Ruppin (Herrschaft)
Ruppin war eine Herrschaft in Brandenburg.
Die Grafen von Lindow waren eine Nebenlinie der Grafen von Arnstein, die vom schwäbischen Geschlecht derer von Streußlingen abstammen und deren Hauptlinie 1292/96 mit dem Eintritt von drei Brüdern in den Deutschen Orden erlosch. Der Name "Grafen von Arnstein" wurde Ende des 12. Jahrhunderts angenommen, nachdem die edelfreien Herren von Arnstedt bei Aschersleben am Ostharz 1135 die Burg Arnstein bauten.
Der Doppelname „Lindow-Ruppin“ führt bis heute zu Verwirrungen. Eine Grafschaft oder einen Grafen von Lindow-Ruppin gab es nie, da nur Lindow eine Grafschaft, Ruppin aber eine Herrschaft war. Gunther I., um 1230 in Ruppin geboren, nannte sich noch „von Arnstein und Mühlingen, Herr zu Ruppin“. Erst sein Sohn Ulric I., geboren etwa 1253, nannte sich „Graf von Lindow“. „Lindow-Ruppin“ oder nur "Grafschaft Ruppin" bildete sich im Laufe der Zeit als eine Abkürzung heraus, da bis zum Erlöschen des Adelsgeschlechts Grafschaft und Herrschaft praktisch immer im Besitz der gleichen Familie waren. Selbst Theodor Fontane saß diesem Irrtum auf, als er eins seiner Werke aus den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" "Die Grafschaft Ruppin" nannte.
Geschichte
Ruppin war ursprünglich eine germanische Burg. Nicht früher als zwischen 1200 und 1220 ist damit zu rechnen, daß der erste Arnsteiner, Gebhard von Arnstein, die Burg Ruppin übernahm. Die Besitzverhältnisse in den 50 Jahren davor sind ungeklärt. Gebhard nannte sich noch „Vogt von Leitzkau, Graf von Lindau“.
Beide Orte waren um 1200 Arnstein'sche Besitzungen rechts der Elbe südöstlich von Magdeburg. Unter Gebhard wurde in Nachbarschaft der Burg eine deutsche Befestigung gebaut und wenig später in etwa drei km Entfernung eine Siedlung, deren schnell steigende Bedeutung Ruppin schon 1238 den Namen „Olden Rupyn“ einbrachte.
Das neue Ruppiner Adelsgeschlecht muß sich schnell vergrößert haben, so daß sich bald die Notwendigkeit ergab, die unverheiratet gebliebenen Töchter in einem Nonnenkloster unterzubringen. Das wurde als Hauskloster noch unter der Hand von Gebhard von Arnstein zwischen 1230 und 1250 in den Wäldern nordöstlich von Ruppin gegründet. Der Name Lindow leitet sich dabei höchstwahrscheinlich vom Personennamen ab: „Kloster des Grafen von Lindau“.
Die zweite Klostergründung erfolgte bereits 1246; das Dominikanerkloster in Neuruppin wurde ebenfalls von Gebhard von Arnstein gestiftet. Erster Prior wurde der jüngste Bruder Gebhards, Wichmann von Arnstein (geboren um 1185), vormals Prior des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg
Noch war Ruppin der Zentralort. So wurden von dort aus durch den Sohn Gebhards, Gunther I., dem Klosterort Neuruppin am 9. März 1256 die Stadtrechte verliehen (Stendaler Recht).
Politisches Wirken
Die Familie derer von Lindow-Ruppin lässt sich als ausgesprochen geschäftstüchtig, umtriebig und politisch geschickt bezeichnen. Bereits einer ihrer ersten Entschlüsse, das günstiger gelegene Neuruppin zum zentralen Ort der Herrschaft zu machen, erwies sich als weit vorausschauend. Durch Heiraten wurde dafür gesorgt, dass die Beziehungen zum nördlich benachbarten Mecklenburg friedlich blieben, aber auch die Verbindungen zur alten "Heimat", den altmärkischen und anhaltinischen Herrscherhäusern, nicht abrissen.
Das unruhige 14. Jahrhundert brachte ihrem Herrschaftsgebiet wesentliche Zugewinne. Um gegen die Einfälle der Pommern geschützt zu sein, bauten bzw. übernahmen sie die Grenzfesten Rheinsberg und Fürstenberg/Havel. Noch 1317 erhielten sie vom Markgrafen Waldemar Wusterhausen. Bereits 1319, dem Jahr des Erlöschens der Askanier, übernahmen sie das Land Gransee östlich von Lindow. Zwischenzeitlich mußten sie auch Ländereien um Rathenow und Friesack besessen haben, die sie jedoch 1334 wieder abgeben mußten. Da ihnen der Markgraf Ludwig der Ältere von Brandenburg größere Summen Geldes schuldete, wurde ihnen ihr Recht auf den Besitz von Gransee und Wusterhausen (jeweils mit dazugehörigen Dörfern) erneut zugesprochen und 1347 noch einmal bestätigt. 1349 verkauften sie Fürstenberg und erwarben Besitzungen im Havelland (Glien, Rhinow und um Bötzow, dem späteren Oranienburg).
Nicht alle Grafen hatten so eine glückliche Hand: 1370 verpfändete Albrecht Graf zu Lindow seine Grafschaft für 1300 Mark Brandenburgisches Silber an Fürst Johann zu Anhalt. Weitere Dörfer mußten verkauft werden. Nach einem Vertrag von 1377 mit Kaiser Karl IV. mußte Albrecht sogar die Ländchen Glien und Rhinow wieder herausgeben. 1381 wollte Albrecht VI. von Lindow-Ruppin das Schloss Möckern und dazugehörige Dörfer kaufen, konnte aber die Kaufsumme nicht aufbringen.
Das 15. Jahrhundert brachte wieder Landgewinne. So gehörte ihnen ab 1407 Neustadt und ab 1440 einige niederbarnimsche Dörfer um Birkenwerder. Mitte des 15. Jahrhunderts umfasste die Herrschaft wieder das alte Kerngebiet um Neu- und Altruppin, Wusterhausen, Gransee, Rheinsberg und viele königliche- und Rittergüter im Umkreis. Trotzdem musste Geldmangel an der Tagesordnung gewesen sein: 1461 verkaufte Graf Albrecht d. J. die Grafschaft Lindow an Adolph zu Anhalt und dessen Bruder Albrecht, unter dem Vorbehalt des Wiederkaufs und Behalten seines Titels Graf zu Lindow und Herr zu Ruppin, obwohl er ja nur noch Ruppin besaß.
Im Jahre 1500 wurde Johann III. von Lindow von Erzbischof Ernst des Magdeburger Stifts mit Möckern belehnt. Sein Nachfolger nannte sich "Jakob Graf von Lindow, Herr zu Ruppin und Möckern". 1520 übernahm Wichmann von Lindow die Grafschaft, starb aber schon 4 Jahre später. Damit erlosch 1524 das gräfliche Haus derer von Lindow. Die Besitzungen fielen dem Kurfürsten zu.
1577 überließ der Kurfürst von Brandenburg Lindow dem Hause Anhalt als Mannlehen. Möckern fiel an das Erzstift Magdeburg zurück.
Mehrmals regierten mehrere Brüder zusammen. Diese Tatsache ist aber nur aus wenigen Verträgen bezeugt, daher wird hier nur der jeweilige Erbe des Grafentitels genannt. Trotz des problematischen Doppelnamens wurde er in der Auflistung beibehalten, wenn er den Quellen entsprach. Einige aus dem Grafengeschlecht derer von Lindow traten in die Dienste der katholischen Kirche, wie z. B. Burkhard II., Graf von Lindow-Ruppin, der 1348-1370 Bischof von Havelberg war.