Blót
Das Blót ist das altnordische Opfer (sacrificium), d.h. eine den Göttern gewidmete Kulthandlung. Die althochdeutsche Entsprechung ist Pluoz oder Pluotar.
Inhaltsverzeichnis
Begriffsgeschichte
Das Substantiv ist abgeleitet vom Verb blóta (got. blotan, alteng. blōtan, ahd. blŏzan oder pluozan)[1] Das Englische bless "segnen" führt ein aengl. blǣdsian, blēdsian fort, von einem urgerm. *blōðisōjanan.
Grimm bespricht den Begriff im Kapitel 3 seiner Deutschen Mythologie.[2]. Die ursprünglishe Bedeutung des Verbs ist schwer zu fassen, weil es von einer sehr verbreiteten Wurzel *bhlā gebildet ist der Oxford English Dictionary verbindet es direkt mit dem Wort für "Blut", in einer Bedeuting "mit Blut weihen" (o.ä.) [3] Grimm dagegen bestreitet die direkte Ableitung von "Blut".
Die letzlich zugrundeliegende idg. Wurzel ist *bhlē-, die ein weites Bedeutungsspektrum von "wachsen, schwellen, blähen, spriessen, fliessen, sprudeln" usw. abdeckt. Das Blut (aisl. blōð, as. ags. blōd, ahd. bluot) wird als das "Sprudelnde" gedeutet, von derselben Wurzel kommt auch ahd. blāt(t)ara, aengl. blǣdre "Blattern", ahd. blāt, ags. blæd aisl. blǣr "Wehen, Windstoss", ahd. 'blāsan "blasen", usw., ags. blǣd m. "Hauch", n. "Blase", f. "Blüte", ahd. blāt "Blüte".[4]
Sophus Bugge hat etymologische Verbindung zum lat. flamen vorgeschlagen, was beide Wörter auf ein uridg. *bhlād(s)men zurückführen würde. Die Etymologie von flamen ist aber ihrerseits unsicher, und wird heute meist anders gedeutet.[5]
Grimm setzt es in der Bedeutung mit griech. thuein gleich. Wulfila benutzt das Verb transitiv, blôtan fráujan "den Herrn verehren" (Deum colere, bereits ohne Gedanken an blutiges Tieropfer) Cædmon benutzt blôtan für "opfern, ein Opfer töten", mit dem Geopferten im Dativ (blôtan sunu "einen Sohn opfern"). Das ahd. pluozan (Präteritum pliez und pluozta) begegnet nur in Glossen, für libare, victimare, immolare. Das zugehörige ahd. Substantiv ist pluostar, bluostar. Anders als im gotischen behält das aengl. und ahd. Wort seinen heidnischen Charakter und wird nicht auf den christlichen Kult angewendet. Auch im Altnordischen behält das Wort emphatisch heidnischen Charakter; so hat Trygdamâl svâ viða sem kristnir menn kirkior sækia, heiðnir menn hof blôta.
Im Mittelhochdeutschen stirbt das Wort weitgehend aus, scheint aber in einigen Wendungen zu überleben, wie etwa blotzen müssen, "blechen müssen", d.h. "Geld opfern", oder in blotz für ein altes Messer oder Schwert.[6] Die Livländische Reimchronik (4683) scheint das fast schon vergessene Wort aber wieder im ursprünglichen Sinn zu verwenden, in einer Stelle über das Tieropfer bei den Samojeden:ir bluotekirl der warf zuo hant / sin lôz nâch ir alden site / zuo hant er bluotete alles mite / ein quek. (quek ist ein lebendiges Tier, bluetekirl ist entlehnt aus aschwed. blôtkarl "heidn. Priester").
Ein anderer altnordischer Begriff für das Opfer ist húsl, húsel (aengl. húsl, húsul, húsel, got. hunsl, von einem idg. *kwnt-(e)l-). Damit verwandt ist das kirchenslawische Wort für "heilig", *svętъ.
Grundsätzliches
- siehe Opfer
Dem Opferkult zugrunde liegt die Idee, dass ein Gott auch menschliche Nahrung geniessen kann, und der Mensch den Gott somit bewirten kann. Der Gott wird also zum Essen und Trinken eingeladen, und tritt damit in ein Gastverhältnis zum Menschen, was einen freundschaftlichen und wohlwollenden Umgang bedeutet, der auch dem Menschen wieder zugute kommt.
Grundsätzlich gibt es drei Typen von Opfer, das Dankopfer, wo dem Gott sozusagen eine Gegengabe für eine Wohltat angeboten wird, etwa nach einer Ernte, einer Geburt, einem Sieg, usw. Zweitens ein Bittopfer, wo auf eine Gegengabe des Gottes gehofft wird (etwa die Bitte um den Sieg vor einer Schlacht, die Bitte um Nachkommen oder Reichtum, usw.). Eine besondere Klasse des Bittopfers ist das Divinationsopfer, wo aus den Innereien des Opfertiers eine Äusserung des Gottes abgelesen wird (Orakel). Drittens, das Sühneopfer, womit der bereits erzürnte Gott besänftigt werden soll (bei Kalamitäten wie Seuchen, Hungersnot, Unwetter usw.)[7]
Die Grundform des Opfers ist das Tieropfer. Diese bleibt in den meisten Kulturen eine Konstante, und wird selbst in monotheistischen Religionen nur oberflächlich zur „rituellen Schlachtung“ umgestaltet. Neben dem Tieropfer stehen aber oft auch unblutige Opfer, wo das Tier durch pflanzliche Nahrungsmittel vertreten wird. Das Menschenofper hat eine nahe Verwandtschaft zum Tieropfer,[8] hat sich aber im Gegensatz zu diesem in vielen Kulturen schon in früher Zeit zu einer rein symbolischen, unblutigen Handlung entwickelt. Die Geschichte von der „Opferiuung Isaaks“ in Genesis 22 wird oft als eine frühe Ätiologie zum Menschenopfer-Tabu verstanden. Das Purushamedha („Menschenopfer“) im Yajurveda (um 1000 v. d. Z. ) ist bereits rein symbolisch. Im der römischen Staatsreligion wurde das Menschenopfer 97 v. d. Z. durch einen Senatsbeschluss verboten, war aber bereits zu jenem Zeitpunkt so selten, dass das Verbot kaum praktische Konsequenzen hatte. Im chinesischen Kaiserkult wurde das Menschenofper 1673 abgeschafft.
Ort
Ort des Blots ist der Hörgr (altengl. hearg, ahd. haruc, von *harugaz), der geweihte "Altar", normalerweise ein Ort unter freiem Himmel, kann aber auch ein Gebäude oder Tempel sein (die The Lex Ripuaria kennt den Begriff harahus). Die Völuspá nennt die Æsir die Erbauer von hörg ok hof "Altar und Hof". Ahd. hat auch pluoz-hûs, blôz-hûs, pluostarhûs für einen heidnischen Tempel.[9]
Asatru
Anhänger des Asatru haben für ihr Blot Ritualformen entwickelt, die nicht den Anspruch erheben können, gänzlich "traditionell" zu sein - hier sind die Quellen zu sparsam -, die aber am heidnischen Geist orientiert sind:
Es finden Trankopfer und Speiseopfer statt, den hohen Mächten werden Geschenke gemacht, man dankt, man bittet, man vertraut, man verspricht, man heiligt die Gemeinschaft der menschlichen und göttlichen Wesen.
Neben Trank- und Speiseopfern, die zu den häufigsten zählen, werden auch Inzensien (Räucherwerk), Gebildebrot, Geld, Dienste und andere Werke geopfert. Der Eldaring lehnt Tieropfer (rituelle Schlachtfeste) nicht gänzlich ab. Aber da die Meinung diesbezüglich innerhalb von Eldaringmitgliedern weit auseinander geht, werden auf offiziellen Eldaringveranstaltungen keine Tieropfer durchgeführt. Der Eldaring lehnt Menschenopfer jeglicher Art ab. Diese Aussage ist heutzutage nichts besonderes, sie muß aber wegen einiger immer noch in manchen Kreisen kursierenden Wahnvorstellungen gegenüber dem Heidentum hier erwähnt werden.
Im Eldaring gibt es für jedes Blot Ritualleiterinnen bzw. Ritualleiter, die nicht Kraft eines Amtes, sondern Kraft ihrer Autorität und Initiative diese zeitweilige Aufgabe übernehmen. Bislang hat sich die Form bewährt, wonach diejenigen, die zum Blot einladen, das Blot ausrichten - oft mit freundlicher Unterstützung erfahrener Gäste.
Ritualverlauf
Die Form des Blots folgt gewöhnlich einem einfachen Modell:
Die eigentliche, und spezifisch angelsächsische Begriffsneubildung ist „friðgeard“ „heiliger eingefriedigter Ort“, der Frieden der am Kultort herrschte hängt direkt mit dem germanischen Rechtsverständnis zusammen wie der Vergleich zu dem isländischen „Thingfrieden“ zeigt und auch zum kultischen Selbstverständnis der unbedingten Gebundenheit. Eine Verletzung dieses Friedens hatte drastische Sanktionen zur Folge. Solche Sanktionen werden beispielsweise drastisch im Lex Frisionum geschildert.
Der Ort des Blots ist ein Ort des Friedens; die Zeit des Blots eine heilige Festzeit. Dies wird durch eine besondere Einstimmung (z.B. Gesang) deutlich gemacht. Den Schutz für diesen Ort und die dort Versammelten herbeizurufen, ist der erste zeremonielle Akt. Es werden Asen, Wanen und andere Wesenheiten angerufen und eingeladen, am Fest teilzuhaben.
Den zentralen zeremoniellen Akt bildet die Opferung an die Götter, Ahnen und Naturgeister. Das Opfer ist Geschenk an diese. Hauptsächlich wird es dargebracht als Trank- und Speisegabe. Je nach Anlass der Feier gebührt bestimmten dieser Wesenheiten konkreter Dank und Respekt, werden konkrete Bitten oder Versprechen ausgedrückt. Die Blotgemeinschaft trinkt auf diese (dieser Akt wird als Sumbel bezeichnet); Segen für gemeinschaftliche oder persönliche Belange wird erbeten.
Das Blot wird aufgehoben, die Zeremonie beendet, um in die konventionelle Jetzt-und-Hier-Zeit über zuleiten. Das Ausgießen des Trankopfers mit der begleitenden Formel "Von den Göttern zur Erde zu uns; von uns zur Erde zu den Göttern zurück" hat sich in Eldablóts als ein würdiger Abschluss etabliert.
Es gibt viele würdige Anlässe, ein Blot zu feiern - etabliert haben sich Blota bei den wichtigsten heidnischen Festen, den Jahreskreisfesten.
Die Ausfüllung dieses Rahmens bietet viel Spielraum für Neuerungen und saisonale Schwerpunkte. Für die zeremonielle Gestaltung ist man auf seine Phantasie angewiesen. Kultische Formen - sofern sie einer Traditionskontinuität ermangeln - entwickeln sich aus der Spiritualität der Gruppe heraus. Religiosität gebiert Kult, nicht der Kult die Religiosität.
Jegliche Störung, z.B. durch moderne Kommunikationsgeräte, wird nach Möglichkeit vermieden. Wenn beim Sumbel auf Wesen getrunken werden soll, die nicht Teil der germanischen Tradition sind, wird dies vorher besprochen, um Irritationen zu vermeiden.