Bußbuch

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Bußbuch aus Köln, Anfang des 15. Jahrhunderts

Ein Bußbuch (Bußordnung, Beichtbuch, Pönitentialbuch, lat. Liber poenitentialis) ist eine Schrift, in welcher die in der katholischen Kirche geltenden Regeln für die Handhabung des Bußsakramentes durch die Priester, insbesondere die Anweisungen über die für einzelne Sünden aufzuerlegenden Bußübungen zusammengestellt sind. Neben der praktischen Bedeutung für Priester hatten Bußbücher auch eine Schutzfunktion für Bußwillige, damit diese nicht einem allzu willkürlichen Bußmaß ausgesetzt wurden. Die dort genannten Bußtarife stellten aber nur Orientierungswerte dar. Das genaue Bußmaß mußte der Priester selbst bestimmen.

Entstehung

Bußbücher gab es schon im 3. und 4. Jahrhundert. In der morgenländischen Kirche ist namentlich dasjenige Bußbuch wichtig geworden, welches der Patriarch Johannes Scholastikus († 578) aus den Briefen Basilius’ von Caesarea („Basilius des Großen“) hergestellt haben soll. Für die vielfachen späteren Bußbücher im Abendland sind besonders die auf Theodor von Canterbury († 690), Beda den Ehrwürdigen († 735) und Egbert von York († 766) zurückgeführten von maßgebendem Einfluß gewesen. Der eigentliche abendländische Ursprung des Bußbuchgebrauchs ist in Irland (allein die irischen Bücher liegen bisher auch in modernen Editionen vor) zu finden. Das erste Buch „Vinnian“ ist auf die Zeit um 591 zu datieren. Durch missionarische Einwirkung kamen sie kurze Zeit später nach England. Die angelsächsische Mission führte dann zu einer Verbreitung auf dem europäischen Kontinent. Ab dem 9. Jahrhundert entstanden bedeutende, eigenständige Bücher (Halitgar, Hrabanus Maurus), die auf kanonische Werke zurückgriffen. Die Zeit ihrer Verbreitung war kurz danach bereits vorbei; überliefert sind sie allerdings noch für spätere Zeiten. Vielfach wurden sie in Kanonessammlungen aufgenommen.

Von der römischen Kirche ist ein Bußbuch mit amtlichem Ansehen niemals aufgestellt worden; aber die seit dem 9. Jahrhundert für verschiedene Bußbücher gebrauchte Bezeichnung „Poenitentiale Romanum“ soll wohl bedeuten, daß die darin enthaltenen Grundsätze, im Gegensatz zu den in beschränkten Gebieten geltenden, allgemein angenommene und weit verbreitete seien.

Bedeutung für die historische Forschung

In erster Linie ist die Auswertung der Bußbücher für die Untersuchung der geltenden Bußpraxis und die Recht- und Moralvorstellungen – es werden allerdings nur Verbote aufgeführt – von großer Bedeutung. Des weiteren können Einblicke in das religiöse Leben genommen werden, ebenso wie die Untersuchung heidnischer Bräuche und auch abergläubischer Vorstellungen erlaubt wird. Zudem bietet diese Quellengruppe aufschlußreiche Informationen für Fragenstellungen vielerlei Art, da bei der Strafbemessung nach Stand, Geschlecht, Alter und Begleitumständen unterschieden wurde. In letzter Zeit wurden Bußbücher besonders in Hinblick auf das private Leben und Aussagen über Ehe und Sexualität ausgewertet.

Zentrale Probleme der Auswertung sind die Fragen des Verfassers, der Rechtsgeltung und der wirklichen Benutzung. Der Verfasser und die Herkunft waren oft unbekannt. Recht häufig sind Bußbücher aber fälschlicherweise nach bekannten Personen benannt. Die Rechtsgeltung ist hingegen auch nicht immer klar, da Bußbücher private Erzeugnisse waren, die von der Kirche nicht allgemein anerkannt waren, sondern teilweise sogar – allerdings vergeblich – bekämpft wurden mit der Begründung, daß sie nicht nur untereinander voneinander abwichen, sondern auch nicht mit dem kanonischen Recht in Übereinstimmung standen. Die Frage nach der Benutzung in der Praxis ist schwer zu beantworten. Die breite Handschriftenüberlieferung läßt eine häufige Anwendung aber stark vermuten.

Siehe auch

Literatur

  • Hildenbrand: Untersuchungen über die germanischen Pönitentialbücher, Würzburg 1851 (Netzbuch)
  • F.W.H. Wasserschleben: Die Bußordnungen der abendländischen Kirche, Halle 1851
  • Hermann Joseph Schmitz: Die Bußbücher und die Bußdisciplin der Kirche, Mainz 1883 (Netzbuch)
  • Raymund Kottje: Bußbücher. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 2, München und Zürich 1983, Sp. 1118–1123

Verweise