Quelle / Rede vom 21. Mai 1935 (Adolf Hitler)
Rede Adolf Hitlers zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht am 21. Mai 1935 vor dem Reichstag
Abgeordnete!
Männer des Deutschen Reichstags!
Reichstagspräsident Parteigenosse Göring hat auf Wunsch der Reichsregierung den Reichstag zu dieser Sitzung einberufen, um Ihnen als Vertreter der deutschen Nation jene Aufklärungen geben zu können, die ich für nötig erachte zum Verständnis der Haltung und der Entschlüsse der deutschen Regierung zu den uns alle bewegenden großen Fragen der Zeit.
In dieser Absicht spreche ich zu Ihnen und damit zum ganzen deutschen Volke. Ich spreche darüber hinaus aber auch zu all denen in der übrigen Welt, die sich, sei es aus Pflicht oder Interesse, ebenfalls bemühen, einen Einblick zu gewinnen in unsere Gedanken gegenüber diesen auch sie bewegenden Fragen. Ich halte es für glücklich, eine solche Aufklärung an dieser Stelle zu geben, weil dadurch am ehesten der Gefahr vorgebeugt wird, die in der erfahrungsgemäß meist verschiedenen Interpretierung von Gesprächen liegt, die zu zweit oder in kleinerem Kreise stattfinden und dann natürlich nur bruchstückweise der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden können.
Ich halte diese Art der Abgabe einer solchen Erklärung aber deshalb für besonders nützlich, weil sie mir nicht nur das Recht gibt, sondern geradezu die Pflicht auferlegt, vollkommen offen zu sein und über die verschiedenen Probleme mit allem Freimut zu reden. Die deutsche Nation hat ein Recht, dies von mir zu fordern, und ich bin entschlossen, dem zu gehorchen. Ich höre häufig aus angelsächsischen Ländern das Bedauern aussprechen, daß Deutschland sich gerade von jenen Grundsätzen demokratischer Staatsauffassung entfernt hätte, die diesen Ländern besonders heilig seien. Dieser Meinung liegt ein schwerer Irrtum zugrunde. Auch Deutschland hat eine „demokratische“ Verfassung. Die heutige deutsche Regierung des nationalsozialistischen Staates ist ebenfalls vom Volke gerufen und fühlt sich ebenso dem Volke verantwortlich. Es spielt keine Rolle, wie groß die Stimmzahl in den einzelnen Ländern ist, die auf einen Vertreter entfallen muß. Es gibt Länder, die 20.000 Stimmen für einen Abgeordneten als erforderlich ansehen, in anderen wieder genügen schon 10.000 oder 5.000, und wieder in anderen sind es 60.000 oder mehr.
Das deutsche Volk hat mit 38 Millionen Stimmen einen einzigen Abgeordneten als seinen Vertreter gewählt. Dies ist vielleicht einer der wesentlichsten Unterschiede gegenüber den Verhältnissen in den anderen Ländern. Es bedeutet aber, daß ich mich genau so dem deutschen Volke gegenüber verantwortlich fühle wie irgendein Parlament. Ich handele dank seinem Vertrauen und in seinem Auftrag.
Das deutsche Volk hat daher ein Recht, von einer Erklärung wie der heutigen zu erwarten, daß sie ungeschminkt und offen die Fragen erörtert, die nicht nur die andere Welt, sondern die mindest ebenso stark auch das deutsche Volk bewegen. Und ich bin glücklich darüber. Denn:
Ich muß als Führer und Kanzler der Nation und als Chef der Reichsregierung leider manches Mal Entschlüsse treffen, die schon als solche schwer genug sind, deren Gewicht sich aber noch erhöht durch die Tatsache, daß es mir nicht gegeben ist, meine Verantwortung zu teilen oder gar auf andere abladen zu können. So habe ich wenigstens den einen Wunsch, der Nation selbst Einblick zu geben in die mich bewegenden Gedanken, um ihr so das Verständnis zu erleichtern für jene Entschlüsse und Maßnahmen, die diesen Gedanken entspringen. Je schwerer aber diese Entschlüsse sind, um so mehr möchte ich als Deutscher mein Handeln unabhängig machen von allen Instinkten der Schwäche oder der Furcht und es in Übereinstimmung bringen mit meinem Gewissen gegenüber meinem Gott und dem Volke, dem er mich dienen läßt.
Als der verewigte Herr Reichspräsident mich am 30. Januar vor zwei Jahren zur Bildung der neuen Regierung und zur Führung der Reichsgeschäfte berief, zweifelten Millionen unseres Volkes – und unter ihnen auch manche Patrioten – an dem Gelingen der mir gestellten Aufgabe. Schadenfreude und Sorge erfüllten nebeneinander das damals noch so zerrissene deutsche Volk. Denn unsere Lage schien nur dem inneren Feinde hoffnungsvoll zu sein, die wahren Freunde empfanden sie aber als unsagbar traurig. Auf zahlreichen Gebieten war das nationale Leben auf das schwerste bedroht. Wenn auch für viele – begreiflicherweise – die wirtschaftliche Katastrophe alles andere überragte, so war es doch für den tiefer Blickenden klar, daß sie nur eine Folgeerscheinung darstellte. Die wirtschaftlich notwendige Auswirkung einer Anzahl innerer Ursachen, die teils gesellschaftlicher, teils organisatorischpolitischer, über allem aber auch moralischer Natur waren. Es gehörte ein sehr großer Mut dazu, angesichts der erdrückenden Fülle der Aufgaben, der scheinbaren Trostlosigkeit der Situation, sowie der gegebenen Beschränkung aller Mittel nicht zu verzagen, sondern die Arbeit für die Wiedererhebung der Nation aus ihrem Leid und Verfall sofort in Angriff zu nehmen.
Wirtschaftlich befanden wir uns folgender Lage gegenüber:
Nach einem vierjährigen Krieg, der an sich der gesamten nationalen Volkswirtschaft schon furchtbare Schäden zugefügt hatte, zwangen die siegreichen Gegner das deutsche Volk unter ein Friedensdiktat, das, bar jeder politischen und wirtschaftlichen Vernunft, das am Ende des Krieges sich ergebende Verhältnis der Kräfte zur rechtlichen Grundlage des Lebens der Völker für immer machen will. Ohne jede Prüfung der wirtschaftlichen Lebensbedingungen und Gesetze, ja in direktem Gegensatz zu ihnen, werden einerseits die ökonomischen Möglichkeiten gedrosselt, andererseits aber außerhalb jeder Wirklichkeit liegende Leistungsansprüche gestellt. Unter der Generalbezeichnung „Wiedergutmachung“ erfolgt die Zerstörung der deutschen Wirtschaft. Aus dieser unverständlichen Außerachtlassung der primitivsten wirtschaftlichen Einsicht ergab sich folgende Situation:
- 1. Die Nation hat einen Überfluß an Arbeitskraft.
- 2. Sie besitzt ein großes Bedürfnis zum Ersatz der ihrem gewohnten hohen Lebensstandard entsprechenden, durch den Krieg, die Inflation und die Wiedergutmachung aber entzogenen Lebensgüter.
- 3. Sie leidet an einem im eigenen Lebensraum begründeten Mangel von Nahrungsmitteln und Rohstoffen.
- 4. Der zur Behebung von all dem notwendige internationale Absatzmarkt ist zu klein und wird außerdem praktisch durch zahlreiche Maßnahmen und eine gewisse zwangsläufige Entwicklung immer weiter eingeengt.
Es stellt ein schlechtes Zeugnis für das wirtschaftliche Verständnis unserer damaligen politischen Gegner aus, daß sie die Unmöglichkeit der weiteren Erfüllung unbegrenzter, ja manchmal geradezu unverständlicher Forderungen erst dann einzusehen begannen, als durch dieses ihr Verhalten nicht nur die deutsche Nationalwirtschaft restlos zugrunde gerichtet war, sondern auch die Wirtschaft der anderen Länder dem nachzufolgen begann. Das Ergebnis dieses Wahnsinns aber war in Deutschland eine stillgelegte Industrie, eine vernichtete Landwirtschaft, ein ruinierter Mittelstand, ein verödeter Handel, eine überschuldete Gesamtwirtschaft, durch und durch zerrüttete öffentliche Finanzen, sechseinhalb Millionen registrierte, in Wirklichkeit aber mehr als siebeneinhalb Millionen tatsächliche Erwerbslose!
Wollte man allein dieser wirtschaftlichen Katastrophe entgegentreten, dann waren schon hierzu sehr harte Entschlüsse notwendig. Die deutsche Nation konnte einst auf einem begrenzten Lebensraum ihren Menschenreichtum anhäufen, dank der ausreichenden Lebensbedingungen, die sich aus ihrer Teilnahme an der internationalen Weltwirtschaft ergaben. Solange diese Voraussetzung bestand, waren die 67 Millionen Menschen auf dem engen deutschen Lebensraum nicht nur in ihren inneren eigenen Lebensansprüchen gesichert, sondern auch ein nützlicher Wirtschaftsfaktor für die andere Welt. Der Verlauf des Krieges und besonders die Folgen der Nachkriegspolitik werden dereinst als eine klassische, wenn auch furchtbare Widerlegung gelten können jener naiven Meinung – die aber leider vor dem Kriege das Denken mancher Staatsmänner beherrschte – daß der wirtschaftliche Vorteil eines europäischen Staates am besten gefördert würde durch die wirtschaftliche Vernichtung eines anderen.
Die wirtschaftliche Friedensbelastung der deutschen Nation auf der einen Seite sowie ihre welt- und binnenwirtschaftliche Benachteiligung auf der anderen zwingen aber jede Staatsführung, sie mag nun wollen oder nicht, den gegebenen Verhältnissen Rechnung zu tragen.
Wir alle sind der Überzeugung, daß die restlose Durchführung des Gedankens der wirtschaftlichen Autarkie aller Staaten, wie sie sich heute anzubahnen droht, von einer höheren Warte aus gesehen unklug und in ihrem Ergebnis für alle Völker nur schädlich sein kann.
Es ist wirtschaftlich gesehen wenig vernünftig, aus natürlich gegebenen Agrar- und Rohstoffgebieten künstlich Industrieländer zu machen und umgekehrt die menschenüberfüllten Industriestaaten zu einer primitiven Rohstoff- oder gar Rohstoff-Ersatzerzeugung zu zwingen. Für Europa wird diese Entwicklung dereinst von sehr unerfreulichen und bösen Folgen sein. Allein eine Änderung dieser von einem höheren wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus unvernünftigen Tendenz liegt leider nicht im Vermögen Deutschlands. In eben dem Maße, in dem der fehlende internationale Absatz uns zur Einschränkung im Einkauf verpflichtet, wird – um die deutsche Arbeitskraft nicht brachliegen zu lassen – versucht werden mÜssen, die fehlenden Rohstoffe entweder durch komplizierte Verfahren selbst zu gewinnen, oder, wenn dies nicht möglich ist, sie zu ersetzen. Diese Aufgabe kann aber nur durch eine planmäßig geleitete Wirtschaft gelöst werden. Ein gefährliches Unternehmen, weil jeder Planwirtschaft nur zu leicht die Verbürokratisierung und damit die Erstickung der ewig schöpferischen privaten Einzelinitiative folgt. Wir können aber im Interesse unseres Volkes nicht wünschen, daß durch eine sich dem Kommunismus nähernde Wirtschaft urid der dadurch bedingten Einschläferung der Produktions-Energie die mögliche Gesamtleistung unserer vorhandenen Arbeitskraft vermindert und somit der allgemeine Lebensstandard statt eine Verbesserung erst recht eine Verschlechterung erfährt. Diese Gefahr wird noch erhöht durch die Tatsache, daß jede Planwirtschaft mir zu leicht die harten Gesetze der wirtschaftlichen Auslese der tesseren und der Vernichtung der Schwächeren aufhebt oder zumindest einschränkt zugunsten einer Garantierung der Erhaltung auch des minderwertigsten Durchschnitts auf Kosten der höheren Fähigkeit, des höheren Fleißes und Wertes und damit zu Lasten des allgemeinen Nutzens.
Wenn wir also trotz solcher Erkenntnisse diesen Weg beschritten haben, dann geschah es unter dem härtesten Zwang der Notwendigkeit. Was in den zweieinhalb Jahren auf den Gebieten einer planmäßigen Arbeitsbeschaffung, einer planmäßigen Marktregulierung, einer planmäßigen Preis- und Lohngestaltung erreicht wurde, hat man noch wenige Jahre vorher für gänzlich unmöglich gehalten.
Allein es gelang nur dadurch, daß wir hinter diese scheinbar so trockenen wirtschaftlichen Maßnahmen die lebendige Energie der ganzen Nation stellten.
Eine Unzahl sachlicher und psychologischer Voraussetzungen mußte zu dem Zwecke aber erst geschaffen werden. Um das Funktionieren der nationalen Wirtschaft sicherzustellen, war es notwendig, zunächst eine unbedingte Ruhe in die ewige Bewegung der Lohn- und Preisbildung zu bringen. Es war weiter erforderlich, allen nicht aus einem höheren nationalwirtschaftlichen Interesse kommenden Eingriffen die treibenden Voraussetzungen zu entziehen, d. h. die von der Lohn- und Preispolitik lebenden Klassenorganisationen beider Lager aufzuheben. Die Zerschlagung der Kampfgewerkschaften sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer erforderte die analoge Beseitigung der von diesen Interessentengruppen ausgehaltenen und sie dafür stützenden politischen Parteien. Dies wieder zwang zur Einführung einer neuen konstruktiven und lebendigen Verfassung und zu einem neuen inneren Reichs- und Staatsaufbau! Sollte das alles aber mehr sein als rein äußerliche Organisationsänderungen, dann mußte das Volk selbst zu einem neuen gesellschaftlichen Denken und Leben erzogen werden. Lauter Aufgaben, von denen jede für sich ein Jahrhundert zu erfüllen vermag, und über die schon Völker und Staaten zerbrochen sind. Wenn man aber ein solches Programm, das entweder im großen gelingt oder sonst von vornherein in allen Einzelheiten mißlingen muß, zur Verwirklichung bringen will, dann hängt das Gelingen von zwei Voraussetzungen ab, vom Ausmaß der vorhandenen Ruhe und von der Dauer der zur Verfügung stehenden Zeit.
Wir Deutsche können nur beklagen, daß die übrige Welt sich noch immer so wenig Mühe nimmt, eine objektive Prüfung dessen, was in Deutschland in den letzten zweieinhalb Jahren geschehen ist, vorzunehmen, und daß sie nicht das Wesen einer Weltanschauung studiert, der diese Leistungen ausschließlich zuzuschreiben sind. Denn die Zielsetzung sowohl als die Durchführung der Aufgaben, die dem heutigen Deutschland seinen eigenartigen Stempel aufprägen, sind ausschließlich aus dem nationalsozialistischen Gedankengut gekommen, sind der nationalsozialistischen Partei, ihrer Organisation und der ihr eigenen und entströmenden Tatkraft zuzuschreiben. In Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahren eine Revolution vollzogen, die größer ist, als dies dem Durchschnitt der Menschheit zur Zeit zum Bewußtsein kommt. Der Umfang und die Tiefe dieser Revolution haben nicht gelitten durch die Schonung, mit der sie ihre einstigen Gegner behandelte. Denn diese Schonung entsprang durchaus nicht einem Gefühl der Schwäche, als vielmehr der Überzeugung einer turmhohen Überlegenheit sowie einer selbstsicheren, durch nichts zu erschütternden Siegeszuversicht.
Dieses neue Deutschland kann daher nicht in Vergleich gebracht werden mit dem Deutschland der Vergangenheit. Seine Ideen sind ebenso neu wie seine Handlungen.
Der Geist des bürgerlichen Hurrapatriotismus ist als politisch bestimmender Faktor genau so überwunden wie die Tendenzen des marxistischen Internationalismus.
Wenn das heutige Deutschland für den Frieden eintritt, dann tritt es für ihn ein weder aus Schwäche noch aus Feigheit. Es tritt für den Frieden ein aus einer anderen Vorstellung, die der Nationalsozialismus von Volk und Staat besitzt. Denn dieser sieht in der machtmäßig erzwungenen Einschmelzung eines Volkes in ein anderes wesensfremdes nicht nur kein erstrebenswertes politisches Ziel, sondern als Ergebnis eine Gefährdung der inneren Einheit und damit der Stärke eines Volkes auf lange Zeit gerechnet. Seine Lehre lehnt daher den Gedanken einer nationalen Assimilation dogmatisch ab. Damit ist auch der bürgerliche Glaube einer möglichen „Germanisation“ widerlegt. Es ist daher weder unser Wunsch noch unsere Absicht, fremden Volksteilen das Volkstum, die Sprache oder die Kultur wegzunehmen, um ihnen dafür eine fremde, deutsche aufzuzwingen. Wir geben keine Anweisung für die Verdeutschung nichtdeutscher Namen aus, im Gegenteil – wir wünschen dies nicht. Unsere volkliche Lehre sieht daher in jedem Krieg zur Unterjochung und Beherrschung eines fremden Volkes einen Vorgang, der früher oder später den Sieger innerlich verändert und schwächt und damit in der Folge zum Besiegten macht.
Wir glauben aber auch gar nicht daran, daß in Europa die durch und durch national erhärteten Völker im Zeitalter des Nationalitätenprinzips überhaupt noch national enteignet werden könnten!
Die letzten 150 Jahre bieten hier belehrende und warnende Beispiele mehr als genug. Die europäischen Nationalstaaten werden bei keinem kommenden Krieg – abgesehen von vorübergehenden Schwächungen ihrer Gegner – mehr erreichen können als geringfügige und im Verhältnis zu den dargebrachten Opfern gar nicht ins Gewicht fallende volkliche Grenzkorrekturen.
Der permanente Kriegszustand, der aber durch solche Absichten zwischen den einzelnen Völkern aufgerichtet wird, mag verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Interessenten vielleicht als nützlich erscheinen, für die Völker bringt er nur Lasten und Unglück. Das Blut, das auf dem europäischen Kontinent seit 300 Jahren vergossen wurde, steht außer jedem Verhältnis zu dem volklichen Resultat der Ereignisse. Frankreich ist am Ende Frankreich geblieben, Deutschland Deutschland, Polen Polen, Italien Italien. Was dynastischer Egoismus, politische Leidenschaft und patriotische Verblendung an scheinbaren tiefgreifenden staatspolitischen Veränderungen unter Strömen von Blut erreicht haben, hat in nationaler Beziehung stets nur die Oberfläche der Völker geritzt, ihre grundsätzliche Markierung aber wesentlich kaum mehr verschoben. Hätten diese Staaten nur einen Bruchteil ihrer Opfer für klügere Zwecke angesetzt, so wäre der Erfolg sicher größer und dauerhafter gewesen.
Wenn ich als Nationalsozialist in allem Freimut diese Auffassung vertrete, dann bewegt mich dabei noch folgende Erkenntnis: Jeder Krieg verzehrt zunächst die Auslese der Besten. Da es in Europa aber einen leeren Raum nicht mehr gibt, wird jeder Sieg – ohne an der grundsätzlichen europäischen Not etwas zu ändern – höchstens eine ziffernmäßige Vermehrung der Einwohner eines Staates mit sich bringen können. Wenn aber den Völkern daran soviel liegt, dann können sie dies, statt mit Tränen, auf eine einfachere und vor allem natürlichere Weise erreichen.
Eine gesunde Sozialpolitik kann bei einer Steigerung der Geburtenfreudigkeit einer Nation in wenigen Jahren mehr Kinder des eigenen Volkes schenken, als durch einen Krieg an fremden Menschen erobert und damit unterworfen werden könnten.
Nein! Das nationalsozialistische Deutschland will den Frieden aus tiefinnersten weltanschaulichen Überzeugungen. Es will ihn weiter aus der einfachen primitiven Erkenntnis, daß kein Krieg geeignet sein würde, das Wesen unserer allgemeinen europäischen Not zu beheben, wohl aber diese zu vermehren. Das heutige Deutschland lebt in einer gewaltigen Arbeit der Wiedergutmachung seiner inneren Schäden. Keines unserer Projekte sachlicher Natur wird vor 10 bis 20 Jahren vollendet sein. Keine der gestellten Aufgaben ideeller Art kann vor 50 oder vielleicht auch 100 Jahren ihre Erfüllung finden. Ich habe einst die nationalsozialistische Revolution durch die Schaffung der Bewegung begonnen und seitdem die Aktion geführt. Ich weiß, wir alle werden nur den allerersten Beginn dieser großen umwälzenden Entwicklung erleben. Was könnte ich anders wünschen als Ruhe und Frieden? Wenn man aber sagt, daß dies nur der Wunsch der Führung sei, so kann ich darauf folgende Antwort geben: Wenn nur die Führer und Regierenden den Frieden wollen, die Völker selbst haben sich noch nie den Krieg gewünscht!
Deutschland braucht den Frieden, und es will den Frieden! Wenn ich nun aus dem Munde eines englischen Staatsmannes höre, daß solche Versicherungen nichts sind und nur in der Unterschrift unter kollektive Verträge die Gewähr der Aufrichtigkeit liegt, so bitte ich Mister Eden, dabei bedenken zu wollen, daß es sich in jedem Fall um eine „Versicherung“ handelt.
Es ist manches Mal viel leichter, einen Namen unter Verträge zu setzen mit dem inneren Vorbehalt einer letzten Nachprüfung seiner Haltung in der entscheidenden Stunde, als angesichts einer ganzen Nation in voller Öffentlichkeit sich zu einer Politik zu bekennen, die dem Frieden dient, weil sie die Voraussetzungen für den Krieg ablehnt.
Ich hätte die Unterschrift unter zehn Verträge setzen können, so würde das Gewicht dieser Handlungen nicht gleichbedeutend sein mit der Erklärung, die ich anläßlich der Saarabstimmung Frankreich gegeben habe. Wenn ich als Führer und Beauftragter der deutschen Nation vor der Welt und meinem Volk die Versicherung abgebe, daß es mit der Lösung der Saarfrage an Frankreich keine territorialen Forderungen mehr stellen wird, so ist dies ein Beitrag zum Frieden, der größer ist als manche Unterschrift unter manchem Pakt.
Ich glaube, daß mit dieser feierlichen Erklärung eigentlich ein lange dauernder Streit zwischen beiden Nationen abgeschlossen sein müßte. Wir gaben sie ab in der Empfindung, daß dieser Konflikt und die mit ihm verbundenen Opfer für beide Nationen in keinem Verhältnis stehen zu dem Objekt, das, ohne jemals selbst gefragt zu werden, immer wieder die Ursache von soviel allgemeinem Leid und Unglück gewesen ist und sein würde.
Wenn aber eine solche Erklärung nur die Würdigung findet, zur „Kenntnis“ genommen zu werden, dann bleibt natürlich auch uns nichts anderes übrig, als diese Antwort ebenfalls zur „Kenntnis“ zu nehmen.
Ich muß aber an dieser Stelle Protest einlegen gegen jeden Versuch, den Wert von Erklärungen je nach Bedarf verschieden zu taxieren. Wenn die deutsche Reichsregierung versichert, namens des deutschen Volkes nichts anderes als den Frieden zu wünschen, dann ist diese Erklärung entweder genau soviel wert als ihre Unterschrift unter irgendeine besondere Paktformulierung, oder diese könnte sonst nicht mehr wert sein als die erste feierliche Erklärung!
Es ist eigentümlich, daß im geschichtlichen Leben der Völker manches Mal förmliche Begriffsinflationen vorkommen, die einer genauen Prüfung der Vernunft nur schwer standhalten könnten. Seit einiger Zeit lebt die Welt z. B. in einer förmlichen Manie von kollektiver Zusammenarbeit, kollektiver Sicherheit, kollektiven Verpflichtungen usw., die alle auf den ersten Augenblick konkreten Inhalts zu sein scheinen, bei näherem Hinsehen aber zumindest vielfachen Deutungen Spielraum geben.
Was beißt kollektive Zusammenarbeit?
Wer stellt fest, was kollektive Zusammenarbeit ist und was nicht?
Ist nicht der Begriff „kollektive Zusammenarbeit“ seit 17 Jahren in der verschiedensten Weise interpretiert worden?
Ich glaube, ich spreche es richtig aus, wenn ich sage, daß neben vielen anderen Rechten sich die Siegerstaaten des Versailler Vertrags auch das Recht vorweggenommen haben, unwidersprochen zu definieren, was "kollektive Zusammenarbeit" ist und was „kollektive Zusammenarbeit“ nicht ist.
Wenn ich mir an dieser Stelle erlaube, eine Kritik an diesem Verfahren zu üben, dann geschieht es, weil dadurch am ehesten die innere Notwendigkeit der letzten Entschlüsse der Reichsregierung klargelegt und das Verständnis für unsere wirklichen Absichten geweckt werden kann.
Der heutige Gedanke der kollektiven Zusammenarbeit der Nationen ist ursächliches und wesentliches geistiges Eigentum des amerikanischen Präsidenten Wilson. Die Politik der Vorkriegszeit wurde mehr bestimmt von der Idee der Bündnisse, von durch gemeinsame Interessen zusammengeführten Nationen. Mit Recht oder Unrecht machte man diese Politik einst verantwortlich für den Ausbruch des Weltkrieges. Seine Beendigung wurde – mindest soweit es Deutschland betrifft – beschleunigt durch die Doktrin der 14 Punkte Wilsons und der drei sie später noch ergänzenden. In ihnen war im wesentlichen zur Verhütung der Wiederkehr einer ähnlichen Menschheitskatastrophe folgender Gedankengang niedergelegt:
Der Friede soll nicht sein ein Friede einseitigen Rechtes, sondern ein Friede allgemeiner Gleichheit und damit des allgemeinen Rechtes. Es soll sein ein Friede der Versöhnung, der Abrüstung aller und dadurch der Sicherheit aller. Daraus resultierte als Krönung die Idee einer internationalen kollektiven Zusammenarbeit aller Staaten und Nationen im Völkerbunde. Ich muß an diesem Platz noch einmal versichern, daß es kein Volk gab, das gegen Ende des Krieges diese Ideen begierlicher aufgegriffen hat als das deutsche. Seine Leiden und Opfer waren weitaus am größten von allen der am Kriege teilnehmenden Staaten. Im Vertrauen auf dieses Versprechen legten die deutschen Soldaten die Waffen nieder.
Als im Jahre 1919 der Friede von Versailles dem deutschen Volk diktiert wurde, war der kollektiven Zusammenarbeit der Völker damit zunächst das Todesurteil gesprochen worden.
Denn an Stelle der Gleichheit aller trat die Klassifikation in Sieger und Besiegte. An Stelle des gleichen Rechtes die Unterscheidung in Berechtigte und Rechtlose. An die Stelle der Versöhnung aller die Bestrafung der Unterlegenen. An die Stelle der internationalen Abrüstung die Abrüstung der Besiegten. An die Stelle der Sicherheit aller trat die Sicherheit der Sieger.
Dennoch wurde noch im Friedensdiktat von Versailles ausdrücklich festgestellt, daß die Abrüstung Deutschlands nur vorausgehen soll zur Ermöglichung der Abrüstung der anderen. Und nun ist an diesem einen Beispiel festzustellen, wie sehr die Idee der kollektiven Zusammenarbeit gerade von denen verletzt wurde, die heute ihre lautesten Fürsprecher sind.
Deutschland hatte die im Friedensvertrag auferlegten Bedingungen mit einem förmlichen Fanatismus erfüllt. Finanziell bis zur vollständigen Zerrüttung seiner Finanzen, wirtschaftlich bis zur totalen Vernichtung seiner Wirtschaft, militärisch bis zur vollkommenen Wehrlosigkeit! Ich wiederhole hier in großen Zügen noch einmal die von niemand zu bestreitenden Tatsachen der deutschen Erfüllung der Verträge.
Es wurden zerstört im Heer:
59.000 Geschütze und Rohre,
130.000 Maschinengewehre,
31.000 Minenwerfer und Rohre,
6.007.000 Gewehre und Karabiner,
243.000 M.-G.-Läufe,
28.000 Lafetten,
4.390 M.-W.-Lafetten,
38.750.000 Geschosse,
16.550.000 Hand- und Gewehrgranaten,
60.400.000 scharfe Zünder,
491.000.000 Handwaffenmunition,
335.000 Tonnen Geschoßhülsen,
23.515 Tonnen Kartusch- und Patronenhülsen,
37.600 Tonnen Pulver,
79.000 Munitionslehren,
212.000 Fernsprecher,
1.072 Flammenwerfer usw. usw.
Es wurden weiter zerstört:
Schlitten, fahrbare Werkstätten, Flakgeschützwagen, Protzen, Stahlhelme, Gasmasken, Maschinen der ehemaligen Kriegsindustrie, Gewehrläufe.
Es wurden weiter zerstört:
In der Luft:
15.714 Jagd- und Bombenflugzeuge,
27.757 Flugzeugmotoren.
Und zur See wurden zerstört:
26 Großkampfschiffe,
4 Küstenpanzer,
4 Panzerkreuzer,
19 Kleine Kreuzer,
21 Schul- und Spezialschiffe,
83 Torpedoboote,
315 U-Boote.
Ferner sind noch zerstört worden:
Fahrzeuge aller Art, Gaskampf- und zum Teil Gasschutzmitze, Treib- und Sprengmittel, Scheinwerfer, Visiereinrichtungen, Entfernungs- und Schallmeßgerät, optische Geräte aller Art, Pferdegeschirr usw. usw., alle Flugzeug- und Luftschiffhallen usw.
Damit hat Deutschland in einer förmlichen Selbstaufgabe seinerseits alle Voraussetzungen geschaffen für eine Zusammenarbeit kollektiver Art im Sinne der Gedanken des amerikanischen Präsidenten.
Nun, zumindest nach dem Vollzug dieser deutschen Abrüstung, hätte die Welt ihrerseits denselben Schritt zur Herstellung der Gleichheit vollziehen müssen. Es ist nur ein Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung, daß es auch bei den anderen Völkern und in den anderen Staaten nicht an mahnenden und warnenden Stimmen gefehlt hat, die für die Erfüllung dieser Pflicht eintraten. Ich will nur einige dieser sicherlich nicht als Freunde des heutigen Deutschlands anzusprechenden Männer anführen, um aus ihren Erklärungen jene zu widerlegen, die in einer Art Vergeßlichkeit nicht mehr wissen wollen, daß der Friedensvertrag nicht nur für Deutschland die vertragliche Pflicht der Abrüstung enthielt, sondern auch für die übrigen Staaten.
Lord Robert Cecil, Mitglied der britischen Delegation auf der Pariser Friedenskonferenz und Führer der britischen Delegation auf der Abrüstungskonferenz (Revue de Paris 1924, Nr. 5):
„Die Rüstungsbestimmungen des Versailler Vertrages und der anderen Friedensverträge beginnen mit einer Präambel, die folgendermaßen lautet. ‚Um die Einleitung einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung aller Nationen zu ermöglichen, verpflichtet sich Deutschland, die folgenden Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt genau zu beobachten.‘ Diese Präambel enthält eine Vereinbarung. Sie ist ein feierliches Versprechen der Regierungen an die Demokratien aller Staaten, die die Friedensverträge unterzeichnet haben. Wenn es nicht gehalten wird, so kann das durch die Friedensverträge errichtete System nichi dauerhaft gestaltet werden, und selbst die Teilabrüstung wird binnen kurzem zu bestehen aufhören.“
Paul Boncour am 9. April 1927 in der dritten Tagung der Vorbereitenden Abrüstungskommission des Völkerbundes:
„Es ist richtig, daß die Präambel zu Teil V des Versailler Vertrages die Begrenzungen der Rüstungen betrifft, die Deutschland als Voraussetzung und als Vorläufer einer allgemeinen Beschränkung der Rüstungen auferlegt wurden. Das unterscheidet sogar sehr genau die Rüstungsbeschränkungen Deutschlands von anderen ähnlichen Rüstungsbeschränkungen, die im Laufe der Geschichte nach dem Abschluß von Kriegen auferlegt wurden und die sich im übrigen allgemein als ziemlich unwirksam erwiesen haben. Dieses Mal ist diese Bestimmung – und das gibt ihr erst ihren ganzen Wert – nicht nur einem der Unterzeichner des Vertrages auferlegt worden, sie ist vielmehr eine Pflicht, eine moralische und rechtliche Verpflichtung für die anderen Unterzeichner, die allgemeine Begrenzung der Rüstungen in Angriff zu nehmen.“
Erklärung Hendersons vom 20. Januar 1931:
„Wir müssen unsere Parlamente und Völker überzeugen, daß alle Mitglieder des Völkerbundes zu dieser Politik der allgemeinen Abrüstung durch feierliche Verpflichtungen gezwungen werden, die uns das internationale Recht ebenso wie die nationale Ehre auferlegen.
Soll ich im Rat daran erinnern, daß der Artikel 8 der Satzung, die Präambel des Teils V des Versailler Vertrages, die Schlußakte der Konferenz von Locarno und die jedes Jahr seit 1920 von der Versammlung angenommenen Beschlüsse darlegen, daß alle Bundesmitglieder auf diesem Gebiet die gleiche Verantwortlichkeit trifft? Alle haben wir Verpflichtungen auf uns genommen, und wenn wir sie nicht erfüllen, wird man unsere friedlichen Absichten in Zweifel ziehen können. Der Einfluß und das Ansehen des Völkerbundes würden darunter leiden.“
Erklärung Briands vom 20. Januar 1931:
„Im Namen meines Landes schließe ich mich den beredten Worten an, mit denen unser Präsident die Sitzung eröffnet hat... Ich glaube wie Sie – ich habe Gelegenheit gehabt, es schon häufig zu sagen –, daß die Verpflichtungen, die die Nationen durch Unterzeichnung des Artikels 8 der Völkerbundssatzung vertraglich eingegangen sind, kein toter Buchstabe bleiben dürfen. Sie stellen eine heilige Verbindlichkeit dar, und ein Land, das sich ihr entziehen würde, würde sich entehren.“
Ausspruch des belgischen Außenministers Vandervelde, Mitglied der belgischen Friedensdelegation, vom 27. Februar 1927:
„Von nun an stehen wir vor folgendem Dilemma: Entweder müssen die anderen Mächte ihre Armeen im Verhältnis zur deutschen Reichswehr vermindern oder der Friedensvertrag wird hinfällig, und Deutschland nimmt für sich das Recht in Anspruch, Streitkräfte zu besitzen, die die Unverletzbarkeit seines Gebietes zu verteidigen in der Lage sind. (Bravo.) Aus diesen Tatsachen sind zwei Schlußfolgerungen zu ziehen: einmal, daß alle Kontrollmaßnahmen wenig wirksam sind, zurn anderen, daß die Entwaffnung entweder allgemein oder überhaupt nicht sein wird.“
Derselbe Außenminister am 29. Dezember 1930 im „Populaire“:
„Man würde aus dem Versailler Vertrag einen Fetzen Papier machen, wenn man die moralischen und rechtlichen Verpflichtungen des Vertrages nicht erfüllt, der dem besiegten Deutschland die Entwaffnung aufzwang, zu dem Zweck, die Abrüstung der anderen vorzubereiten.“
Lord Robert Cecil in seiner Rundfunkrede am 31. Dezember 1930:
„Die internationale Abrüstung gehört zu unseren wichtigsten nationalen Interessen. Wir haben nicht nur einmal, sondern zu wiederholten Malen die Verpflichtung übernommen, die Rüstungen der im Weltkrieg siegreichen Nationen herabzusetzen und zu begrenzen, als Ergänzung zu der Abrüstung, die wir unseren früheren Gegnern zur Pflicht gemacht haben. Wir werden jedes Vertrauen in internationale Verpflichtungen zerstören, wenn wir das, was wir versprochen haben, nicht erfüllen. Dabei ist es in meinen Augen von sekundärer Bedeutung, daß wir in diesem Falle auf nichts zu antworten haben würden, wenn unsere früheren Gegner mit der Forderung an uns herantreten, wieder aufrüsten zu können.“
Und noch einmal Paul Boncour am 26. April 1930 im „journal“:
„Endlich braucht man kein Prophet zu sein. Es genügt, die Augen offenzuhalten, um festzustellen, daß im Falle eines endgültigen Scheiterns der Abrüstungsverhandlungen, oder auch nur im Falle ihrer fortwährenden Vertagung, Deutschland, das von sonstigem Zwange befreit ist, sich anschicken wird, diese Abrüstung abzuschütteln und nicht mehr allein eine Rüstungsbeschränkung zu dulden, die der Versailler Vertrag selbst als die Bedingung, aber auch als das Versprechen einer allgemeinen Rüstungsherabsetzung bezeichnet hat. Wir haben keine Wahl mehr.“
Was aber war geschehen?
Während Deutschland seine Verpflichtungen, dem ihm aufdiktierten Vertrage getreu, erfüllt hat, unterblieb die nachfolgende Vertragserfüllung bei den sogenannten Siegerstaaten.
Wenn man heute versucht, durch Ausreden dieses Versäumnis zu entschuldigen, dann ist die Widerlegung solcher Ausflüchte wirklich nicht schwer. Wir hören jetzt zu unserem Erstaunen aus dem Munde fremder Staatsmänner, daß die Absicht der Erfüllung an sich wohl bestanden hätte, allein die Zeit hierfür noch nicht dagewesen sei.
Wieso?
Alle Voraussetzungen für die Abrüstung der anderen Staaten waren damals restlos gegeben:
- 1. Deutschland hatte abgerüstet. Sie konnten wirklich nicht behaupten, daß ihnen von dem militärisch gänzlich ohnmächtig gewordenen Staate auch nur die geringste Gefahr hätte drohen können. Dafür aber würde eine solche Abrüstung dem Bestande des Völkerbundes eine so große innere Kraft gegeben haben, daß kein Staat es hätte wagen können, gegen einen der Teilnehmer an dieser kollektiven gemeinsamen Abrüstung etwa nachträglich gewalttätig zu werden! Damals wäre die beste Gelegenheit gewesen, äußere „Bekenntnisse“ in eine innere „Tat“ zu verwandeln. Und dies um so mehr, als
- 2. auch politisch alle Voraussetzungen dafür gegeben waren. Denn Deutschland war damals eine Demokratie wie nur je eine. Alles genau kopiert und pflichtgetreu nachgemacht nach den vorhandenen großen Vorbildern. Nicht der Nationalsozialismus regierte in Deutschland. Selbst der bürgerliche Nationalismus war so gut wie verschwunden. Von der Sozialdemokratie über das Zentrum bis zur Demokratie reichte die Spanne der Parteienwelt, die weltanschaulich nicht nur äußerlich der Umwelt glich, sondern sich mit ihr auch programmatisch verbunden fühlte.
Auf was wartete man also damals?
Wann konnte je eine bessere Gelegenheit zur Aufrichtung einer kollektiven Zusammenarbeit kommen, als in der Zeit, da in Deutschland ausschließlich jener politische Geist regierte, der auch der Umwelt die charakterlichen Züge verlieh? Nein! Die Zeit war reif, sie war gegeben, nur der Wille war nicht vorhanden!
Ich will aber, wenn ich die Vertragsuntreue der anderen Seite des Versailler Vertrages feststelle, mich noch gar nicht darauf berufen, daß sie nicht abgerüstet hat. Denn wenn man schon glaubt, der damaligen Zeit Bedenken zuguthalten zu können wegen der vertraglich verletzten Nichtabrüstung, dann wird es aber wohl schwer sein, die Gründe anzuführen, die zu einer immer größeren Aufrüstung Anlaß geben konnten!
Dies ist entscheidend: Nicht nur nicht abgerüstet haben diese anderen Staaten, sondern, im Gegenteil, ihre Rüstungen auf das außerordentlichste ergänzt, verbessert und damit erhöht.
Es spielt dabei der Einwand keine Rolle, daß man ja zum Teil eine personelle Beschränkung vorgenommen habe. Denn diese personelle Beschränkung wurde mehr als reichlich wettgemacht durch die technisch-planmäßige Vervollhommnung der modernsten Kriegswaffen. Sie war außerdem jederzeit spielend nachzuholen.
Und folgendes muß dabei besonders berücksichtigt werden: Man hat im Verlauf der Abrüstungsverhandlungen später versucht, die Waffen einzuteilen in Waffen, die mehr für die Verteidigung geeignet, und in solche, die mehr für den Angriff bestimmt seien.
Ich muß hier feststellen, daß von diesen für den Angriff als geeignet festgesetzten Waffen Deutschland überhaupt keine mehr besaß. Sie wurden alle restlos zerstört. Und es muß dann aber weiter festgestellt werden, daß gerade die für den Angriff geeigneten und hestimmen Waffen von den Partnern des Friedensvertrages in der außerordentlichsten Weise weiterentwickelt, verbessert und vermehrt wurden.
Deutschland hatte alle seine Flugzeuge zerstört. Und zwar wurde es nicht nur wehrlos an aktiven Flugwaffen, sondern auch wehrlos an dem passiven Mittel jeder Luftabwehr.
In derselben Zeit unterblieb aber nicht nur die Vernichtung der vorhandenen Flugzeuge der Vertragspartner, nein, im Gegenteil, sie wurden auf das außerordentlichste weiterentwickelt.
Die Schnelligkeit der Jagdflugzeuge z. B. stieg von etwa 220 Kiloineter bei Kriegsende seit dem dank immer neuer Verbesserungen bei den modernsten Typen auf nahezu 400 Kilometer. Die BewafFnung von 2 Maschinengewehren auf 3, 4 und 5 und endlich auf kleine Maschinenkanonen. Die Steighöhe von bei Kriegsende 6.000 Meter auf 9.000, 10.000 und 11.000 Meter.
Statt wie Deutschland die vorhandenen Bombenflugzeuge zu zerstören, wurden sie auf das eifrigste verbessert, weiterentwickelt und durch immer größere und vollendetere Typen ersetzt. Die bei Kriegsende vorhandenen Leistungen wurden gewichtsmäßig von durchschnittlich 500 bis 1.000 Kilogramm Traglast auf 1.000 bis 2.400 erhöht. Die Schnelligkeit von damals durchschnittlich 125 bis 160 Kilometer, auf 250 bis 280 bei Nachtbombern, auf 350 Kilometer bei Tagbombern verbessert. Die Steigfähigkeit von bei Kriegsende 3.000 bis 4.000 Meter auf 6.000, 7.000, ja endlich auf 9.000 Meter erhöht!
Die Bewaffnung stieg von 2, 3 und 4 Maschinengewehren auf 4, 6, ja 8 MGs. und endlich bis zu Geschützen. Die Zielapparate wurden so genial verbessert, daß man ganz offen zugab, mit geradezu tödlicher Sicherheit die ins Auge gefaßten Objekte vernichten zu können. Der Sturzbomber wurde überhaupt neu entwickelt. Die Sprengwirkung der Bomben wurde seit Kriegsende eine immer rasantere, dem Wunsche nach besserer Vergasung durch neue Erfindungen entsprochen. Der Vernichtung der Wohnstätten sollen moderne Brandbomben dienen, die, wie man in den technischen Zeitschriften der verschiedenen Luftmarinen versichert, überhaupt nicht löschbar sein sollen. Die Peil- und Richtgeräte dieser Bombenmaschinen wurden dauernd verfeinert und endlich wurde, wohl als letzter Triumph des Abrüstungsgedankens, verkündet, daß nun ohne Piloten Bomber einfach durch Fernsteuerung auf ihre wehrlosen Objekte angesetzt und abgelassen würden!
Die Zahl der Flugplätze, der Einsatzhäfen wurde nicht nur nicht vermindert, sondern überall vermehrt. Die Kriegsschiffe der Marine mit Flugzeugen versehen. Aber nicht nur, daß den einzelnen Kampfschiffen Kampf- und Bombenflugzeuge als Begleitwaffe mitgegeben wurden, nein, man schritt zur Konstruktion besonderer gigantischer Flugzeugträger, und das alles im Zeichen der „Abrüstung“ einer Offensivwaffe! Das alles in Erfüllung der im Friedensvertrag von Versailles vorgeschriebenen Befolgung der von Deutschland vorgenommenen Zerstörung der Flugzeuge.
Deutschland hat entsprechend der ihm auferlegten Verpflichtung seine Tanks des Weltkrieges vernichtet. Es hat damit ebenfalls eine „Offensivwaffe“ vertragstreu zerstört und abgeschafft.
Es wäre die Pflicht der anderen Staaten gewesen, nun ihrerseits mit der Vernichtung ihrer Tankwaffen zu beginnen. Allein nicht nur, daß diese Vernichtung unterblieb, es erfolgte eine dauernde Verbesserung derselben sowohl in bezug auf Schnelligkeit als auch in bezug auf Widerstands- und Angriffsfähigkeit. Die Schnelligkeit der Weltkriegstanks von 4 bis 12 Kilometer wurde gesteigert auf 30, 40, 50, ja endlich bis auf 160 Kilometer die Stunde!
Als Deutschland schon längst keine Niete mehr von seinen ehemaligen Tanks besaß, ging Frankreich von den mittleren Typen von 10 bis 14 Tonnen zu schweren Typen von 25 bis 30 Tonnen und endlich zu allerschwersten Typen von rund 90 Tonnen über.
Während noch im Felde jeder Tank von einem 13-Millimeter-Projektil durchschlagen werden konnte, wurden die neuen Kriegsungeheuer mit Panzerplatten von 50 bis 60 Millimeter ausgestattet und damit sogar für die Geschosse der Feldartillerie unverwundbar gemacht. Parallel dieser furchtbaren passiven Verbesserung dieser Waffen in bezug auf Schnelligkeit, Gewicht, Watfähigkeit, Gasdichte, Sehfähigkeit und Panzerstärke ging eine enorme Entwicklung der Angriffswaffen dieser Kriegsmaschinen vor sich. An Stelle der MGs oder des 4-5-Zentimeter-Geschützes kamen nun Kombinationen. Tanks mit 7,5-Zentimeter-, mit 10-Zentimeter-, mit 15-Zentimeter-Geschützen und darüber sind keine Phantasie, sondern furchtbare Wirklichkeit geworden.
In derselben Zeit, in der Deutschland seine Tanks zerstört hat und nun auf die Erfüllung der Zerstörung der anderen wartete, haben diese anderen mehr als 13.000 neue Tanks gebaut und zu immer entsetzlicheren Waffen verbessert und vergrößert.
Laut Bestimmung des Versailler Vertrages mußte Deutschland seine gesamte schwere Artillerie vernichten. Auch dies wurde erfüllt! Während aber die deutschen Haubitzen und Mörser, unter den Schneidebrennern zerschnitten, als Schrott in die Hochöfen wanderten, unterblieb nicht nur die analoge Zerstörung der schweren Artillerie bei den Vertragspartnern, sondern, im Gegenteil: es erfolgte auch dort dieselbe konstruktive Weiterentwicklung, Verbesserung und Vervollkommnung.
Als es schon längst keinen 42-Zentimeter-Mörser mehr gab, erfuhr man, daß den französischen Fabriken die Konstruktion einer 54-Zentimeter-Haubitze erfolgreich gelungen war.
Ferngeschütze von 60 bis 120 km Schußweite sind als Neukonstruktionen entstanden. Genial wurde die neue und neueste schwere und schwerste Artillerie in handsame Transport- und Zuglasten geteilt, um ihre Beweglichkeit mit Hilfe von Traktoren und Raupenschleppern auf das höchste zu steigern.
Dies geschah mit einer Waffe, die wirklich sehr offensiven Charakter besitzt und der gegenüber man in Deutschland nicht nur keine Gegenwaffe, sondern nicht einmal die Möglichkeit einer rein defensiven Abwehr besaß.
Gaswaffen: Deutschland mußte laut Versailler Vertrag, als Voraussetzung wieder für die Abrüstung der Vertragspartner, seine gesamten Gaswaffen zerstören, und es hat dies getan. In den anderen Staaten war man in den chemischen Laboratorien beschäftigt, natürlich nicht, um diese Waffe abzuschaffen, sondern, im Gegenteil, um sie unerhört zu verbessern. In aller Offenheit wurde von Zeit zu Zeit der Welt die erstaunliche Mitteilung über die gelungene Auffindung eines neuen und noch tödlicheren Gases gegeben, sowie von neuen Granaten und Bomben zum Verschießen.
U-Boote: Auch hier hat Deutschland entsprechend den Paragraphen des Versailler Vertrages zur Ermöglichung der internationalen Abrüstung seine Verpflichtung getreulich erfüllt. Was auch nur einem U-Boot ähnlich sah, wurde von dem Schneidebrenner restlos zersägt, aufgerissen und verschrottet.
Die Umwelt hat aber nicht nur nicht dieses Beispiel befolgt, nein, sie hat nicht einmal ihre Kriegsbestände bewahrt, sondern, im Gegenteil, sie dauernd ergänzt, verbessert und vermehrt. Die Steigerung des Deplacements ging endlich bis zum 3.000-TonnenBoot. Die Verstärkung der Armierung bis zur 20-Zentimeter-Kanone. Die Zahl der Torpedo-Rohre wurde pro Boot vergrößert, ihre Kaliberstärke erhöht, der Torpedo selbst in seiner Laufweite und Sprengwirkung gesteigert. Der Aktionsradius dieser U-Boote nahm gegenüber den Leistungen des Krieges noch gewaltig zu, die Tauchtiefe wurde weiter gestreckt, die Seh-Einrichtungen genial vervollkommnet.
Dies war der Beitrag zur Abrüstung von seiten der Staaten, die sich im Versailler Vertrag mit verpflichtet hatten, auch ihrerseits dem deutschen Beispiel zu folgen und damit die U-Boot-Waffe zu zerstören. Dies sind nur einzelne Tatsachen. Sie ließen sich nach jeder Richtung hin beliebig ergänzen und vervollständigen. Sie sind insgesamt der jederzeit dokumentarisch zu belegende Beweis, daß man entgegen den Verpflichtungen des Versailler Vertrages nicht nur der Abrüstung nicht folgte, sondern im Gegenteil eine dauernde Vermehrung und Verbesserung hochwertigster Kriegsmaschinen vornahm.
Man tat also das, was nicht nur den Absichten des Präsidenten Wilson, sondern auch nach den Auffassungen prominentester Vertreter der anderen Seite den unterschriebenen Verpflichtungen des Versailler Vertrages Lyerade entgegengesetzt war.
Wenn dies nicht ein eklatanter Vertragsbruch, und zwar einseitiger Vertragsbruch ist, nachdem der andere Partner seine Verpflichtungen restlos erfüllt hatte, wird es schwer einzusehen sein, was in Zukunft die Unterzeichnung von Verträgen überhaupt noch für einen Sinn haben kann.
Nein: Es gibt dafür keine Beschönigung und keine Ausrede!
Denn Deutschland war wirklich alles andere eher als in seiner. vollständigen Wehr- und Waffenlosigkeit eine Gefahr für die anderen Staaten.
Trotz jahrelangem vergeblichem Warten auf die Vertragseinlösung der anderen Seite war Deutschland aber auch weiterhin bereit, seine Hand zu einem wirklichen kollektiven Zusammenarbeiten nicht zu verweigern. Der engliche Lordsiegelbewahrer Mister Eden meint, daß die Bereitwilligkeit zur Herstellung einer Parität in der ziffernmäßigen Festlegung der Wehrstärken überall anzutreffen gewesen sei. Dann ist es aber um so bedauerlicher, daß man daraus nicht praktische Konsequenzen zog. Es war nicht Deutschland, das den Plan einer 200.000-Mann-Armee für alle europäischen Staaten zu Fall brachte, sondern es waren die nicht abrüstenwollenden anderen Staaten. Und es war endlich auch nicht Deutschland, das den englischen Vermittlungsvorschlag im Frühjahr 1934 verwarf, sondern es war dies die französische Regierung, die am 17. April 1934 die Verhandlungen darüber abbrach.
Es wird heute manches Mal die Hoffnung ausgesprochen, Deutschland möge doch selbst mit einem konstruktiven Plane kommen. Nun, ich habe nicht einmai, sondern schon öfter solche Vorschläge unterbreitet.
Hätte man meinen konstruktiven Plan einer 300.000-Mann-Armee angenommen, dann würde vielleicht heute manche Sorge geringer und manche Last leichter sein. Es ist aber fast zwecklos, konstruktive Pläne vorzulegen, wenn ihre Ablehnung von vornherein als sicher angesehen werden kann.
Wenn ich mich trotzdem entschließe, noch einmal einen Aufriß meiner Gedanken zu geben, dann geschieht es nur aus dem Gefühl der Pflicht heraus, nichts unversucht zu lassen, um Europa die notwendige innere Sicherheit und den europäischen Völkern das Gefühl der Solidarität zurückzugeben. Nachdem aber nun bishtr nicht nur die Erfüllung der Abrüstungsverpflichtung der anderen Staaten unterblieben war, sondern auch alle Vorschläge einer Rüstungsbegrenzung eine Ablehnung erfuhren, sah ich mich als vor Gott und meinem Gewissen verantwortlicher Führer der deutschen Nation verpflichtet, angesichts des Entstehens neuer Militärbündnisse sowie der Festsetzung der Friedensstärke des russischen Heeres auf 960.000 Mann und nach Erhalt der Mitteilung, daß Frankreich zur Einführung der zweijährigen Dienstzeit schreitet, nunmehr die Rechtsgleichheit Deutschlands, die man ihm international verweigert hat, kraft des höheren Lebensrechteb der Nation selbst wiederherzustellen. Nicht Deutschland hat damit seine ihm auferlegte Vertragsverpflichtung gebrochen, sondern jene Staaten, die uns zu dieser selbständigen Handlung gezwungen haben. Denn die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Verkündung des Gesetzes über die Aufstellung der neuen deutschen Wehrmacht war nichts anderes, als die Zurückführung Deutschlands auf einen niemand bedrohenden, aber Deutschlands Sicherheit garantierenden Stand gleichen Rechts!
Ich kann dabei nicht unterlassen, an dieser Stelle mein Erstaunen auszudrücken über eine Definition, die wir aus dem Munde des englichen Ministerpräsidenten MacDonald vernahmen, der mit Rücksicht auf die Wiederherstellung einer deutschen Wehrmacht meint, daß nun die anderen Staaten doch recht gehabt hätten, ihrerseits mit der Abrüstung zurückzuhalten. Wenn diese Auffassung Allgemeingut wird, steht in Zukunft allerhand zu erwarten. Denn nach dieser Auffassung wird jeder Vertragsbruch nachträglich seine Sanktion dadurch erfahren, daß der andere Partner seinerseits vermutlich die gleichen Konsequenzen zieht, das heißt also: A und B schließen einen Vertrag. B erfüllt seine Verpflichtung, A bricht seine Verpflichtung. Nach jahrelanger Mahnung erklärt endlich auch B, daß der Vertrag für ihn nicht mehr gültig sei, worauf nun A berechtigt ist, festzustellen, daß damit sein vorhergegangener Vertragsbruch nunmehr die nachträgliche moralische Rechtfertigung erfahren hat, indem ja nun B sich ebenfalls vom Vertrag entfernte.
Ich möchte mich an dieser Stelle nur kurz mit den Vorwürfen und Unterstellungen beschäftigen, die gegen,die Wiederherstellung der deutschen Wehrmacht gerichtet sind.
Man erklärt, daß Deutschland erstens von niemand bedroht wird und daß daher zweitens nicht verständlich sei, warum Deutschland überhaupt aufrüste.
Es würde sich hier die Gegenfrage ergeben, warum die andere Seite, die sich auf alle Fälle von dem abgerüsteten Deutschland weniger bedroht fühlen konnte als umgekehrt, nicht ihrerseits die Rüstungen eingestellt und endlich abgebaut hat? Wenn man aber behauptet, daß Deutschland durch seine Wiederaufrüstung die anderen Staaten bedrohe, dann war doch zumindest die Aufrüstung der anderen Staaten eine noch viel stärkere Bedrohung für das abgerüstete wehrlose Deutschland.
Ich glaube, daß es hier nur das Entweder – Oder gibt. Sind Kriegsrüstungen eine Friedensbedrohung, dann sind sie dies bei allen Staaten. Oder sie sind keine Kriegsdrohung, dann sind sie dies bei keinem. Es geht nicht an, daß eine Gruppe von Staaten ihre Rüstung als einen Olzweig des Friedens, aber die Rüstung der anderen als eine Rute des Teufels hinstellt.
Tank ist Tank und Bombe ist Bombe.
Die Meinung, die Weit für ewige Zeit in verschieden berechtete Staaten einteilen zu können, wird immer nur einseitig anerkannt werden. Die deutsche Nation ist jedenfalls nicht gewillt, für alle Zeiten als eine zweitklassige oder minderberechtigte angesehen und behandelt zu werden. Unsere Friedensliebe ist vielleicht größer als die anderer Völker, denn wir haben am meisten unter diesem unseligen Kriege gelitten. Niemand von uns hat die Absieht, jemanden zu bedrohen. Allein jeder ist entschlossen, dem deutschen Volk die Gleichheit zu sichern und zu erhalten. Und diese Gleichheit ist aber auch die allererste Voraussetzung für jede praktische und kollektive Zusammenarbeit! Solange man in bezug auf sie irgendwelche Hintergedanken hat, kann man von vornherein die Verwirklichung einer tatsächlich erfolgreichen europäischen Zusammenarbeit als unmöglich bezeichnen. Im Besitz unbedingt gleicher Rechte wird Deutschland sich niemals weigern, seine Beteiligung an jenen Arbeiten auf sich zu nehmen, die dem menschlichen Frieden, dem Fortschritt und dem wirtschaftlichen Wohlergehen zu dienen die Absicht haben. Ich glaube aber, an dieser Stelle nicht zurückhalten zu dürfen mit einer Kritik an gewissen Methoden, die, dem Geiste des Versailler Friedensdiktates entstammend, verantwortlich sind für das Scheitern so mancher, sicherlich gutgemeinter Bestrebungen. Die Welt lebt heute im Zeitalter der Konferenzen. Wenn so viele dieser Zusammenkünfte gänzlich erfolglos verlaufen, dann liegt die Ursache für diese Enttäuschung nicht selten schon in der Art der Programmaufstellung und Zielsetzung. Irgendein Kabinett empfindet – wie alle anderen auch – die Notwendigkeit, etwas für den als bedroht gehaltenen Frieden Europas zu tun.
Statt nun erst allen in Aussicht genommenen Beteiligten den allgemeinen Gedanken zu unterbreiten mit dem Wunsche, die Auffassungen der einzelnen Staaten bzw. ihrer Regierungen über die möglichen Mittel und Wege der Behandlung und Lösung dieser Frage kennenzulernen, wird zwischen zwei oder drei Kanzleien ein perfektes Programm aufgestellt. Dabei kann man sich manches Mal nicht des Eindrucks erwehren, als ob bei der Fixierung des Inhalts der zu treffenden Beschlüsse der Wunsch als Vater des Gedankens eine Rolle spielt, durch eine Vermengung von Möglichem und Unmöglichem das sichere Scheitern auf Kosten der später Eingeladenen herbeizuführen. Denn indem zwei oder drei Staaten sich auf ein so bis ins Detail hinein festgelegtes Programm einigen, wird dem nachträglich Eingeladenen nur mehr die Kenntnis des aufgestellten Programms vermittelt, mit dem Bemerken, daß dieses Programm ein unteilbares Ganzes sei und entweder allgemein und ganz angenommen würde oder im gesamten als abgelehnt betrachtet werden müsse. Da sich in einem solchen Programm naturgemäß auch sehr gute Gedanken finden können, trägt der Staat, der nicht dem gesamten Entwurf die Zustimmung erteilt, damit die Verantwortung für das Scheitern auch der nützlichen Teile. Dieses Verfahren erinnert sehr stark an die Praxis gewisser Filmvertelher, die gute und schlechte Filme grundsätzlich nur gemeinsam abgeben. Dies ist aber nur verständlich als eine letzte atavistische Erscheinung, die ihre Wurzel im Vorbild der sogenannten Versailler Friedensverhandlungen besitzt. Man stelle ein Programm auf, überreiche es als Diktat einem Dritten und erkläre das Ganze dann als einen feierlich unterzeichneten Vertrag! Nach diesem Rezept wurde damals versucht, das größte Ringen der Weltgeschichte zu dem von den Völkern so sehr erwünschten segensreichen Ende zu bringen. Die Folgen dieses Verfahrens waren allerdings mehr als traurige, und zwar nicht nur für die Unterlegenen, sondern auch für die Sieger.
Soweit Deutschland in Frage kommt, habe ich gegenüber solchen Versuchen nur folgendes zu sagen: Wir werden an keinen Konferenz mehr teilnehmen, an deren Programmaufstellung wir nicht von vornherein mitbeteiligt gewesen sind. Wir denken nicht daran, wenn zwei oder drei Staaten ein Vertragsgericht entwerfen, als Dritter dann die erste Kostprobe vorzunehmen. Damit soll nicht gesagt sein, daß wir uns nicht die Freiheit vorbehalten, Verträgen unsere Zustimmung und unsere Unterschrift nicht noch nachträglich zu geben, weil wir bei ihrer Abfassung bzw. an den Konferenzen unbeteiligt waren. Durchaus nicht. Es kann möglich sein, daß uns ein Vertrag, trotzdem wir an seiner Abfassung oder an der Konferenz, die ihn für eine Reihe von Staaten zum Beschluß erhob, nicht teilnahmen, dennoch in der endgültig zustandegekommenen Fixierung zusagt und als nützlich erscheint. Wir werden dann nicht zögern, unter Umständen einem solchen Vertrag noch nachträglich unsere Zustimmung und unseren Anschluß, sofern dies überhaupt erwünscht oder möglich ist, zu geben. Allein diesen Fall zu bestimmen, muß sich die deutsche Reichsregierung selbst vorbehalten.
Ich muß aber noch einmal betonen, daß mir die Methode falsch zu sein scheint, für Konferenzen Programmentwürfe aufzustellen mit der Überschrift: „Alles oder nichts“.
Ich halte überhaupt einen solchen Grundsatz im politischen Leben für unpraktisch. Ich glaube, daß man in der Befriedung Europas viel mehr erreicht haben würde, wenn m&n sich von Fall zu Fall mit dem Erreichbaren begnügt hätte. Es ist in den letzten Jahren kaum ein Paktvorschlag zur Diskussion gestanden, bei dem nicht der eine oder andere Punkt ohne weiteres allgemein angenommen worden wäre. Indem man aber eine unlösbare Verbindung mit den anderen teils schwierigeren, teils für einzelne Staaten überhaupt unannehmbaren Punkten behauptete, ließ man lieber auch das Gute ungeschehen und das Gesamte scheitern.
Ebenso scheint es mir bedenklich, die These der Unteilbarkeit des Friedens als Vorwand für Konstruktionen zu mißbrauchen, die weniger der kollektiven Sicherheit als vielmehr gewollt oder ungewollt der kollektiven Kriegsvorbereitung dienen. Der Weltkrieg sollte hier eine schreiende Warnung sein. Ich glaube nicht, daß Europa zum zweitenmal ohne die furchtbarste Erschütterung eine ähnliche Katastrophe überdauern wird. Sie kann aber um so leichter eintreten, je mehr durch ein Netz intemationaler Kreuzund Querverpflichtungen die Möglichkeit einer Lokalisierung kleinerer Konflikte immer schwächer, und die Gefahr eines Mitgerissenwerdens zahlreicher Staaten und Staatengruppen größer wird. Was Deutschland betrifft, möchte ich hier keinen Zweifel über folgendes offenlassen: Deutschland hat Frankreich gegenüber feierlich die nach der Saarabstimmung sich ergebende Grenze angenommen und garantiert. Deutschland hat mit Polen ohne Rücksicht auf das Vergangene einen Gewaltausschließungs-Vertrag abgeschlossen, als einen weiteren mehr als wertvollen Beitrag zum europäischen Frieden, den es nicht nur blind halten wird, sondern von dem wir nur den einen Wunsch haben: einer stets aufs neue zu erfolgenden Verlängerung und einer sich daraus immer mehr ergebenden freundschaftlichen Vertiefung unserer Beziehungen. Wir taten dies alles, trotzdem wir damit zum Beispiel endgültig auf ElsaßLothringen Verzicht leisten, ein Land, um das auch mir zwei große Kriege führten. Wir taten es aber, um besonders dem eigenen deutschen Volk für die Zukunft neue blutige Opfer zu ersparen. Wir sind der Überzeugung, daß wir damit nicht nur unserem Volk, sondern auch diesem Grenzgebiet am meisten nützen. Wir wollen von unserer Seite aus alles tun, um mit dem französischen Volk zu einem wahren Frieden und zu einer wirklichen Freundschaft zu kommen. Wir anerkennen den polnischen Staat als die Heimstätte eines großen national fühlenden Volkes mit dem Verständnis und der herzlichen Freundschaft aufrichtiger Nationalisten. Wenn wir aber dem deutschen Volk ein weiteres Blutvergießen ersparen wollen, selbst dort, wo dies mit einem Opfer für uns verbunden ist, dann denken wir nicht daran, unser Blut wahllos für fremde Interessen zu verpfänden. Wir denken nicht daran, für jeden irgendwie möglichen, von uns weder bedingten noch zu beeinflussenden Konflikt unser deutsches Volk, seine Männer und Söhne vertraglich zu verkaufen!
Der deutsche Soldat ist zu gut, und wir haben unser Volk zu lieb, als daß wir es mit unserem Gefühl von Verantwortung vereinbaren könnten, uns in nicht absehbaren Beistandsverpflichtungen festzulegen.
Wir glauben damit auch der Sache des Friedens besser zu dienen. Denn es kann das nötige Gefühl der Verantwortung jedes einzelnen Staates nur erhöhen, wenn er nicht von vornherein weiß, in seinem Konflikt große und mächtige militärische Verbündete zu besitzen. Endlich gibt es auch hier Dinge, die möglich sind, und Dinge, die unmöglich sind. Ich möchte als Beispiel in aller Kürze auf den uns vorgeschlagenen Ostpakt eingehen.
Wir haben in ihm eine Beistandsverpflichtung vorgefunden, die nach unserer Überzeugung zu überhaupt nicht absehbaren Konsequenzen führen kann. Das Deutsche Reich und insbesondere die heutige deutsche Regierung haben keinen anderen Wunsch, als mit allen Nachbarstaaten friedlich und freundschaftlich zu verkehren. Wir haben diese Gefühle nicht nur gegenüber den uns umgebenden großen, sondern auch gegenüber den uns umgebenden kleinen Staaten. ja, wir sehen gerade in deren Existenz, sofern sie eine wirklich unabhängige ist, einen wünschenswerten friedlichen neutralen Faktor an unseren im übrigen militärisch so offenen und ungeschützten Grenzen. So sehr wir selbst den Frieden lieben, so wenig aber liegt es in unserer Hand, daß nicht, und gerade im Osten, zwischen irgendwelchen Staaten Konflikte auszubrechen vermögen. An sich ist die Feststellung des Schuldigen in einem solchen Falle unendlich schwer. Jene von göttlicher Einsicht begnadete Stelle, die hier die ewige Wahrheit zu finden und auszusprechen vermöchte, gibt es auf dieser Welt nicht.
Sowie erst einmal die Kriegsfurie über die Völker rast, beginnt der Zweck alle Mittel zu heiligen. Und bei den Menschen pflegt sich die Erkenntnis über das Recht und die Schuld dann schnell zu verdüstern. Mehr als 20 Jahre sind seit Beginn des Weltkrieges vergangen, und jede Nation lebt in der heiligen Überzeugung, daß das Recht auf ihrer Seite und die Schuld bei den Gegnern lag. Ich fürchte, daß bei Beginn eines solchen Konfliktes durch die Beistandsverpflichtungen weniger der Weg zur Erkenntnis des Angreifers, als vielmehr zur Unterstützung des den eigenen Interessen nützlichen Staates führen wird. Es würde vielleicht der Sache des Friedens dienlicher sein, wenn im Falle des Ausbruchs des Konflikts sich sofort die Welt von beiden Teilen zurückzöge, als ihre Waffen schon von vornherein vertraglich in den Streit hineintragen zu lassen. Allein von diesen grundsätzlichen Erwägungen abgesehen, liegt hier noch ein besonderer Fall vor. Das heutige Deutschland ist ein nationalsozialistischer Staat. Die Ideenwelt, die uns beherrscht, steht im diametralen Gegensatz zu der Sowjetrußlands. Der Nationalsozialismus ist eine Lehre, die sich ausschließlich auf das deutsche Volk bezieht. Der Bolschewismus betont seine internationale Mission.
Wir Nationalsozialisten glauben, daß der Mensch auf die Dauer nur glücklich werden kann in seinem Volk. Wir leben in der Überzeugung, daß das Glück und die Leistungen Europas unzertrennlich verbunden sind mit dem Bestand eines Systems unabhängiger freier nationaler Staaten. Der Bolschewismus predigt die Aufrichtung eines Weltreichs und kennt nur Sektionen einer zentralen Internationale.
Wir Nationalsozialisten erkennen jedem Volk die Berechtigung seines eigenen Innenlebens nach seinen eigenen Erfordernissen und seiner eigenen Wesensart zu.
Der Bolschewismus stellt dagegen doktrinäre Theorien auf, die von allen Völkern, ohne Rücksicht auf ihr besonderes Wesen, ihre besondere Veranlagung, ihre Traditionen usw. akzeptiert werden sollen.
Der Nationalsozialismus tritt für die Lösung der gesellschaftlichen Probleme, Fragen und Spannungen in der eigenen Nation mit Methoden ein, die mit unseren allgemein menschlichen, geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Auffassungen, Traditionen und Bedingungen vereinbar sind.
Der Bolschewismus predigt den internationalen Klassenkampf, die internationale Weltrevolution mit den Waffen des Terrors und der Gewalt.
Der Nationalsozialismus kämpft für die Überbrückung und konsequente Ausgleichung der Lebensgegensätze und für die Zusammenfassung aller zu gemeinsamen Leistungen.
Der Bolschewismus lehrt die Überwindung einer behaupteten Klassenherrschaft durch die Diktatur der Gewalt einer anderen Klasse.
Der Nationalsozialismus legt keinen Wert auf eine nur theoretische Herrschaft der Arbeiterklasse, dafür aber um so mehr auf die praktische Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und Lebenshaltung.
Der Bolschewismus kämpft für eine Theorie und opfert dafür Millionen an Menschen, unermeßliche Werte traditioneller Kultur und Oberlieferungen und erreicht, mit uns verglichen, einen nur sehr niederen Standard der Lebenshaltung aller.
Als Nationalsozialisten erfüllt uns die Bewunderung und Achtung vor den großen Leistungen der Vergangenheit nicht nur in unserem eigenen Volk, sondern auch noch weit darüber hinaus. Wir sind glücklich, einer europäischen Kulturgemeinschaft anzugehören, die der heutigen Welt in so großem Ausmaße den Stempel ihres Geistes aufgeprägt hat.
Der Bolschewismus lehnt diese Kulturleistung der Menschheit ab und behauptet, den Beginn der wirklichen Kultur- und Menschheitsgeschichte im Geburtsjahr des Marxismus gefunden zu haben.
Wir Nationalsozialisten mögen vielleicht in dieser oder jener organisatorischen Frage mit unseren kirchlichen Organisationen nicht der gleichen Ansicht sein. Allein wir wollen niemals Religions- und Glaubenslosigkeit und wünschen nicht, daß aus unseren Kirchen Klubhäuser oder Kintopps werden.
Der Bolschewismus lehrt die Gottlosigkeit und handelt dementsprechend.
Wir Nationalsozialisten sehen im privaten Eigentum eine höhere Stufe der menschlichen Wirtschaftsentwicklung, die entsprechend den Unterschieden der Leistung die Verwaltung des Geleisteten regelt, die insgesamt aber für alle den Vorteil eines höheren Lebensstandards ermöglicht und garantiert.
Der Bolschewismus vernichtet nicht nur das Privateigentum, sondern auch die private Initiative und die Verantwortungsfreudigkeit. Er hat dadurch in Rußland, dem größten Agrarstaat der Welt, Millionen Menschen nicht vor dem Verhungern retten können.
Eine solche Katastrophe auf Deutschland übertragen, wäre unausdenkbar, denn endlich kommen in Rußland auf 90 Landbewohner nur 10 Städter, in Deutschland aber auf nur 25 Bauern 75 Stadtbewohner.
Man könnte dies alles bis ins Endlose fortsetzen.
Sowohl wir Nationalsozialisten als auch die Bolschewisten sind überzeugt, daß zwischen uns eine niemals zu überbrückende Weltentfernung liegt. Aber darüber hinaus stehen zwischen uns mehr als 400 ermordete nationalsozialistische Parteigenossen, tausende weitere Nationalsozialisten, die in anderen Verbänden in Abwehr bolschewistischer Revolten gefallen sind, Tausende an Soldaten und Polizeimannschaften, die im Kampfe zum Schutze des Reiches und der Länder gegen die ewigen kommunistischen Aufstände erschossen und massakriert worden sind und dann allein über 43.000 Verletzte der N.S.D.A.P. Tausende von ihnen sind teils erblindet, teils Krüppel für die ganze Zeit ihres Lebens.
Soweit es sich beim Bolschewismus um eine russische Angelegenheit handelt, sind wir an ihm gänzlich uninteressiert. Jedes Volk soll nach seiner Fasson selig werden. Soweit dieser Bolschewismus aber auch Deutschland in seinen Bann zieht, sind wir seine ingrimmigsten und seine fanatischsten Feinde.
Tatsache ist, daß der Bolschewismus sich selbst als weltrevolutionäre Idee und Bewegung fühlt und auch ausgibt. Ich habe hier nur eine Auslese der revolutionären Vorgänge der letzten 15 Jahre, mit denen die bolschewistische Presse, die bolschewistische Literatur und prominente bolschewistische Staatsmänner und Redner ihre Verbundenheit ganz offen zugaben, ja sich ihrer rühmten.
1918 November: Revolutionen in Österreich und Deutschland
1919 März: Proletarische Revolution in Ungarn; Aufstand in Korea
April: Räterevolution in Bayern
1920 September: Besetzung der Betriebe durch die Arbeiter in Italien
1921 März: Aufstand der proletarischen Vorhut in Deutschland
1923 Herbst: Revolutionäre Krise in Deutschland
1924 Dezember: Aufstand in Estland
1925 April: Aufstand in Marokko
1927 Juli: Aufstand in Wien
1925 April: Explosion in der Kathedrale in Sofia
seit 1925 Revolutionäre Bewegung in China
1926 Dezember: In Niederländisch-Ostindien (Java) wurde ein kommunistischer Aufstand rechtzeitig verhütet
1927 Anwachsen der Revolution in China; kommunistische Negerbewegung in den Vereinigten Staaten; Aushebung kommunistischer Agenten in den baltischen Staaten
1928 Aushebung kommunistischer Organisationen in Spanien, Portugal, Ungarn, Bolivien, Lettland, Italien, Finnland, Estland, Litauen, Japan; kommunistische Ausschreitungen in China-, kommunistische Gärung in Mazedonien; kommunistische Bomben in Argentinien
1929 Mai: Barrikaden in Berlin
August: Der kommunistische Welttag „gegen den Imperialismus“; Aufstand in Kolumbien
September: Bombenexplosion in Deutschland
Oktober: Einmarsch der Bolschewisten aus Rußland in die Mandschurei
1930 Februar: Kommunistische Auftritte in Deutschland
März: Der kommunistische Welttag „der Arbeitslosen“
Mai: Kommunistischer bewaffneter Aufstand in China
Juni, Juli: Bekämpfung der kommunistischen Bewegung in Finnland; kommunistischer Bürgerkrieg in China
1931 Januar: Bekämpfung kommunistischer Banden in China; amtliche Enthüllungen über die Kommunisten in den Vereinigten Staaten
Mai: Revolution in Spanien bricht los
Juni, Juli: Kampf gegen kommunistische Banden wieder in China
1931 August: Bekämpfung des Kommunismus in Argentinien, kommunistische Handelsvertretung für Südamerika wird geschlossen, Verhaftungen usw. usw.
Es ist eine endlose, endlose Serie.
Ich habe aus der letzten Rede des englischen Lordsiegelbewahrers, wenn ich nicht irre, die Auffassung herausgelesen, daß solche und insbesondere aggressive militaristische Tendenzen der Sowjetunion gänzlich fernliegen. Niemand würde glücklicher sein als wir, wenn sich diese Auffassung in der Zukunft bewahrheiten sollte. Die Vergangenheit spricht jedenfalls dagegen. Wenn ich mir anmaße, meine Auffassung diesem Urteil entgegenzuhalten, dann kann ich immerhin darauf hinweisen, daß der Erfolg meines eigenen Lebenskampfes nicht gerade ausschließlich einer bei mit zufällig ganz besonders stark angehäuften Unfähigkeit zu verdanken ist. Ich glaube, ich verstehe hier immerhin einiges. Ich habe in Deutschland meine Tätigkeit etwa in derselben Zeit begonnen, in der der Bolschewismus seine ersten Erfolge, d. h. den ersten Bürgerkrieg in Deutschland feierte. Als nach 15 Jahren der Bolschewismus in unserem Lande 6 Millionen Anhänger zählte, war ich auf 13 Millionen gestiegen.
Im Entscheidungskampf ist er unterlegen. Der Nationalsozialismus hat Deutschland und damit vielleicht ganz Europa vor der schrecklichsten Katastrophe aller Zeiten zurückgerissen. Würden die westeuropäischen Beurteilei dieser Idee über dieselben praktischen Erfahrungen verfügen, wie ich sie habe, dann glaube ich, würde man vielleicht auch dort zu wesentlich anderen Auffassungen gelangen. Würde aber mein Kampf in Deutschland mißlungen sein, und der bolschewistische Aufruhr das Reich zunächst überwältigt haben, dann weiß ich, würde das Verständnis für die Größe unserer geschichtlichen Leistung sicher vorhanden sein. So kann ich nur als vielleicht von der übrigen Welt verlachter Warner auftreten. Soweit es sich jedenfalls aber um Deutschland handelt, muß ich meinem Gewissen und meiner Verantwortung gemäß folgendes feststellen:
Die deutschen kommunistischen Aufstände und Revolutionen hätten ohne die geistige und materielle Vorbereitung durch den Weltbolschewismus gar nicht stattfinden können. Ihre hervorragendsten Führer wurden für ihre revolutionären Handlungen in Deutschland nicht nur in Rußland geschult und finanziert, sondern auch gefeiert und mit Orden ausgezeichnet, ja sogar zu Inhabern russischer Truppenteile ernannt. Dies sind Tatsachen.
Deutschland hat bei keinem europäischen Krieg etwas zu gewinnen. Was wir wollen, ist Freiheit und Unabhängigkeit. Aus diesen Absichten heraus waren wir auch bereit, mit all unseren Nachbarstaaten Nichtangriffspakte abzuschließen. Wenn wir davon Litauen ausnehmen, so geschieht dies nicht deshalb, weil wir dort einen Krieg wünschen, sondern weil wir nicht mit einem Staat politische Verträge eingehen können, der die primitivsten Gesetze des menschlichen Zusammenlebens mißachtet. Es ist traurig genug, daß durch die zersplitterte Lagerung der europäischen Völker sich in manchen Fällen eine praktische Grenzziehung in den Nationalitäten entsprechenden Nationalgrenzen nur schwer verwirklichen läßt, oder daß durch gewisse Verträge auf die nationale Zusammengehörigkeit bewußt keine Rücksicht genommen wurde. Es ist dann aber erst recht nicht notwendig, daß man Menschen, die ohnehin schon von dem Unglück betroffen sind, von ihrem anestammten Volk weggerissen zu sein, außerdem noch quält und mißhandelt. In einer großen internationalen Zeitung las ich vor wenigen Wochen die Bemerkung, daß Deutschland doch leicht auf das Memelgebiet Verzicht leisten könne, es sei ohnehin schon groß genug. Dieser edle menschenfreundliche Skribent vergißt nur eines, daß 140.000 Menschen endlich ja auch ein eigenes Lebensrecht besitzen, daß es sich gar nicht darum handelt, ob Deutschland sie will oder nicht will, sondern darum, ob sie selbst Deutsche oder keine Deutschen sein möchten.
Sie sind Deutsche. Man hat sie durch einen nachträglich sanktionierten Überfall, der mitten im Frieden stattfand, vom Reiche weggerissen, und zur Strafe dafür, daß sie nun dennoch am deutschen Volkstum hängen, werden sie verfolgt, gefoltert und auf das barbarischste mißhandelt. Was würde man wohl in England oder in Frankreich sagen, wenn ein solch trauriges Schicksal Angehörigen dieser Nationen zustoßen würde! Wenn das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Volk durch Menschen, die man gegen jedes Recht und Naturempfinden von einem solchen Volke weggerissen hat, als strafwürdiges Verbrechen gilt, dann heißt dies, daß man Menschen selbst das Recht bestreitet, das jedem Tier noch zugebilligt wird; Das Recht der Anhänglichkeit an den alten Herrn und die alte angeborene Gemeinschaft. Aber 140.000 Deutsche in Litauen werden sogar unter diese Rechte gestellt.
Wir haben daher keine Möglichkeit, solange es den verantwortlichen Garanten des Memelstatuts ihrerseits nicht möglich ist, Litauen zum Respekt der primitivsten Menschenrechte zurückzuführen, unsererseits mit diesem Staat irgendeinen Vertrag abzuschließen.
Mit dieser Ausnahme aber – die jederzeit von den dafür verantwortlichen Großmächten behoben werden kann – sind wir bereit, jedem angrenzenden europäischen Staat durch einen Nichtangriffs- und Gewaltausschließungs-Vertrag jenes Gefühl der Sicherheit zu erhöhen, das ja auch uns als Gegenseite zugute kommt. Wir haben aber nicht die Möglichkeit, solche Verträgt durch Beistandsverpflichtungen zu ergänzen, die weitanschaulich, politisch und sachlich für uns untragbar sind. Der Nationalsozialismus kann nicht die Angehörigen des deutschen Volkes, d. h. seine Anhänger, zum Kampf aufrufen für die Erhaltung eines Systems, das in unserem eigenen Staat zumindest als unser grimmigster Feind in Erscheinung tritt.
Die Verpflichtung zum Frieden: ja! Eine Kampfhilfe des Bolschewismus wünschen wir selbst nicht und wären auch nicht in der Lage, sie zu geben.
Im übrigen sehen wir in dem Abschluß der uns bekanntgewordenen Beistandspakte eine Entwicklung, die sich in nichts mehr unterscheidet von der Bildung der früheren militärischen Allianzen. Wir bedauern dies besonders deshalb, weil durch das zwischen Frankreich und Rußland abgeschlossene Militärbündnis ohne Zweifel in den einzig klaren und wirklich wertvollen gegenseitigen Sicherheitsvertrag in Europa, nämlich den Locarno-Pakt, ein Element der Rechtsunsicherheit hineingetragen wird. Die wohl aus ähnlichen Befürchtungen heraus in letzter Zeit von verschiedenen Seiten vorgetragenen Interpellationen über die infolge dieses neuen Bündnisses gegebenen Rechtsverpflichtungen beweisen sowohl durch die Fragestellungen als auch durch die Beantwortung, wie groß die Zahl der dadurch ermöglichten Fälle ist, die jedenfalls zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß geben können. Die deutsche Reichsregierung wird besonders dankbar sein, eine authentische Interpretation der Rückwirkungen und Auswirkungen des russisch-französischen Militärbündnisses auf die Vertragspflichten der einzelnen Vertragspartner es Locarno-Paktes zu erhalten. Sie möchte auch keinen Zweifel über ihre eigene Auffassung aufkommen lassen, daß sie diese Militärallianzen als unvereinbar mit dem Geist und dem Buchstaben des Völkerbundsstatuts hält.
Nicht weniger unmöglich als die Übernahme unbegrenzter Beistandsverpflichtungen erscheint uns die Unterzeichnung von Nichteinmischungspakten, solange dieser Begriff nicht eine genaueste Definition erfährt. Denn an sich hätten wir Deutsche den allermeisten Grund, uns zu freuen, wenn endlich ein Weg oder eine Methode gefunden werden könnten, um die Einflußnahme auf das innere politische Leben der Völker durch Kräfte von außen zu unterbinden und zu verhindern. Seit Beendigung des Weltkrieges ist ja Deutschland ein Opfer solcher fortgesetzter Störungen. Unsere Kommunistische Partei war die Sektion einer im Ausland verankerten und von dort dirigierten politischen Bewegung. Alle Aufstände in Deutschland erhielten von außen ihre geistige Führung und materielle Förderung. Das ist übrigens der anderen Welt ganz genau bekannt, hat sie aber nie sonderlich aufgeregt!
Eine Armee von Emigranten ist im Ausland gegen Deutschland tätig. In Prag, Paris und anderen Städten werden fortgesetzt revolutionäre deutsche Zeitungen gedruckt und nach Deutschland geschmuggelt. Öffentliche Aufrufe zu Gewalttaten finden nicht nur in diesen Organen, sondern auch in sonstigen großen Blättern bereitwillige Aufnahme.
Sogenannte „schwarze“ Sender fordern von dort aus in Deutschland zu Attentaten auf. Wieder andere Sender machen in deutscher Sprache Propaganda für in Deutschland verbotene Terrororganisationen. Gerichtshöfe werden im Ausland in voller Offenheit gebildet und versuchen, von außen her in die deutsche Rechtspflege einzugreifen usw. usw. So sehr wir also selbst interessiert sind, solche Versuche und Methoden zu beseitigen, so groß scheint uns die Gefahr zu sein, daß bei einer nicht ganz genauen Definition solcher Vorgänge ein Regime, das im Innern eines Staates über keine andere Rechtsgrundlage als die der Gewalt verfügt, jede innere Erhebung sofort als auf äußeren Einfluß zurückzuführende Einmischung umzudeuten versucht, und nun zu seiner Selbsterhaltung die vertragliche Waffenhilfe fordert.
Daß in Europa die politischen Grenzen nicht die Ideengrenzen sind und sein können, kann schwerlich bestritten werden.
Seit der Einführung des Christentums haben sich in ununterbrochener Folge bestimmte Ideen in der europäischen Völkerund Schicksalsfamilie verbreitet und über alle staatlichen und nationalen Grenzen hinweg Brücken geschlagen und verbindende Elemente geschaffen. Wenn z. B. ein ausländisches Kabinettsmitglied bedauert, daß im heutigen Deutschland bestimmte, im Westen Europas gültige Vorstellungen zurzeit nicht mehr anerkannt werden, so müßte es eigentlich um so verständlicher sein, wenn umgekehrt deutsche Gedanken des Reiches an dem einen oder anderen deutschen Land nicht spurlos vorübergehen können.
Deutschland hat weder die Absicht noch den Willen, sich in die inneren österreichischen Verhältnisse einzumengen, Österreich etwa zu annektieren oder anzuschließen. Das deutsche Volk und die deutsche Regierung haben aber aus dem einfachen Solidaritätsgefühl gemeinsamer nationaler Herkunft den begreiflichen Wunsch, daß nicht nur fremden Völkern, sondern auch dem deutschen Volk überall das Selbstbestimmungsrecht gewährleistet wird.
Ich selbst glaube, daß auf die Dauer kein Regime, das nicht im Volke verankert, vom Volke getragen und vom Volke gewünscht wird, Bestand haben kann.
Wenn zwischen Deutschland und der zu einem großen Prozentsatz auch deutschen Schweiz solche Schwierigkeiten nicht bestehen, darin einfach deshalb, weil die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Schweiz eine tatsächliche ist, und weil niemand zweifelt, in ihrer Regierung den wirklichen legalen Ausdruck des Volkswillens zu sehen.
Wir Deutsche haben aber allen Anlaß zufrieden zu sein, daß sich an unserer Grenze ein Staat mit einer zu einem hohen Teil deutschen Bevölkerung bei großer innerer Festigkeit und im Besitz einer wirklichen und tatsächlichen Unabhängigkeit befindet. Die deutsche Regierung bedauert die durch den Konflikt mit Österreich bedingte Spannung um so mehr, als dadurch eine Störung unseres früher so guten Verhältnisses zu Italien eingetreten ist, einem Staat, mit dem wir sonst keinerlei Interessengegensätze besitzen.
Wenn ich von diesen allgemeinen Betrachtungen nun übergehe zu einer präziseren Fixierung der vorliegenden aktuellen Probleme, so komme ich zu folgender Stellungnahme der deutschen Reichsregierung:
- 1. Die deutsche Reichsregierung lehnt die am 17. April erfolgte Genfer Entschließung ab. Nicht Deutschland hat den Vertrag von Versailles einseitig gebrochen, sondern das Diktat von Versailles wurde in den bekannten Punkten einseitig verletzt und damit außer Kraft gesetzt durch jene Mächte, die sich nicht entschließen konnten, der von Deutschland verlangten Abrüstung die vertraglich vorgesehene eigene folgen zu lassen. Die durch diesen Beschluß in Genf Deutschland zugefügte neue Diskriminierung macht es der deutschen Reichsregierung unmöglich, in diese Institution zurückzukehren, ehe nicht die Voraussetzungen für eine wirkliche gleiche Rechtslage aller Teilnehmer geschaffen ist. Zu dem Zweck erachtet es die deutsche Reichsregierung als notwendig, zwischen dem Vertrag von Versailles, der aufgebaut ist auf der Unterscheidung der Nationen in Sieger und Besiegte, und dem Völkerbund, der aufgebaut sein muß auf der Gleichbewertung und Gleichberechtigung all seiner Mitglieder, eine klare Trennung herbeizuführen. Diese Gleichberechtigung muß sich auf alle Besitzrechte im internationalen Leben erstrecken.
- 2. Die deutsche Reichsregierung hat infolge der Nichterfüllung der Abrüstungsverpflichtungen durch die anderen Staaten sich ihrerseits loszesagt von den Artikeln, die infolge der nunmehr einseitigen vertragswidrigen Belastung Deutschlands eine Diskriminierung der deutschen Nation für unbegrenzte Zeit darstellen. Sie erklärt aber hiermit feierlichst, daß sich diese ihre Maßnahmen ausschließlich auf die moralisch und sachlich das deutsche Volk diskriminierenden und bekanntgegebenen Punkte bezieht. Die deutsche Regierung wird daher die sonstigen, das Zusammenleben der Nationen betreffenden Artikel, einschließlich der territorialen Bestimmungen, unbedingt respektieren und die im Wandel der Zeiten unvermeidlichen Revisionen nur auf dem Wege einer friedlichen Verständigung durchführen.
- 3. Die deutsche Reichsregierung hat die Absicht, keinen Vertrag zu unterzeichnen, der ihr unerfüllbar erscheint, sie wird aber jeden freiwillig unterzeichneten Vertrag, auch wenn seine Abfassung vor ihrem Regierungs- und Machtantritt stattfand, peinlich einhalten. Sie wird insbesondere daher alle aus dem Locarno-Pakt sich ergebenden Verpflichtungen so lange halten und erfüllen, als die anderen Vertragspartner auch ihrerseits bereit sind, zu diesem Pakte zu stehen. Die deutsche Reichsregierung sieht in der Respektierung der entmilitarisierten Zone einen für einen souveränen Staat unerhört schweren Beitrag zur Beruhigung Europas. Sie glaubt aber darauf hinweisen zu müssen, daß die fortgesetzten Truppenvermehrungen auf der anderen Seite keineswegs als eine Ergänzung dieser Bestrebungen anzusehen sind.
- 4. Die deutsche Reichsregierung ist jederzeit bereit, sich an einem System kollektiver Zusammenarbeit zur Sicherung des europäischen Friedens zu beteiligen, hält es aber dann für notwendig, dem Gesetz der ewigen Weiterentwicklung durch die Offenhaltung vertraglicher Revisionen entgegenzukommen. Sie sieht in der Ermöglichung einer geregelten Vertragsentwicklung ein Element der Friedenssicherung, in dem Abdrosseln jeder notwendigen Wandlung eine Aufstauung für spätere Explosionen.
- 5. Die deutsche Reichsregierung ist der Auffassung, daß der Neuaufbau einer europäischen Zusammenarbeit sich nicht in den Formen einseitig aufoktroyierter Bedingungen vollziehen kann. Sie glaubt, daß es richtig ist, sich angesichts der nicht immer gleichgelagerten Interessen stets mit einem Minimum zu begnügen, statt diese Zusammenarbeit infolge eines unerfüllbaren Maximums an Forderungen scheitern zu lassen. Sie ist weiter der Überzeugung, daß sich diese Verständigung mit einem großen Ziel im Auge nur schrittweise vollziehen kann.
- 6. Die deutsche Reichsregierung ist grundsätzlich bereit, Nichtangriffspakte mit ihren einzelnen Nachbarstaaten abzuschließen und diese durch alle Bestimmungen zu ergänzen, die auf eine Isolierung der Kriegführenden und eine Lokalisierung des Kriegsherdes abzielen. Sie ist insbesondere bereit zur Übernahme aller Verpflichtungen, die sich daraus für die Lieferung von Materialien und Waffen im Frieden oder Krieg ergeben mögen und von allen Partnern übernommen und respektiert werden.
- 7. Die deutsche Reichsregierung ist bereit, zur Ergänzung des Locarno-Paktes einem Luftabkommen zuzustimmen und in seine Erörterungen einzutreten.
- 8. Die deutsche Reichsregierung hat das Ausmaß des Aufbaues der neuen deutschen Wehrmacht bekanntgegeben. Sie wird davon unter keinen Umständen abgehen. Sie sieht weder zu Lande, noch zur Luft, noch zur See in der Erfüllung ihres Programms irgendeine Bedrohung einer anderen Nation. Sie ist aber jederzeit bereit, in ihrer Waffenrüstung jene Begrenzungen vorzunehmen, die von den anderen Staaten ebenfalls übernommen werden. Die deutsche Reichsregierung hat von sich aus bereits bestimmte Begrenzungen ihrer Absichten mitgeteilt. Sie hat damit am besten ihren guten Willen gekennzeichnet, ein unbegrenztes Wettrüsten zu vermeiden. Ihre Begrenzung der deutschen Luftrüstung auf den Stand einer Parität mit den einzelnen anderen westlichen großen Nationen ermöglicht jederzeit die Fixierung einer oberen Zahl, die dann miteinzuhalten sich Deutschland bindend verpflichten wird. Die Begrenzung der deutschen Marine liegt mit 35 Prozent der englischen mit noch 15 Prozent unter dem Gesamttonnagement der französischen Flotte. Da in den verschiedenen Pressekommentaren die Meinung besprochen wurde, daß diese Forderung nur ein Beginn sei und sich insbesondere mit dem Besitz von Kolonien erhöhen würde, erklärt die deutsche Reichsregierung bindend: Diese Forderung ist für Deutschland eine endgültige und bleibende. Deutschland hat weder die Absicht, noch die Notwendigkeit oder das Vermögen, in irgendeine neue Flottenrivalität einzutreten. Die deutsche Reichsregierung erkennt von sich aus die überragende Lebenswichtigkeit und damit die Berechtigung eines dominierenden Schutzes des britischen Weltreiches zur See an, genau so wie wir umgekehrt entschlossen sind, alles Notwendige zum Schutze unserer eigenen kontinentalen Existenz und Freiheit zu veranlassen. Die deutsche Regierung hat die aufrichtige Absicht, alles zu tun, um zum britischen Volk und Staat ein Verhältnis zu finden und zu erhalten, das eine Wiederholung des bisher einzigen Kampfes zwischen beiden Nationen für immer verhindern wird.
- 9. Die deutsche Reichsregierung ist bereit, sich an allen Bestrebungen aktiv zu beteiligen, die zu praktischen Begrenzungen uferloser Rüstungen führen können. Sie sieht den zur Zeit einzig möglichen Weg hierzu in einer Rückkehr zu den Gedankengängen der einstigen Genfer Konvention des Roten Kreuzes. Sie glaubt zunächst nur an die Möglichkeit einer schrittweisen Abschaffung und Verfemung von Kampfmitteln und Kampfmethoden, die ihrem innersten Wesen nach im Widerspruch stehen zur bereits geltenden Genfer Konvention des Roten Kreuzes. Sie glaubt dabei, daß ebenso wie die Anwendung von Dumdumgeschossen einst verboten und im großen ganzen damit auch praktisch verhindert wurde, auch die Anwendung anderer bestimmter Waffen zu verbieten und damit auch praktisch zu verhindern ist. Sie versteht darunter alle jene Kampfwaffen, die in erster Linie weniger den kämpfenden Soldaten, als vielmehr den am Kampfe selbst unbeteiligten Frauen und Kindern Tod und Vernichtung bringen. Die deutsche Reichsregierung hält den Gedanken, Flugzeuge abzuschaffen, aber das Bombardement offenzulassen, für irrig und unwirksam. Sie hält es aber für möglich, die Anwendung bestimmter Waffen international als völkerrechtswidrig zu verbannen und die Nationen, die sich solcher Waffen dennoch bedienen, als außerhalb der Menschheit und ihrer Rechte und Gesetze stehend zu verfemen. Sie glaubt auch hier, daß ein schrittweises Vorgehen am ehesten zum Erfolg führen kann. Also: Verbot des Abwerfens von Gas-, Brand- und Sprengbomben außerhalb einer wirklichen Kampfzone. Diese Beschränkung kann bis zur vollständigen internationalen Verfemung des Bombenabwurfs überhaupt fortgesetzt werden. Solange aber der Bombenabwurf als solcher freisteht, ist jede Begrenzung der Zahl der Bombenflugzeuge angesichts der Möglichkeit des schnellen Ersatzes fragwürdig. Wird der Bombenabwurf aber als solcher als völkerrechtswidrige Barbarei gebrandmarkt, so wird der Bau von Bombenflugzeugen damit bald als überflüssig und zwecklos von selbst sein Ende finden. Wenn es einst gelatig, durch die Genfer Rote-Kreuz-Konvention die an sich mögliche Tötung des wehrlos gewordenen Verwundeten oder Gefangenen allmählich zu verhindern, dann muß es genau so möglich sein, durch eine analoge Konvention den Bombenkrieg gegen die ebenfalls wehrlose Zivilbevölkerung zu verbieten und endlich überhaupt zur Einstellung zu bringen. Deutschland sieht in einer solchen grundsätzlichen Anfassung dieses Problems eine größere Beruhigung und Sicherheit der Völker, als in allen Beistandspakten und Militärkonventionen.
- 10. Die deutsche Reichsregierung ist bereit, jeder Beschränkung zuzustimmen, die zu einer Beseitigung der gerade für den Angriff besonders geeigneten schwersten Waffen führt. Diese Waffen umfassen erstens schwerste Artillerie und zweitens schwerste Tanks. Angesichts der ungeheuren Befestigungen der französischen Grenze würde eine solche internationale Beseitigung der schwersten Angriffswaffen Frankreich automatisch in den Besitz einer geradezu hundertprozentigen Sicherheit bringen.
- 11. Deutschland erklärt sich bereit, jeder Begrenzung der Kaliberstärken der Artillerie, der Schlachtschiffe, Kreuzer und Torpedoboote zuzustimmen. Desgleichen ist die deutsche Reichsregierung bereit, jede internationale Begrenzung der Schiffsgrößen zu akzeptieren. Und endlich ist die deutsche Reichsregierung bereit, der Begrenzung des Tonnengehalts der U-Boote oder auch ihrer vollkommenen Beseitigung für den Fall einer internationalen gleichen Regelung zuzustimmen. Darüber hinaus aber gibt sie abermals die Versicherung ab, daß sie sich überhaupt jeder internationalen und im gleichen Zeitraum wirksam werdenden Waffenbegrenzung oder Waffenbeseitigung anschließt.
- 12. Die deutsche Reichsregierung ist der Auffassung, daß alle Versuche, durch internationale oder mehrstaatliche Vereinbarungen eine wirksame Milderung gewisser Spannungen zwischen einzelnen Staaten zu erreichen, vergeblich sein müssen, solange nicht durch geeignete Maßnahmen einer Vergiftung der öffentlichen Meinung der Völker durch unverantwortliche Elemente in Wort und Schrift, Film und Theater erfolgreich vorgebeugt wird.
- 13. Die deutsche Reichsregierung ist jederzeit bereit, einer internationalen Vereinbarung zuzustimmen, die in einer wirksamen Weise alle Versuche einer Einmischung von außen in andere Staaten unterbindet und unmöglich macht. Sie muß jedoch verlangen, daß eine solche Regelung international wirksam wird und allen Staaten zugute kommt. Da die Gefahr besteht, daß in Ländern mit Regierungen, die nicht vom allgemeinen Vertrauen ihres Volkes getragen sind, innere Erhebungen von interessierter Seite nur zu leicht auf äußere Einmischung zurückgeführt werden können, erscheint es notwendig, den Begriff „Einmischung“ einer genauen internationalen Definition zu unterziehen.
Abgeordnete, Männer des deutschen Reichstags!
Ich habe mich bemüht, Ihnen ein Bild der Auffassungen zu geben, die uns heute bewegen. So groß auch die Besorgnisse im einzelnen sein mögen, ich halte es mit meinem Verantwortungsgefühl als Führer der Nation und Kanzler des Reiches unvereinbar, auch nur einen Zweifel über die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Friedens auszusprechen. Die Völker wollen ihn. Es muß den Regierungen möglich sein, ihn zu bewahren! Ich glaube, daß die Wiederherstellung der deutschen Wehrkraft zu einem Element dieses Friedens werden wird. Nicht weil wir beabsichtigen, sie zu einer sinnlosen Größe zu steigern, sondern weil die einfache Tatsache ihrer Existenz ein gefährliches Vakuum in Europa beseitigt. Deutschland hat nicht die Absicht, seine Rüstungen ins Uferlose zu steigern. Wir besitzen keine zehntausend Bombenflugzeuge und werden sie auch nicht bauen, im Gegenteil: Wir haben uns selbst jene Begrenzung auferlegt, die nach unserer Überzeugung den Schutz der Nation gewährleistet, ohne gegen den Gedanken einer kollektiven Sicherheit und ihrer Regelung zu verstoßen. Wir würden am glücklichsten sein, wenn eine solche Regelung uns die Möglichkeit geben würde, den Fleiß unseres Volkes für nützlichere Produktionen verwenden zu können, als für die Herstellung von Instrumenten zur Zerstörung von Menschenleben und Gütern.
Wir glauben, daß, wenn die Völker der Welt sich einigen könnten, ihre gesamten Brand-, Gas- und Sprengbomben gemeinsam zu vernichten, dies eine billigere Angelegenheit wäre, als sich mit ihnen gegenseitig zu zerfleischen. Wenn ich so spreche, dann rede ich nicht mehr als Vertreter eines wehrlosen Staates, dem eine solche Handlung anderer keine Verpflichtungen, sondern nur Vorteile bringen könnte. Es ist nicht meine Absicht, mich an der in letzter Zeit an verschiedenen Orten eingerissenen Diskussion über den Wert anderer, oder der eigenen Armee, über den fehlenden Mut fremder und die hervorragende Tapferkeit der eigenen Soldaten zu beteiligen.
Wir alle wissen, wie viele Millionen kühner und todesmutiger Gegner uns leider im Weltkrieg gegenübergestanden sind. Uns Deutschen aber kann die Geschichte sicherlich öfter das Zeugnis ausstellen, daß wir die Kunst des vernünftigen Lebens weniger verstanden haben, als die Kunst des anständigen Sterbens. Ich weiß, der Deutsche wird als Soldat, wenn je die Nation angegriffen würde, unter dem Eindruck der anderthalb Jahrzehnte langen Belehrung über das Schicksal besiegter Völker mehr denn je seine Pflicht erfüllen. Diese sichere Überzeugung ist für uns alle die Last einer schweren Verantwortung, und damit eine höchste Verpflichtung.
Ich kann die heutige Rede vor Ihnen, meine Mitkämpfer und Vertrauensmänner der Nation, nicht besser schließen, als durch die Wiederholung unseres Bekenntnisses zum Frieden.
Die Art unserer neuen Verfassung gibt uns die Möglichkeit, in Deutschland den Kriegshetzern das Handwerk zu legen. Möge es auch den anderen Völkern gelingen, der wahren Sehnsucht ihres Inneren mutigen Ausdruck zu verleihen! Wer in Europa die Brandfackel des Krieges erhebt, kann nur das Chaos wünschen.
Wir aber leben in der festen Überzeugung, daß sich in unserer Zeit nicht erfüllt der Untergang des Abendlandes, sondern seine Wiederauferstehung. Daß Deutschland zu diesem großen Werk einen unvergänglichen Beitrag liefern möge, ist unsere stolze Hoffnung und unser unerschütterlicher Glaube.
Die in der Freiburger Zeitung veröffentlichte vollständige Rede ohne die erwähnten Erklärungen der ausländischen Politiker: