertauer fleißig, arbeitsam, hat ein gutes Gemüt, liebt die Unterhaltung und kann recht lustig sein. Wächst ja in der Hallertau nicht bloß Gerste und Malz, sondern auch der Hopfen, und Hopfen und Malz haben immer schon ein gutes Trankerl gegeben, das Kraft gibt und Humor.

Ja unsre schöne Holledau
Mit Mainburg, Nandlstadt und Au,
Mit Wolznach, Geisenfeld, Siegenburg,
Pfeffenhausen, Abensberg, Rottenburg,
Die stolz und freundli hingestellt hat
Der Herrgott mit a bsondern Gnad,
Is auf da ganzen Welt bekannt
Als das erste Hopfaland.

„Und doch wurde der Hopfen in der Hallertau nicht immer mit dem wünschenswerten Lohn gebaut. Unwillen und Enttäuschung legten manchem Hopfenbauern die Worte in den Mund: „I reiß no des ganze Glump außa und bau lauter Erdäpfi o, na ham ma wenigstens woas z′essen!“ Tatsächlich war keine Ware in den letzten Jahrzehnten so überraschenden Preisschwankungen ausgesetzt wie gerade der Hopfen; daher der landläufige Bauernspruch:

„Hopfenbauer, aufgschaugt! Da Hopf is a Tropf,
Und wer eahm traut, den nimmt er beim Schopf!“

Gar, als dem Hopfen noch eine verheerende Krankheit, die Peronospora, arg zusetzte und wiederholt Mißernten brachte, tat er das. [...] Um den 20. August herum ist der Hopfen zur Pflücke reif. Um diese Zeit nehmen weitgereiste „Hamperer“ (Handwerksburschen) Kurs nach der Hallertau, um einige Notgroschen für den Winter zu verdienen. Der Hallertauer Bauer aber hat seinen Leuten, die alle Jahre bei ihm Hopfenzupfen, „Post in d′ Pfalz hintri oder ins Böhm neito“, daß die wissen, wann und wie viele Zupfer kommen dürfen. Ein lustiges Völklein findet sich da auf den Bahnhöfen der Hallertau ein: Männer, Weiberleut und Kinder, Alte und Junge, Arbeitswillige und solche, die sonst der Arbeit aus dem Wege gehen und nur wegen freier Kost und Unterkunft kommen, rücken mit Körben und Kirmen, mit „Roaskuferl“ und „Rupfasackl“ an. Ein gutes Einstandsmahl mit Schweinernem, Kraut, Kartoffel und roggenen „Schucksen“ empfängt die Hopfenzupfer. Gleich am Tage nach der Ankunft beginnt im Hopfengarten die Arbeit, die zwar keine körperliche Kraft, aber eine gewisse Fertigkeit und Geduld erfordert. Für jeden vollen Metzen (Hopfenmaß) erhalten die Hopfenbrocker ein metallenes Zeichen. Diese Marke ist bare Münze, die entweder jeden Abend oder am Schluß der Ernte gegen Geld eingewechselt wird. Abends zur Lichtzeit finden sich die Landsleute zusammen, man geht in den „Hoagart′n“. Diese Stunden mit ihrem reichen Liederschatz, mit ihren Erzählungen und Schauermärchen zählen in der Hallertau zu den schönsten des Jahres. Oberpfälzer und Waldler erzählen von ihrer Heimat, man hört Geschichten aus alten Zeiten, von Druden und Hexen, vom Bilmesschmitt, von verwunschenen Schlössern und Burgen. Lieder, wie vom „Rosengarten“, „Schöne Linzerin“, „Steh ich am Eisengitter“, „Drum sag ich′s noch einmal“, „Vom verschlossenen Nagelschmied“ usw., pflanzen sich von Jahr zu Jahr fort und bereichern abwechselnd mit modernen Liederweisen die Unterhaltung.“

Quelle: J. A. Alberstötter: Der letzte Hopfen und Der Hopf′ is a Tropf in Das Bayerland, 46. Jahrgang, 1935