Wolff, Johann Christian Freiherr von

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Christian Freiherr von Wolf.jpg

Johann Christian Freiherr von Wolf[f] (* 24. Januar 1679 in Breslau; † 9. April 1754 in Halle a. S.) war ein deutscher Universalgelehrter, der sich auch mit philosophischen Fragen beschäftigte.

Leben

Zu seinem Wirken heißt es:[1]

Scharfsinniger Philosoph und Mathematiker, Professor zu Halle, 1723 wegen angeblicher Irrlehren bei Strafe des Stranges aus dem Lande verwiesen, 1740 als Geheimrath und Vicekanzler der Universität, nachdem er inzwischen in Hessen-Kassel, mit Verleihung einer Professur zu Marburg, Aufnahme gefunden hatte, zurückgerufen; popularisirte die Leibniz'sche Lehre und erlangte durch die Klarheit und Bestimmtheit, mit der er sein system entwickelte, außerordentliche Erfolge und für lange Zeit vorherrschende Geltung. Seine Werke, die er meistens lateinisch schrieb, zugleich aber in gedrängtem Auszug deutsch erscheinen ließ, sind zahlreich; die philosophischen allein füllen 22 Quartbände. Am bekanntesten sind „Vernünftige Gedanken von Gott, der welt und der Seele der Menschen, auch allen Dingen überhaupt“.


Einführung in seine Philosophie

Quelle
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Christian Wolff

Christian Wolff (geb. 1679. gest. 1754) hat die Gedanken der speculativen Philosophie von Leibnitz seiner Zeit zu vermitteln gewusst, wenn auch in einer Weise, dass Manches dabei zu Grunde ging, indem der Schulmeister den genialen Denker lehrte. Seine lehrhaften Bemühungen um die Leibnitz'schen Gedanken haben sich jener Zeit so eng mit dem Namen Leibnitz verknüpft, dass das 18. Jahrhundert nur von der Leibnitz-Wolffischen Philosophie redete. Wenn Kant es an Wolff gelobt hat, dass er durch sein systematisirendes, classifizirendes und deducirendes Verfahren dem speculativen Denken weite Anerkennung in Deutschland verschafft habe, so hindert uns die Anerkennung dieses Lobes nicht, es auszusprechen, dass der Philosophie selber durch Wolff kein bemerkenswerther neuer Gedanke zugeführt worden ist. Der Umstand, dass Wolff als Professor (in Halle) Philosophie „lehrte", mag ihm die Nothwendigkeit strenger Gliederung und Deduction besonders nahegelegt haben. Die Wissenschaft theilt er ein in rationale (Vernunftwahrheiten) und empirische (Thatsachenwahrheiten), und andererseits, geleitet von der Leibnitz'schen Unterscheidung „Vorstellen und Streben", in theoretische und praktische. Philosophie ist die rationale Wissenschaft oder Wissenschaft a priori d. i. Wissenschaft aus Begriffen abgeleitet nach dem Satze des Nichtwiderspruchs (der Identität); die empirische Wissenschaft oder Wissenschaft a posteriori steht auf dem Satz des zureichenden Grundes, den Wolff freilich nicht als selbstständigen gelten lassen, sondern auf den Satz der Identität zurückführen will. Damit nimmt Wolff, von Leibnitz abweichend zwei besondere Quellen der Erkenntniss, die Vernunft und die Erfahrung, an; wenn er auch jener allein grundlegende Bedeutung zuerkennt, so dient diese ihm nicht etwa bloss, wie dem Leibnitz, als Vorstufe für rationales Erkennen, sondern als Probe und Bestätigung rationaler Wissenschaft, und die empirische Wissenschaft ist für sich schon Wissenschaft, wenn auch nur eine solche zweiter Güte. Ja, das empirische Element kommt bei ihm so sehr zur Geltung, dass er bei seiner weiteren Eintheilung, abgesehen von der Ontologie, jeder einzelnen rationalen Wissenschaft eine empirische zur Seite stellt. Für diese weitere Eintheilung macht sich auch eine andere Abweichung von der Leibnitzschen Lehre zu Gunsten des gesunden Menschenverstandes geltend, diese nämlich, dass er freilich die einfachen Individuen des Seins als Kraftwesen immaterieller Art von Leibnitz aufnimmt, aber nicht alle auch vorstellende, sondern nur eine Gruppe vorstellende oder geistige, die anderen aber „andersartige" Kraftindividuen sein lässt, die sich dadurch kennzeichnen, dass Complexe von ihnen Körper sind. Raum gilt ihm also nicht mehr für ein phaenomenon, sondern, als etwas zum Sein Gehörendes, für die wirkliche Zusammenordnung immaterieller Kraftwesen: damit war der Gegensatz von körperlichem und geistigem Seienden wieder aufgenommen. Was nun die weitere Eintheilung der Wissenschaften betrifft, so fasst Wolff unter dem Namen Metaphysik (theoretische Philosophie) drei rationale Wissenschaften zusammen: die Theologie, Psychologie und Kosmologie, die ersten beiden behandeln die geistige, die dritte aber die Körperwelt; vor sie tritt als allgemeine Wissenschaft vom Seienden überhaupt (also abgesehen von dem Unterschied des Geistigen und Körperlichen) die Ontologie; jenen ersten drei stehen dann zur Seite drei empirische Wissenschaften: die Teleologie, empirische Psychologie und Physik. Die praktische Philosophie weist ebenfalls drei rationale Wissenschaften auf, die Ethik, Politik und Oekonomik, denen wieder drei empirische zur Seite stehen, die ethische, politische und ökonomische Technologie. Allen diesen Wissenschaften endlich stellt Wolff noch die formale Logik als das Organon der wissenschaftlichen Arbeit voran.
Von den Schülern Wolffs ist zu nennen Martin Knutzen (gest. 1751), ein Lehrer Kants, und Alexander Baumgarten (1714 bis 1762), welch letzterer als Begründer der Wissenschaft Aesthetik bekannt ist. Dieser fordert zu der Wissenschaft vom Wahren, der Logik, und zu der vom Guten, der Ethik, als dritte die Wissenschaft vom Schönen, die Aesthetik; denn die Vollkommenheit, welche dem Denken als das Wahre und dem Wollen als das Gute sich biete, stelle sich dem sinnlichen „Empfinden", wie schon Leibnitz gezeigt hatte, als Schönes dar.

Quelle: Johannes Rehmke: „Grundriss der Geschichte der Philosophie zum Selbststudium und für Vorlesungen“, 1896, S. 210ff. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!


Werke (Auswahl)

  • Die Anfangsgründe aller Mathematischen Wissenschaften (PDF-Datei)
  • Vernünftige Gedancken von der nützlichen Erlernung und Anwendung der mathematischen Wissenschaften (PDF-Datei)
  • Philosophia prima sive Ontologia (PDF-Datei)
  • Allerhand Nützliche Versuche, Dadurch Zu genauer Erkäntniß Der Natur und Kunst Der Weg gebähnet wird (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3)
  • Vernünfftige Gedancken Von Gott, Der Welt und der Seele des Menschen, Auch allen Dingen überhaupt (PDF-Datei)
  • Anmerkungen über die vernünftigen Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen (PDF-Datei)
  • Vernünftige Gedanken von der Menschen Thun und Lassen (PDF-Datei)
  • Vernünfftige Gedancken von den Würckungen der Natur (PDF-Datei)
  • Vernünfftige Gedancken von dem gebrauche der Theile (PDF-Datei)
  • Vernünftige Gedanken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und in sonderheit dem gemeinen Wesen (PDF-Datei)
  • Gesammelte kleine philosophische Schriften (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3, [Band 4?], Band 5, Band 6)
  • Entdeckung der wahren Ursache von der Wunderbahren Vermehrung des Getreydes (PDF-Datei)
  • Erläuterung der Entdeckung der wahren Ursache von der wunderbaren Vermehrung Des Getreydes (PDF-Datei)
  • Philosophia rationalis sive Logica (PDF-Datei)
  • Elementa matheseos universæ ... : qui commentationem de methodo mathematica, arithmeticam, geometriam (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3)
  • Zu der Trigonometrie und Ausziehung der Wurtzeln nöthige Tafeln (1755) (PDF-Datei)

Literatur

  • Friedrich Wilhelm Kluge: „Christian von Wolf, der Philosoph. Ein biographisches Denkmal“, 1831 (PDF-Datei)
  • „Briefe von Christian Wolff aus den Jahren 1719-1753“, 1860 (PDF-Datei)
  • „Briefwechsel zwischen Leibniz und Christian Wolf; aus den Handschriften der Koeniglichen Bibliothek zu Hannover herausgegeben“ (1860) (PDF-Datei)
  • Walther Arnsperger: „Christian Wolff's Verhältnis zu Leibniz“ (1897) (PDF-Datei)
  • Thomas Link: „Die Pädagogik des Philosophen Christian Wolff (Halle) aus seinen Werken zusammengestellt und durch seine Philosophie erläutert“ (1906) (PDF-Datei)

Verweise

Fußnoten

  1. Dreihundert Bildnisse und Lebensabrisse berühmter deutscher Männer“ von Ludwig Bechstein, Karl Theodor Gaedertz, Hugo Bürkner, Leipzig am Sedantage 1890, 5. Auflage (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!