Jungtürken

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Die Jungtürken (türk. Jöntürkler aus franz. Jeunes-Turcs [junge Türken]) waren eine türkischvölkische und linksfortschrittliche Bewegung im Osmanischen Reich, die seit 1876 illegal auf liberale Reformen und eine konstitutionelle Staatsform hinarbeitete. Ziel war die Stärkung des außenpolitisch geschwächten und innenpolitisch vom Zerfalle bedrohten Reiches durch systematische politische, militärische und wirtschaftliche Modernisierung. Die wichtigste jungtürkische Partei war die İttihat ve Terakki Cemiyeti („Komitee für Einheit und Fortschritt“).

Geschichte

Träger der Jungtürken-Bewegung waren modernistische Teile der gebildeten Eliten. Die Bewegung entstand im Jahre 1889 mit der Gründung der Geheimorganisation İttihâd-ı Osmanî Cemiyeti („Verein für die Einheit der Osmanen“) an der Militärischen Medizinschule in Konstantinopel durch die Studenten İbrahim Temo, İshak Sükûti, Abdullah Cevdet.[1] Die Jungtürken verfolgten die Linie früherer Reformbewegungen im osmanischen Reiche (siehe Tanzimat) und insbesondere die der Jungosmanen, einer Bewegung der Vorgängergeneration der Jungtürken. Es gab allerdings einen wesentlichen Unterschied zwischen Jungosmanen und Jungtürken: Während die Jungosmanen auch erfahrene Politiker vorweisen konnten, die bei einer Machtübernahme das Land hätten regieren können, befand sich unter den Jungtürken keine einzige in der Staatsführung erfahrene Person.[2] Das war neben der Absicht, außer der Einführung der Verfassung keine revolutionäre Änderung am osmanischen Staate durchführen zu wollen, der Grund, warum die Jungtürken bei ihrer ersten Machtübernahme 1908 selbst nicht regieren wollten. Sie überließen die Staatsführung der Regierung und sahen sich selbst als mächtiges Komitee an, das lediglich auf Einhaltung der Verfassung pocht.[3]

Eine gemäßigte Richtung der Jungtürken besaß Verbindungen zu Hofe und wurde vom Prinzen Sabahaddin, einem Verwandten des kaiserlich-osmanischen Hauses, angeführt. Wichtiger aber waren durch moderne Bildung in die Funktionseliten des Staates (Beamte, Lehrer, Kriegstrechteine) aufgestiegene „kleine Leute“, die nach dem jungtürkischen Umsturz von 1908 sehr bald den Ton angeben sollten. Es entwickelte sich – vor allem nach der zweiten Machtübernahme der Jungtürken 1913 – ein Bündnis zwischen radikalen Intellektuellen (Ziya Gökalp, Nazim) mit zivilen Bürokraten (Talat Pascha) und den letztlich entscheidenden Kriegstrechteinen (Enver Pascha, Cemal Pascha).

Über vorübergehend in Konstantinopel lebende deutsche Intellektuelle wie Alexander Parvus (1910 bis 1914 in der Stadt) und Friedrich Schrader (genannt „Ischtiraki“ [dt. für Sozialist], von 1891 bis 1918) gab es schon sehr früh Kontakte zur reichsdeutschen SPD. Die Nachfolgepartei der Jungtürken, die CHP, ist heute Vollmitglied der Sozialistischen Internationale.

Nachlaß

Die Anfang der 1920er von Mustafa Kemal Atatürk gegründete Cümhûriyet Halk Fırkası („Republikanisches Volksgeteile“) läßt sich auf die jungtürkische Strömung des osmanischen Kaiserreiches zurückführen. Die heute unter dem Namen Cumhuriyet Halk Partisi („Republikanische Volkspartei“) bekannte CHP war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die einzige in der Republik Türkei zugelassene Partei. In dieser Zeit der Einparteienherrschaft konnte Atatürk die neu entstandene Republik nach seinen - jungtürkisch geprägten - Vorstellungen errichten.

In der heutigen Mehrparteiendemokratie bildet sie derzeit die zweitstärkste Partei, nach der islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), die Schritt für Schritt die Errungenschaften Atatürks, vor allem die Zurückdrängung des Islam, wieder rückgängig machen will. Die Wählerschaft der CHP setzt sich auch im 21. Jahrhundert ähnlich wie die der Anhänger der Jungtürken zusammen: Westlich orientierte und islamkritische, türkischnationale Bildungsbürger, Kriegstrechteine, allgemein Militärangehörige, mit Hochburgen im Westen der Türkei.

Siehe auch

Fußnoten

  1. Klaus Kreiser, Christoph K. Neumann Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2009, S. 351
  2. Feroz Ahmad İttihat ve Terakki 1908-1914, S. 42f.
  3. Feroz Ahmad İttihat ve Terakki 1908-1914, S. 41, S. 43