Diskussion:Deutschnationalismus
Wir sollten noch herausstreichen, daß der klassische österreichische Deutschnationalismus auch immer ein freisinniger war, und zwar insoferne, als daß die Parteien des Reichsratsklubs Deutschfreiheitlicher Nationalverband und ihre Vorgänger nicht nur ein großdeutsches Reich anstrebten, sondern (zumindest meist) die Einführung einer Republik urgierten, strikt antikatholisch sowie habsburgkritisch und fortschrittsgläubig waren.
Das war auch der Grund, wieso bei Reichratswahlen, wenn es im zweiten Wahlgange bei den Wahlkreisen zu einer Stichwahl kam, die Deutschnationalen/-liberalen lieber die Sozialdemokraten unterstützten, und umgekehrt, als den Christlichsozialen zum Siege zu verhelfen. Die meisten deutschösterreichischen Sozialisten (Adler usw.) waren deshalb in ihren Ursprüngen bei deutschnationalen Parteien. Der Grund der Trennung war der größere Antisemitismus unter Deutschnationalen, während die Sozialisten diesbezüglich judenfreundlicher auftraten (ansonsten war zumindest am Anfange alles gleich).
Im 19. Jahrhundert waren die Deutschnationalen im politischen Spektrum deshalb übrigens links, Leute wie Georg Ritter von Schönerer, der heute rechtsaußen wäre, linksradikal. Rechts waren die habsburgtreuen katholischen Monarchisten, Adeligen und Österreichpatrioten im Sinne der Erhaltung des Vielvölkerstaates und Kaiserreiches Österreich.
Linksaußen standen die (großdeutsch = deutschnational, aber judenfreundlich gesinnten) Sozialisten, mitte-links bis linksradikal die Deutschnationalen und zur Rechten hin standen z.B. die Katholische Volkspartei und Adelsverbände.
Der Artikel Drittes Lager ist übrigens mit dem Sachgebiete engst verwoben.
--Laibwart, 15:09, 2. Scheiding 2012 (MEZ)