Der Tag von Düppel
Der Tag von Düppel ist ein Gedicht von Theodor Fontane anläßlich der siegreichen Erstürmung der Düppeler Schanzen durch die Preußische Armee 1864 während des Deutsch-Dänischen Krieges.
Text
- Still!
- Vom achtzehnten April
- Ein Lied ich singen will.
- Vom achtzehnten – alle Wetter ja,
- Das gab mal wieder ein Gloria!
- Ein „achtzehnter“ war es, voll und ganz,
- Wie bei Fehrbellin und Belle-Alliance,
- April oder Juni ist all einerlei,
- Ein Sieg fällt immer in Monat Mai.
- Um vier Uhr morgens der Donner begann!
- In den Gräben standen sechstausend Mann,
- Und über sie hin sechs Stunden lang
- Nahmen die Kugeln ihren Gang.
- Da war es zehn Uhr. Nun alles still,
- Durch die Reihen ging es: „Wie Gott will!“
- Und vorgebeugt zu Sturm und Stoß
- Brach das preußische Wetter los.
- Sechs Kolonnen. Ist das ein Tritt!
- Der Sturmmarsch flügelt ihren Schritt;
- Der Sturmmarsch, – ja tief in den Trancheen
- Dreihundert Spielleut' im Schlamme stehn.
- Eine Kugel schlägt ein, der Schlamm spritzt um,
- Alle dreihundert werden stumm –
- „Vorwärts!“ donnert der Dirigent,
- Kapellmeister Piefke vom Leibregiment.
- Und „vorwärts“ spielt die Musika,
- Und „vorwärts“ klingt der Preußen Hurra;
- Sie fliegen über die Ebene hin,
- Wer sich besänne, hätt's nicht Gewinn;
- Sie springen, sie klettern, ihr Schritt wird Lauf –
- Feldwebel Probst, er ist hinauf!
- Er steht, der erst' auf dem Schanzenrück,
- Eine Kugel bricht ihm den Arm in Stück:
- Er nimmt die Fahn' in die linke Hand
- Und stößt sie fest in Kies und Sand.
- Da trifft's ihn zum zweiten; er wankt, er fällt:
- „Leb wohl, o Braut! leb wohl, o Welt!“
- Rache! – Sie haben sich festgesetzt,
- Der Däne wehrt sich bis zuletzt.
- Das macht, hier ficht ein junger Leu,
- Herr Leutnant Anker von Schanze zwei.
- Da donnert's: „Ergib dich, tapfres Blut,
- Ich heiße Schneider, und damit gut!“ –
- Der preußische Schneider, meiner Treu,
- Brach den dänischen Anker entzwei.
- Und weiter, – die Schanze hinein, hinaus
- Weht der Sturm mit Saus und Braus,
- Die Stürmer von andern Schanzen her
- Schließen sich an, immer mehr, immer mehr,
- Sie fallen tot, sie fallen wund, –
- Ein Häuflein steht am Alsen-Sund.
- Palisaden starren die Stürmenden an,
- Sie stutzen; wer ist der rechte Mann?
- Da springt von achten einer vor:
- „Ich heiße Klinke, ich öffne das Tor!“ –
- Und er reißt von der Schulter den Pulversack,
- Schwamm drauf, als wär's eine Pfeif' Tabak.
- Ein Blitz, ein Krach – der Weg ist frei –
- Gott seiner Seele gnädig sei!
- Solchen Klinken für und für
- Öffnet Gott selber die Himmelstür.
- Sieg donnert's. Weinend die Sieger stehn.
- Da steigt es herauf aus dem Schlamm der Trancheen,
- Dreihundert sind es, dreihundert Mann,
- Wer anders als Piefke führet sie an?
- Sie spielen und blasen, das ist eine Lust,
- Mit jubeln die nächsten aus voller Brust,
- Und das ganze Heer, es stimmt mit ein,
- Und darüber Lerchen und Sonnenschein.
- Von Schanze eins bis Schanze sechs
- Ist alles deine, Wilhelmus Rex;
- Von Schanze eins bis Schanze zehn,
- König Wilhelm, deine Banner wehn.
- Grüß euch, ihr Schanzen am Alsener Sund,
- Ihr machtet das Herz uns wieder gesund! –
- Und durch die Lande, drauß und daheim,
- Fliegt wieder hin ein süßer Reim:
- „Die Preußen sind die alten noch,
- Du Tag von Düppel lebe hoch!“