Diskussion:Kaukasus-Konflikt 2008
Russland erkennt georgische Gebiete an
Der Erlass ist unterschrieben, Russland hat die georgischen Gebiete Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten anerkannt. Das teilte Präsident Dmitri Medwedjew mit.
Medwedjew sprach von der einzig möglichen Entscheidung und rief die anderen Staaten auf, sich anzuschließen. Für die Unabhängigkeit hatte sich zuvor auch schon das russische Parlament ausgesprochen.
Abchasien und Südossetien gehören rechtlich zu Georgien. Anfang der Neunziger haben sie sich aber faktisch abgetrennt; Russland hat in den letzten Jahren fast alle Bewohner noch dazu mit seinen Pässen ausgestattet.
Der georgische Versuch, die Gebiete mit Gewalt zurückzuholen, endete diesen Monat im bewaffneten Konflikt mit Russland und mit der militärischen Niederlage.
Vor Ort überwiegt nach der russischen Entscheidung die Freude: Wir können noch gar nichts sagen, meint ein Mann in der abchasischen Hauptstadt Suchumi. Fünfzig, sechzig Jahre lang haben wir für diesen Tag gekämpft, und nun ist es soweit. Es lebe Russland, es lebe Abchasien, und Gott möge geben, dass wir mit allen Völkern der Erde in Frieden leben.
Der nächste Schritt für die beiden Gebiete: diplomatische Beziehungen mit Moskau.
http://www.euronews.net/de/ 2008-08-26
Georgien-Konflikt: Wie konnte es so weit kommen?
Hat die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 die Büchse der Pandora geöffnet? Russland stellt es gern so dar. Viele westliche Staaten erkannten damals die Unabhängigkeit der Kosovaren prompt an. Nun erkennt Russland eben seinerseits Abchasien und Südossetien an. Wobei Völkerrechtler in Frage stellen, ob die Fälle ähnlich gelagert sind: Anders als beim Kosovo und bei Abchasien sieht mancher bei Südossetien zu wenig Eigenständigkeit.
Russlands damaliger Präsident Putin warnte gleich im Februar – pikanterweise im Beisein von Georgiens Präsidenten: “Der Präzedenzfall der Unabhängigkeit des Kosovos ist schrecklich. Er bricht grundlegend das System der internationalen Beziehungen, das nicht nur über ein Jahrzehnt, sondern schon über ein Jahrhundert hinweg geformt wurde. Und dieser Präzedenzfall könnte eine Kette unvorhersehbarer Folgen nach sich ziehen. Diejeningen, die das gemacht haben, berechnen schlecht die Folgen ihres Handelns. Am Ende werden sie den Bumerang voll selbst ins Gesicht bekommen.”
Den Bumerang bekommen nun die westlichen Staaten zu spüren. Und Russland macht bei Georgien nicht Halt: Präsident Dmitri Medwedjew warnte diese Woche auch seinen moldawischen Kollegen Wladimir Woronin, nicht die selben Fehler wie Georgien zu machen.
Moldawien kann im Konflikt mit seiner abtrünnigen selbst ausgerufenen Republik Transnistrien auf russischen Beistand hoffen – solange es Moskaus Spielregeln akzeptiert. Dazu rechnen die Politikforscher auch den Verzicht auf ein Gesuch um den NATO-Beitritt. Seit den neunziger Jahren hat Russland ähnlich wie in Georgiens Separatisten-Gebieten auch in Transnistrien Friedenssoldaten stationiert.
Angesichts der NATO-Ambitionen in seiner Umgebung, sei es Georgien oder auch die Ukraine, macht Russland zunehmend seine Machtansprüche und Einflusszonen geltend.
Beim Gipfeltreffen des westlichen Militärbündnisses mussten sich denn beide Beitritts-Aspiranten wegen des russischen Widerstandes hinhalten lassen. Die einstige Großmacht ist international auf dem Weg zu alter Stärke. Einen zweiten Kalten Krieg halten die Beobachter aber – trotz des verbalen wie militärischen Säbelrasselns aus Moskau – für unwahrscheinlich.
http://www.euronews.net/de/ 2008-08-26
Quod licet Bush non licet Medwedew
Moskau (RIA Novosti) - Kaum hat Russland die Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien anerkannt, da setzt im Westen ein wütendes Geschrei ein - Medwedew hat es gewagt!
Medwedew hat es gewagt, entgegen den Interessen der USA und deren Nato-Verbündeten zwei kleine Völker vor der von Bush so gelobten, mörderischen georgischen „Demokratie“ in Sicherheit zu bringen.
Russland hat es gewagt. Und das mit den gleichen Mitteln, wie der Westen das Kosovo von Serbien abgetrennt hat. Oder mit fast den gleichen Mitteln.
Der feine Unterschied besteht darin, dass Russland nicht wie die Nato in Jugoslawien ganz Georgien zuvor bombardiert, sondern nur die mordende georgische Armee aus den bei Nacht und Nebel besetzten Gebieten geworfen hat.
Und dann ist da noch ein Unterschied: Wenn der Westen von einem Sonderfall Kosovo spricht, dann hat er durchaus Recht. Es ist ja wohl ein Unterschied, ob man Albanern das serbische Kosovo überlässt oder den Südosseten das seit 700 Jahren von ihnen bewohnte südossetische Südossetien.
Kein Unterschied sind die in Jugoslawien und von Georgien in Südossetien eingesetzten Waffen: Sie kamen von der Nato, darunter auch Made in Germany.
Russland hatte lange Geduld mit der georgischen Führung gezeigt, die zunächst einseitig aus den Verhandlungen zur Konfliktlösung ausgestiegen war und dann ständig Zwischenfälle im Konfliktgebiet provozierte und versuchte, all ihre Provokationen Moskau in die Schuhe zu schieben. Aber muss man wirklich noch erklären, dass ein Völkermord entschieden zu weit geht? Da dürfte es doch fast nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, dass der georgische Überfall auch in hohem Maße in Südossetien lebende russische Staatsbürger betraf!
Die von Moskau angebotenen Gespräche über die Situation nach dem Eingreifen der russischen Truppen in Georgien hat der Westen ausgeschlagen. Mehr noch, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Verhandlungen der Konfliktparteien unter Ausschluss Russlands angeregt. Man wollte nicht mit Russland reden. Es wurden nur Ultimaten und Drohungen gegenüber Russland ausgesprochen. Und der völlige Abzug der russischen Truppen wurde gefordert - Handlungsfreiheit für Saakaschwili und das „demokratische“ Georgien.
Gespräche mit Russland - wozu auch! Die Wahrheit kennen ohnehin alle, aber offiziell will sie im Westen keiner wissen. Denn es geht ja gar nicht darum, wer im Recht und wer im Unrecht ist. Es geht ausschließlich um die Durchsetzung der eigenen geopolitischen Interessen. Und hierbei leistet Saakaschwili ausgezeichnete Arbeit!
Niemand im Westen zeigt Interesse für das Schicksal der Südosseten und auch nicht der Abchasen - es liegen georgische Pläne zur militärischen Besetzung auch dieser abtrünnigen Teilrepublik vor. Was blieb den beiden Gebieten anderes, als erneut Russland um Anerkennung ihrer Unabhängigkeit zu ersuchen? Denn während der Westen von Völkerrecht und Unantastbarkeit der Integrität redet (Begriffe, die spätestens seit der Bombardierung von Jugoslawien und der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo von ihm selbst entwertet wurden, auch Afghanistan und der Irak passen in diese Reihe), drohte den Abchasen und Südosseten die Vernichtung.
Russland hatte in dieser Situation nur zwei Möglichkeiten: die beiden Teilrepubliken Saakaschwili zum Fraß überlassen (und die Probleme mit dem Westen für dieses Mal! auf ein Minimum reduzieren) oder sie unter seinen endgültigen Schutz zu nehmen, indem es deren Unabhängigkeit anerkennt.
Russland hat den moralischen Weg gewählt, obwohl Medwedew und auch Putin klar gewesen sein musste, wie der Westen reagieren würde, denn quod licet Bush, non licet Medwedew.
George W. Bush hatte im September 2002 der Welt seine auch als „Bush-Doktrin“ bekannte "Nationale Sicherheitsstrategie" eröffnet. Darin wird eindeutig betont, die USA würden ihre Werte in alle Welt verbreiten und ihre Interessen durchsetzen und sich dabei notfalls auch mit Präventivkriegen vor Bedrohungen „schützen“. Und dann kam der Irak-Krieg... Mehrfach hat Bush auch später zu verstehen gegeben, dass die amerikanische Außenpolitik ausschließlich der Durchsetzung der eigenen nationalen Interessen diene. Daraus kann man schließen, dass die USA keine Partner brauchen, sondern nur Vasallen und Kofferträger.
Und Politiker, die sich profilieren wollen, indem sie Bush die Koffer tragen, gibt es derzeit mehr als genug. Wie selten einig geht der Westen nun gegen Russland an. Und auch die Präsidenten der drei Baltischen Republiken fehlen nicht in dieser Reihe. Sie tragen ihre Fehde mit Russland noch immer wegen der Stalinzeit aus und wittern nun wieder Morgenluft. Stalin selbst, mit richtigem Namen Dschugaschwili, stammte übrigens aus dem georgischen Gori...
Und der polnische Präsident Lech Kaczynski, dessen antirussische Politik selbst seinem eigenen Land zu viel wurde und der nach seinen Querelen innerhalb der EU so ziemlich in der politischen Versenkung verschwunden war, steht nun, gestärkt mit einem Vertrag über die Stationierung von 10 US-Raketen, wieder auf dem Plan.
Und eiligst reist der britische Außenminister Milliband, der seit Jahren mit Russland stänkert und dabei bisher noch keine Lorbeeren geerntet hat, zuerst in die Ukraine, um eine breite Front gegen Russland zu schaffen. Warum ausgerechnet in die Ukraine liegt auch auf der Hand: In Juschtschenko, der energisch bemüht ist, die russische Sprache aus der Ukraine und die russische Schwarzmeerflotte möglichst noch vor Ablauf der vertraglichen Stationierungszeit von der Krim zu verdrängen, findet man einen zuverlässigen Antirussland-Partner.
Die Reihe lässt sich fortsetzen...
Sollte sich der Westen, so beispielsweise die EU in ihrer Sondersitzung am Montag, nun entschließen, Russland endgültig an die Wand drängen und damit alle Partnerbeziehungen abschneiden zu wollen, dann wird Russland wohl seine eigene „Medwedew-Doktrin“ entwickeln müssen. Die würde der Westen sicher nicht in militärischer Form, sondern auf wirtschaftlichem Gebiet zu spüren bekommen. Verluste dabei würden aber alle tragen. Nur Russland etwas weniger, als wenn es sich überhaupt nicht verteidigen würde. Russland ist nun einmal kein „bovi“.
Autor: Hans-Georg Schnaack - http://www.weltexpress.info/index.php?artikel_id=98573&lan=de&rubrik=1 29.08.2008
Russland Medwedew kritisiert Westen wegen Haltung zu Georgien
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat den USA Waffenlieferungen an Georgien unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe vorgeworfen. Der Westen solle dies unterlassen und die russische Haltung im Kaukasus-Konflikt unterstützen, forderte Medwedew auf einer Präsidiumssitzung des russischen Staatsrates in Moskau: “Sie haben eine ganze Flotte mit humanitärer Hilfe geschickt. Es wäre interessant zu sehen, wie die USA reagieren würden, wenn wir mit unserer Kriegsmarine Hilfsgüter in die Länder der Karibik bringen würden, die vor kurzem von Wirbelstürmen heimgesucht wurden”, sagte Medwedew. In den vergangenen Tagen hatten mehrfach US-Kriegsschiffe georgische Häfen angelaufen. Das in die NATO strebende Georgien erhielt in den vergangenen Jahren in großem Umfang Militärhilfe aus dem Westen. Die Außenminister der EU berieten in Avignon über eine mögliche Entsendung ziviler Beobachter und Polizisten nach Georgien.
Quelle: http://www.euronews.net/ 2008-09-07