Gerhardt, Paul
Paul Gerhardt (* 12. März 1607 in Gräfenhainichen im Kurfürstentum Sachsen; † 27. Mai 1676 in Lübben im Spreewald) war ein evangelisch-lutherischer Theologe und gilt neben Martin Luther als bedeutendster deutschsprachiger Kirchenlieddichter.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Er war der hervorragendste geistliche Liederdichter des 17. Jahrhunderts. Im Jahre 1651 wurde er Propst zu Mittenwalde in der Mark und 1657 Diakonus an der Nikolaikirche in Berlin. Als strenger Lutheraner wandte er sich zu Recht gegen die vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm angestrebte Union zwischen Lutheranern und Reformierten. Als er sich weigerte, dem Edikt vom 16. September 1664, welches beiden Parteien die gegenseitigen Verunglimpfungen von der Kanzel herab verbot, Folge zu leisten, wurde er 1666 aus dem Land gewiesen. Der Herzog Christian von Sachsen-Merseburg ernannte ihn 1669 zum Archidiakonus in Lübben, wo er als Pastor 6. Juni 1676 starb.
Von seinen 120 geistlichen Liedern (darunter: „Befiehl du deine Wege“, „Nun ruhen alle Wälder“, „O Haupt voll Blut und Wunden“ und weitere, die in alle protestantischen Gesangbücher übergegangen sind, erschien die erste Ausgabe unter dem Titel: "Haus- und Kirchenlieder". Paul Gerhardts Lieder gehören zu den schönsten Blüten der protestantischen Kirchenpoesie und zu den besten deutschen Dichtungen des 17. Jahrhunderts überhaupt. Seine warme Empfindung, sein gläubiger Schwung und die lebendige Fülle seines Ausdrucks erhoben sich wohltuend über die schwülstige Gelehrtenpoesie seiner Zeit.
Wirken
Zu seinem Wirken heißt es:
- Als der dreißigjährige Krieg in Leid und Dumpfheit zu Ende ging, klang durch die Öde in schlichten Liedern ein Ton, der den Verzweifelten wie eine Tröstung war. Ein sächsischer Pfarrer, Paul Gerhardt, hatte im letzten Jahre des Krieges seinen ersten Liederband drucken lassen. Und mitten in den Klagen über die Not der Zeit bekannte sich hier mit leisen, doch tiefen Worten ein neuer Glaube an die bessere Zukunft: „Schließ zu die Jammerpforten und laß an allen Orten auf so viel Blutvergießen die Friedensströme fließen.“ Als die Gemeinde die Lieder singen lernte, erwies sich bald, daß sie aus dem zersplitterten Volk eine neue Einheit des Fühlens und Glaubens zusammenschweißen vermochten. All die Sehnsucht, die nirgendwo einen Ort der Besinnung fand, flüchtet sich zu dem Trost dieser frommen Gesänge und wußte sich bald in einer neuen Gemeinschaft geborgen. Der Kirche hatte Paul Gerhardt dienen wollen; doch größeren Segen brachte sein Werk dem ganzen Volk, das hier die ersten bescheidenen Worte fand, um die es sich wieder sammeln konnte.[1]
Kurze Einführung in Leben und Schaffen aus dem Buch „Deutsche Geisteshelden - Aus dem Leben deutscher Dichter“:[2]
Andenken an Paul Gerhardt
- Paul-Gerhardt-Gesellschaft in Berlin
- Paul-Gerhardt-Verein in Lübben; der Verein bereitete den 400. Geburtstag Paul Gerhardts am 12. März 2007 vor
- Paul-Gerhardt-Preis der Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) zum 400. Geburtstag des Dichters im Jahre 2007
- Paul-Gerhardt-Kirchen sowie Paul-Gerhardt-Schulen in vielen deutschen Orten
- Auf, auf, mein Herz, mit Freuden nimm wahr, was heut geschicht, Osterlied (EG 112/F&L 256)
- Befiehl du deine Wege, basiert auf Psalm 37 „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen“; jeder Vers beginnt mit einem dieser Worte (Akrostichon). Von Johann Sebastian Bach in der Matthäus-Passion verwendet (EG 361/RG 680/NG 146/F&L 428).
- Die güldne Sonne (EG 449/RG 571/F&L 457)
- Du bist ein Mensch, du weißt das wohl (RG 677)
- Du meine Seele singe (EG 302/RG 98/NG 257/F&L 48)
- Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld, Passionslied (EG 83)
- Fröhlich soll mein Herze springen, Weihnachtslied (EG 36/RG 400/AK 349/F&L 206)
- Geh aus mein Herz und suche Freud, Sommerlied (EG 503/RG 537/AK 658/F&L 493)
- Gib dich zufrieden und sei stille (EG 371/EG 683/NG 149)
- Herr, der du vormals hast dein Land (EG 283)
- Ich bin ein Gast auf Erden (EG 529/RG 753)
- Ich singe dir mit Herz und Mund (EG 324/RG 723/NG 258/F&L 52)
- Ich steh an deiner Krippen hier (EG 37/RG 402/GL 141/NG 17/AK 329/F&L 208), von Johann Sebastian Bach vertont.
- In einer Jungfrau zart (EG 312)
- Ich weiß, mein Gott, daß all mein Tun (EG 497)
- Ist Gott für mich, so trete (EG 351/RG 656/NG 150/F&L 316)
- Kommt und laßt uns Christum ehren (EG 39/RG 403/NG 19/AK 331/F&L 210)
- Lobet den Herren alle, die ihn ehren (EG 447/RG 570/GL 671/NG 151/AK 687/F&L 460)
- Nun danket all und bringet Ehr (EG 322/RG 235/GL 267/AK 581/F&L 53)
- Nun freut euch hier und überall Osterlied (RG 476/AK 420)
- Nun laßt uns gehn und treten, Lied zur Jahreswende (EG 58/RG 548/NG 29/AK 709/F&L 230)
- Nun ruhen alle Wälder, Abendlied (EG 477/RG 594/NG 323/F&L 474)- Der Hymnologe Günter Balders wies nach, dass dieses Abendlied persönliche Grüße an eine Berliner Familie enthält. In der Schlussstrophe finden sich die Monogramme der Familienmitglieder und das Signet des Studenten der Heiligen Schrift Paul Gerhardt.[3]
- O Haupt voll Blut und Wunden, Übersetzung des lateinischen „Salve caput cruentatum“ von Arnulf von Löwen (traditionell Bernhard von Clairvaux zugeschrieben), von Johann Sebastian Bach in der Matthäus-Passion verwendet (EG 85/RG 445/GL 179/NG 43/AK 372/F&L 241)
- O Herz des Königs aller Welt (AK 471)
- O Jesu Christ, mein schönstes Licht (RG 654)
- O Welt, sieh hier dein Leben, Passionslied (EG 84/RG 441/F&L 246)
- Sollt ich meinem Gott nicht singen (EG 325/RG 724 und 725/NG 259/F&L 54)
- Wach auf, mein Herz, und singe (EG 446/RG 568/F&L 461)
- Warum sollt ich mich denn grämen? (EG 370/RG 678/NG 152/F&L 387)
- Wer wohlauf ist und gesund (EG-Württemberg 674)
- Wie soll ich dich empfangen Adventslied, von Johann Sebastian Bach im Weihnachtsoratorium aufgenommen. (EG 11/RG 367/NG 3/AK 307/F&L 182)
- Wir singen dir, Immanuel
- Zeuch ein zu deinen Toren, Pfingstlied (EG 133/RG 508/F&L 280)
Verweise
- Biographie und Gedichte auf zeno.org (Keine direkte Einbindung, da von dort aus auf die linksextreme Wikipedia verwiesen wird)
Literatur
- Auswahl aus Paul Gerhardt's Liedern nebst einigen Nachrichten von seinem Leben, Bremen 1817 (PDF-Datei)
- Hermann Petrich: Paul Gerhardt, seine Lieder und seine Zeit, ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Dichtung und der christlichen Kirche (1907); PDF-Datei
- Ernst Kochs: Paul Gerhardt; sein Leben und seine Lieder. Eine Jubiläumsgabe. Preisgekrönte Festschrift der Allgemeinen Evangelisch-Lutherischen Konferenz (1907); PDF-Datei
- Paul Gerhardts sämtliche Lieder. Jubiläums-Volksausgabe (1906); PDF-Datei
- Paul Gerhardt: Gedichte (1877); PDF-Datei
- Paul Gerhardt: Lieder (1922); PDF-Datei
- Paul Gerhardts Geistliche Lieder: Nach der bei seinen Lebzeiten erschienenen Ausgabe wieder abgedruckt (1890); PDF-Datei
- Paulus Gerhardts Geistliche Lieder getreu nach der bei seinen Lebzeiten erschienenen Ausgabe (1861); PDF-Datei