Kinderhymne
Die Kinderhymne (Anmut sparet nicht noch Mühe) ist ein Gedicht Bertolt Brechts, das dieser 1950 dichtete[1] und das im Herbst desselben Jahres von Hanns Eisler vertont wurde[2]. Sie war eines von sechs Liedern aus einem Kinderliedzyklus, der Brecht und Eisler nach längerer Pause wieder zusammenfinden ließ, und wurde erstmals im Heft 6/1950 der Zeitschrift Sinn und Form veröffentlicht.
Der Anlass zur Brechtschen Dichtung, die zunächst den Titel Hymne/Festlied trug, war die Einführung des Liedes der Deutschen als Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland am 15. April 1950. Brecht schrieb seine Hymne bewusst als Gegenstück zur bundesdeutschen Nationalhymne, die für ihn durch den Nationalsozialismus korrumpiert war. Das belegen die Anspielungen auf das Deutschlandlied, beispielsweise anstelle von Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt nun Von der See bis zu den Alpen, von der Oder bis zum Rhein. Brecht propagandierte damit bereits 5 Jahre nach Kriegsende die Anerkennung der polnisch-sowjetischen Massenvertreibungen in Ostdeutschland und die offizielle Gutheißung der völkerrechtswidrigen Oder-Neiße-Grenze. Das Versmaß der Kinderhymne entspricht dem des Deutschlandliedes und nahezu dem der Nationalhymne der DDR. Alle drei Texte können daher auch auf die Melodien der jeweils anderen gesungen werden.
In der Zeit der sogenannten Wiedervereinigung 1990 setzten sich einige Bürgerinitiativen und verschiedene Medien für die Kinderhymne als neue deutsche Nationalhymne ein, konnten sich jedoch damit nicht durchsetzen, da die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur Hymne wurde. Auch der bekennende Kommunist Peter Sodann sprach sich 2008, kurz nachdem er für das Amt des Bundespräsidenten von der Linkspartei benannt wurde, für die Kinderhymne als deutsche Nationalhymne aus.
Text
- Anmut sparet nicht noch Mühe
- Leidenschaft nicht noch Verstand
- Daß ein gutes Deutschland blühe
- Wie ein andres gutes Land.
- Daß die Völker nicht erbleichen
- Wie vor einer Räuberin
- Sondern ihre Hände reichen
- Uns wie andern Völkern hin.
- Und nicht über und nicht unter
- Ander'n Völkern wolln wir sein
- Von der See bis zu den Alpen
- Von der Oder bis zum Rhein.
- Und weil wir dies Land verbessern
- Lieben und beschirmen wir's.
- Und das liebste mag's uns scheinen
- So wie ander'n Völkern ihrs.