Trilogie auf Frau Pohl
Trilogie auf Frau Pohl ist ein Lied des Sängers Reinhard Mey, das 1966 auf der EP „25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki“ erschien.
Text
Teil 1: Hymne auf Frau Pohl
- Im Zimmer ist Mief
- Die Türe hängt schief
- ’s zieht mörderisch durchs Fenster
- Und dann gibt’s Gespenster
- Die nachts hier tanzen
- Und zahlreiche Wanzen
- In den zerschlissenen Betten
- Die Tapete ist nicht mehr zu retten
- Hat Risse schon an allen Enden
- Liegt allein an den schiefen Wänden
- Drei Dielen liegen noch im Zimmer
- Mit zwei’n wär’ es weitaus schlimmer
- Dafür hat der Tisch nur zwei Beine –
- Na ja, besser als keine
- Ach, du himmlisch gemütliche Wohnstatt
- Für achtzig D-Mark im Monat
- Alles inclusive, außer der Liebe
- Denn Damenbesuch ist bei mir nicht drin
- Hier bestimmt eine keusche Vermieterin
- Auf Ihr Wohl
- Alte, fette Frau Pohl!
Teil 2: Gespräch mit Frau Pohl
- Also, liebe Frau Pohl, nun komm’n Se mal rein,
- Komm’n Se nicht an den Tisch, der hat nur noch ein Bein!
- Sie meinen, es war einfach grauenvoll
- Was hier gestern abend passiert sein soll
- Sie sagen, ich hätte da drei Herrn zu Besuch
- Und aus meinem Zimmer drang Schnapsgeruch
- Dann hätten wir was über Sie gesungen
- Und dann hätt’s wie zerschmetternde Möbel geklungen
- Als ob Schränke zerbersten und Fenster zerschellen ...
- Frau Pohl, das kann ich mir gar nicht vorstellen
- Sie sagen, dann sind wir zu Ihnen gekommen
- Und hätten uns erst richtig danebenbenommen
- Sie sagen, Herr Franz goß im Delirium
- Drei Flaschen Korn ins Aquarium
- Herr Schobert habe, wie Sie sagen
- Die letzten Dielen aus meinem Zimmer getragen
- Und damit, als es kühl ward zur Nacht
- Ein Feuerchen auf Ihrem Teppich gemacht
- Mit den Worten: „Ach, die Alte, die wird’s schon erlauben“
- Frau Pohl, das kann ich gar nicht glauben
- Beim Abschied schließlich, im Morgengraun
- Erlegte Herr Wader den Gartenzaun
- Und die anderen seien auch erst gewichen
- Nachdem sie Ihre Katze grün angestrichen
- Sie meinen, die Herren wären nicht
- So ganz der richtige Umgang für mich
- Bei meinem Mietrückstand und dem Schaden
- Sollt’ ich sie heute abend nicht schon wieder einladen
- Na schön, wir woll’n uns nicht mehr böse sein
- Ich lad Sie auf ein Glas Alka Seltzer ein ...
- Auf Ihr Wohl
- Hochverehrte Frau Pohl!
Teil 3: Aussöhnung mit Frau Pohl
- Es klopft an meiner Tür um Mitternacht
- Das hält meine Tür natürlich nicht aus und zerkracht –
- „Komm’n Se rein, Frau Pohl, Vorsicht bitte sehr!
- Hier gibt’s nämlich jetzt gar keine Dielen mehr
- Und man ist in diesen heiligen Hallen
- Eh’ man sich versieht, durch den Fußboden gefallen
- Was bringt mir die Ehre Ihrer Visite?
- Probier’n Sie’s mal wieder wegen der Miete?
- Nein! Wie Sie so von einem auf’s andre Bein wanken
- Da ahn’ ich’s schon, Sie woll’n sich bei mir bedanken
- Dafür, daß meine drei Freunde und ich
- In Ihrer Abwesenheit fein säuberlich
- Den Flurschaden und das Kleinholz wegräumten
- Von unserer Feier. Sie glaubten, Sie träumten
- Als Sie die Betonmischmaschine fanden
- Wo gestern noch Ihre Rosen standen
- Herr Wader hat sich so geniert
- Und darum Ihr Wohnzimmer neu zementiert
- Und zum Zeichen, wie sehr er die Bombe bedauert
- Hat er gleich noch zwei Wände dazu gemauert
- Die machen jetzt aus Ihrem Wohnzimmer drei
- Ein Tip unter Freunden: Vermieten Sie zwei
- Der Schnaps im Aquarium ist neutralisiert
- Ihr Fisch wieder nüchtern, nur wenig schimpfiert
- Auch Ihre Katze können Sie wieder anfassen –
- Wir haben Sie chemisch reinigen lassen
- Aber um alles so schön zu gestalten
- Mußten wir uns an Ihren Sparstrumpf halten
- Doch nichts sollte Ihnen zu teuer sein
- Für so ein gemütliches Eigenheim!
- Auf Ihr Wohl
- Hochverehrte Frau Pohl!