Draviden
Die Draviden sind ein ursprünglich nomadisches Volk, welches sich von Südindien über mehrere Jahrhunderte über das gesamte Indien verbreitete. Draviden sind hauptsächlich in Indien ansässig, aber auch in anderen Ländern wie Afghanistan, Nepal, Bangladesch und vor allem Pakistan sind sie zu finden, teils noch als Nomadenstämme.
Arier und Draviden
In seinem Werk „Comparative Grammar of the Dravidian or South Indian Family of Languages (1856)“ prägte Robert Caldwell die bereits vierzig Jahre zuvor von Francis Whyte Ellis entdeckte Verwandtschaft der Sprachen Südindiens. Eine über die bloße Sprachverwandtschaft hinausgehende Identität als „Draviden“ gegenüber den „Ariern“ Nordindiens wurde vor allem im frühen 20. Jahrhundert von der sogenannten Dravidischen Bewegung propagiert, die im südlichsten Bundesstaat Indiens Tamil Nadu sehr stark war.
Die Behauptung, die heutigen Inder seien Arier, beruht auf einer gänzlich falschen Annahme. Die überwiegende Mehrheit der Bewohner Indiens sind Draviden, die nach der Invasion der Indo-Arier deren Sprache („Sanskrit“) übernahmen. So sind die Veden und die kulturellen Errungenschaften Produkt der Indo-Arier, die aus der Richtung des iranischen Hochgebirges nach Indien übersiedelten. Wer sich die Geschichte der Draviden ansieht, wird merken, daß diese vor der indo-arischen Invasion nicht etwa Sanskrit sprachen, sondern Telugu, Tamil und Tulu. Somit können sie nicht indogermanischen Ursprunges sein. Indische Nationalisten behaupten, die dravidische Sprache habe mehr Einfluß auf das Sanskrit gehabt als umgekehrt, dies ist jedoch eine wissenschaftlich nicht haltbare Behauptung, da es dafür noch keine archäologischen und linguistischen Beweise gibt. Mit dieser Aussage widersprechen sie auch gleichzeitig ihrer Behauptung, sie seien Arier. Die Quellen, auf die sich die indischen Nationalisten stützen, sind natürlich die Veden und das Buch des Manu, jedoch wird gerne der historische Kontext ausgelassen.
Die Beschreibung des Ariers war sicherlich keine Zuschreibung über die primitiven Draviden, sondern eine Selbstbezeichnung der Indo-Arier, aus denen sich mit den Jahrhunderten die Arier herauskristallisierten. So war das Kastensystem (nicht das heutige Kastensystem, welches auf die sozialen Stände bezogen ist) ein Konzept, um das Erbmaterial und die damit verbundenen Machtansprüche der Indo-Arier zu schützen.
Wären nun nach Annahme indischer Nationalisten sie selbst die Arier, dann hätte das Kastensystem ja keinen Sinn gehabt. So sind die heute sich selbst bezeichnenden Inder keine Inder und somit folglich auch keine Nachfahren eines arischen Stammes, sondern Draviden, der eigentlichen autochthonen Bevölkerung Indiens, die eine fremde, indogermanische Sprache adaptiert haben und seit vielen Jahrhunderten in dem Glauben leben, sie seien Inder bzw. Arier. Dieses Bild wird selbstverständlich durch die Massenmedien aufrechterhalten, um die Arier als unwichtig und deren Errungenschaften und Aussehen als Mär abzutun.
Heute trifft man im Norden Indiens auf den einen oder anderen Inder mit überwiegend arischem Einschlag. Sie sind jedoch mit den Jahren zu einer Seltenheit geworden, da durch den Zusammensturz des indo-arischen Machtmonopols ein Machtvakuum entstand und sich ein sozioartiges Kastensystem durchsetzte. Demnach sind die höchsten in der Kaste nicht mehr die Indo-Arier oder Arier, sondern sogenannte „Brahmanen“ (Priester, Gelehrte).
Literatur
- Rainer Knußmann: Vergleichende Biologie des Menschen. Lehrbuch der Anthropologie und Humangenetik. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-437-20224-3, S. 352 ff.
- Robert Caldwell: A Comparative Grammar of the Dravidian or South Indian Family of Languages, Trübner, London 1875 (PDF-Datei)