An mein Volk (Theodor Körner)

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

An mein Volk ist ein vaterländisches Gedicht von Theodor Körner.

Text

Frisch auf, mein Volk! die Flammenzeichen[1] rauchen,
Hell aus dem Norden[2] bricht der Freiheit Licht,
Du sollst den Stahl in Feindesherzen tauchen,
Frisch auf, mein Volk, die Flammenzeichen rauchen,
Die Saat ist reif, ihr Schnitter, zaudert nicht!
Das höchste Heil, das letzte liegt im Schwerdte;
Drück dir den Speer ins treue Herz hinein.
Der Freiheit eine Gasse![3] wasch die Erde
Das deutsche Land mit deinem Blute rein.


Es ist kein Krieg, von dem die Kronen wissen
Es ist ein Kreuzzug, s'ist ein heilger Krieg
Recht, Sitte, Tugend, Glauben und Gewissen
Hat der Tyrann aus deutscher Brust gerissen
Errette sie mit deiner Freiheit Sieg.
Das Winseln deiner Greise ruft: erwache
Der Hütte Schutt verflucht die fremde Brut
Die Schande deiner Töchter schreit um Rache
Der Meuchelmord der Söhne schreit nach Blut.


Zerbrich die Pflugschar, laß den Meisel fallen,
Die Leyer still, den Webstuhl ruhig stehn
Verlasse deine Höfe, deine Hallen
Vor dessen Antlitz deine Fahnen wallen
Er will sein Volk in Waffenrüstung sehn
Denn einen großen Altar sollst du bauen
In seiner Freiheit ewgem Morgenroth
Mit deinem Schwerdt sollst du die Steine hauen
Des Tempels Grund sei seiner Helden Tod.


Was weint ihr Mädchen, warum klagt ihr Weiber
Für die der Herr die Schwerdter nicht gestählt
Wenn wir entzückt die jugendlichen Leiber
Hinwerfen in die Speere eurer Räuber[4]
Daß euch des Kampfes kühne Wollust fehlt.
Könnt ihr doch froh zu Gottes Altar treten
Für Wunden gab er ja die zarte Sorgsamkeit
Gab euch in euren herzlichen Gebeten
Den schönen reinen Sieg der Frömmigkeit.


Drum betet daß die alte Kraft erwache,
Daß wir dastehn das alte Volk des Siegs.
Die Märtyrer der heil'gen deutschen Sache
O ruft sie an als Genien der Rache
Daß sie uns schützen in dem Sturm des Kriegs.
Luise[5] schwebe seegnend um den Gatten
Geist unsers Ferdinands,[6] voran dem Zug
Und all ihr deutschen freien Heldenschatten
Mit uns, mit uns und unsrer Fahnen Flug!


Der Himmel hilft, die Hölle muß uns weichen
Drauf, wackres Volk, drauf, ruft die Freiheit, drauf
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf.
Doch stehst du dann, mein Volk, bekränzt vom
Glücke In deiner Vorzeit heilgem Siegerglanz,
Vergiß die treuen Todten nicht, und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz.

Fußnoten

  1. Flammenzeichen. Feuerzeichen, weithin sichtbares Lichtsignal zur schnellen Benachrichtigung oder Alarmierung der Truppen im Feld- und Festungskrieg
  2. Hier wird der Beginn des deutschen Widerstandes gegen Napoleon in Tauroggen (ungefähr der nördlichste Punkt Deutschlands) in Verbindung gebracht mit dem Nordlicht als einem Himmelszeichen
  3. Der sagenhafte Schweizer Arnold Winkelried entschied am 9.7.1386 den Sieg der Schweizer bei Sempach im Kampf um ihre Unabhängigkeit vom Erzherzogtum Österreich, indem er mit dem Rufe: ,Eidgenossen, ich will euch eine Gasse machen, sorgt für mein Weib und meine Kinder!` die entgegenstarrenden Lanzen der österreichischen Ritter mit seinen starken Armen umfaßte, sich in die Brust stieß und im Falle eine Lücke in die feindliche Schlachtreihe riß, in welche die Eidgenossen eindrangen.
  4. Nochmalige Anspielung auf Winkelried
  5. Die beliebte preußische Königin Luise (1776–1810), Gemahlin König Friedrich Wilhelms III, galt durch ihr Eintreten bei Napoleon für die Interessen Preußens als Symbol des Widerstandes am königlichen Hofe. Körner verfaßte zwei Gedichte auf sie, in denen unter anderem steht: „So schlummre fort, bis deines Volkes Brüder, Wenn Flammenzeichen von den Bergen rauchen, Mit Gott versöhnt die rost’gen Schwerter brauchen, Das Leben opfernd für die höchsten Güter! [...] Kommt dann der Tag der Freiheit und der Rache: Dann ruft dein Volk; dann deutsche Frau, erwache, Ein guter Engel für die deutsche Sache!" (Vor Rauchs Büste der Königin Luise. 1812.) „Und wie einst, alle Kräfte zu beleben, Ein Heil’genbild, für den gerechten Krieg Dem Heeresbanner schützend zugegeben, Als Oriflamme in die Lüfte stieg: So soll dein Bild auf unsern Fahnen schweben und soll uns leuchten durch die Nacht zum Sieg. Luise sei der Schutzgeist deutscher Sache, Luise sei das Losungswort der Rache!“ („An die Königin Luise“, 1813)
  6. Prinz Louis Ferdinand von Preußen, 1772 als Neffe Friedrichs d. Gr. geboren, kämpfte am 10.10.1806 bei Saalfeld gegen französische Übermacht (und trotz des Befehls, sich zurückzuziehen). Sein Korps wurde vernichtet, er selbst fand den Tod. – Auch auf ihn hat Körner schon im Jahre 1812 ein Gedicht verfaßt.