Der Ameisenstaat

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Der Ameisenstaat
Der Ameisenstaat.jpg
Filmdaten
Deutscher Titel: Der Ameisenstaat
Produktionsland: Deutsches Reich
Erscheinungsjahr: 1935
Stab
Regie: Ulrich K. T. Schulz (Wissenschaftliche Leitung, Bearbeitung), Wolfram Junghans (Ausführung)
Ton: Ludwig Ruhe
Sprecher: Georg Heinrich Schnell
Produktion: UFA (Kulturabteilung)
Musik: Horst Hans Sieber

Der Ameisenstaat ist ein 15–Minütiger Kulturfilm von 1935. Eine weitere Aufführung fand am 16. Juni 1999 in Hamburg auf dem Kurzfilmfestival statt.

Handlung

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Seit Jahren schon bestand bei der Herstellungsleitung der UFA—Kulturfilm-Abteilung die Absicht, einen „Ameisenfilm“ durch uns ausführen zu lassen, aber immer wieder mussten wir, mein Kameramann Paul Krien und ich, zunächst davon abraten, weil uns die wirklich gute Ausführung eines Ameisenfilms mit den bisherigen technischen Hilfsmitteln nicht möglich erschien. Endlich im Frühjahr 1934 konnten wir die Ausführungsmöglichkeit des Ameisen–Plans bejahen. Inzwischen waren nämlich drei Grundbedingungen erfüllt. Es gibt jetzt ein Filmnegativ, das den von uns zu stellenden Anforderungen in hohem Masse entspricht. Vor allen Dingen aber haben meine Kameramänner Paul Krien und W. Suchner eine langbrennweitige Optik bei Askania für die UFA bauen lassen können, die die Benutzung des Mikroskops hinfällig macht. Warum kein Mikroskop benutzen? Nun, das ist sehr schnell beantwortet. Bei Mikro-Aufnahmen hätte ich die Ameisen, ihre Eier, Larven, Puppen und dergleichen aus ihrer natürlichen Umgebung herausreissen müssen. Der Ameisenfilm hätte dann niemals so naturecht werden können, wie er es sein muss und wie er es geworden ist. Ein dritter, ganz besonders günstiger Umstand für die Ausführung des Ameisenfilms kam insofern hinzu, als das Frühjahr 1934 in seiner seltenen Eigenart die verschiedenen Ameisenarten nicht nur zeitigst sondern auch in bedeutend höherem Masse zur Entfaltung kommen liess, wie Jahrzehnte lang zuvor dies nicht der Fall war.

Nachdem alle Vorarbeiten, wie Manuskript-Entwurf durch Dr. U. K. T. Schulz, ganz besondere Zuchtbehälter-Anlagen, Bau von Ameisenburgen und Einbringen der Ameisenvölker durch mich, Apparate– und Optikbau durch die Kameramänner Krien und Suchner, grundlegend beendet waren, konnten die ersten Vorgänge im Ameisenstaat Anfang Juni 1934 aufgenommen werden. Selbstredend haben wir nicht alle Vorgänge in der biologischen Station hier und auf den Wasserburgen, die im Freigelände neben der Station errichtet sind, gedreht, sondern zu vielen Aufnahmen fuhren wir in die Nähe der Scharfheide und des Werbellinsees. Dort befinden sich allein an einer Stelle im Umkreis von hundert Meter acht grosse meterhohe Ameisenhaufen, die von der roten Waldameise errichtet wurden. Innerhalb dieser hundert Quadratmeter Filmaufnahmen zu machen, wäre beinahe als Qual zu bezeichnen. In kurzer Zeit waren wir alle von Kopf bis Fuss mit Ameisen ziemlich bedeckt, aber schließlich kamen die Aufnahmen zustande, und das war die Hauptsache.

Diese Aufnahmen zeigen nur das Aussenleben der Ameisenvölker. Wie aber ein Ameisenstaat entsteht, was sich im Innern des Ameisenhaufens abspielt, das konnten wir nur „zu Hause“ in der Station aufnehmen. Ich habe dort vier Aufnahmevölker, sie mussten auf meine Veranlassung hin ihre Haufen, Gänge und Nester so bauen, daß wir jederzeit den Haufen im senkrechten Schnitt sehen konnten. Hier ist es uns gelungen, den Aufbau des Ameisenhaufens, die dann folgenden Entwicklungsstufen: Eiablage, Larvenwachstum, Puppenpflege, Schlüpfen der Ameisen aus der Puppe, ja weiterhin sogar das Schlüpfen geflügelter Männchen und Weibchen, deren Hochzeitsflug und ähnliche Vorgänge filmisch festzuhalten. Nur wenige Menschen wissen, wie ein Ameisenstaat entsteht, darum noch kurz die eigentliche Gründung eines Staates. Sobald die richtigen Witterungsverhältnisse eintreten, vollziehen je nach Art und Zugehörigkeit von Mai bis Juli die Ameisen ihren Hochzeitsflug. Es erscheinen zuerst die geflügelten Weibchen, zweihundert bis tausend Stück, je nach Stärke des Volkes, auf der Kuppe des Haufens. Nachdem sie sich noch eine Weile die Flügel getrocknet haben, fliegen sie in die Höhe, worauf ihnen in einigen Stunden die ebenfalls geflügelten Männchen in fast vierfacher Anzahl folgen. Durch die entstandene Zwischenzeit vom Abflug der Weibchen bis zum Abflug der Männchen wird es möglich, daß die vorher abgeflogenen Weibchen leichter zum Männchen eines sich auch gerade im Hochzeitsflug befindlichen anderen Volkes derselben Art stoßen. Es wird hierdurch eine zu häufige Paarung von Männchen und Weibchen innerhalb desselben Volkes, die hin und wieder vorkommt, vermieden. Die kräftigsten Weibchen fliegen in die höchsten Regionen, naturgemäss können ihnen auch nur die kräftigsten Männchen folgen, es findet somit eine Zuchtauslese ersten Ranges statt. Eine gewisse Anzahl der nun befruchteten Weibchen fliegt zum Stammvolk zurück, von den anderen ebenfalls befruchteten Weibchen geht jedes einzelne daran, von sich aus einen neuen Staat zu gründen. Zu diesem Zwecke sucht ein solches Weibchen den ihm hierfür geeignet erscheinenden Ort auf. Je nach Artabstammung wählt sie den Gründungsort in der Erde, in Baumwurzeln, unter Steinen oder im in Verfall begriffenen Holzwerk. Die Weibchen der Waldameise oder der Raubameisen bevorzugen ältere Baumstubben. Zuerst zernagt das Weibchen das Holz und zersetzt die abgenagten Spähne mit Speichel und baut aus dieser Masse um sich herum eine abgeschlossene Zelle. Hierauf legt sie nach zwei bis drei Tagen sechs bis acht Eier, doch diese Eier zerkaut sie wieder. Während des Zerkauens der ersten Eier legt sie wiederum einige Eier und füttert diese mit dem Brei der zerkauten ersten Eier. Aus dem zweiten Gelege entwickeln sich nicht etwa normale, sondern kleinere Arbeiterinnen, meistens haben sie nur den vierten Teil der normalen Größe. Sie können aber schon Nahrung für das Weibchen (Königin) herbeiholen und auch etwas die Urzelle erweitern, währenddessen das Weibchen die weitere Eiablage vollzieht. Jetzt entwickeln sich normal grosse Arbeiterinnen aus den Eiern. Arbeiterinnen sind weder Weibchen noch Männchen, sie sind geschlechtslos.

Vom Erscheinen dieser Arbeiterinnen ab geht die Entwicklung des Baues ungeheuer schnell vor sich. Eines Tages, ungefähr nach drei Monaten, kann dieses Weibchen, die Stammutter, schon wieder Eier legen, aus denen sich Männchen und Weibchen entwickeln. Wir haben in diesem Film nicht nur die reine Entwicklung des Volkes aufgenommen, sondern wir zeigen auch, wie nützlich die Tätigkeit der Ameisen für die Pflanzenkulturen des Menschen sind. Ein Ameisenvolk von 100.000 Einwohnern kann in einem Sommer bis zu einer Million Raupen und andere Schädlinge vertilgen.

Quelle: Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nummer 16, 21. August 1935 - Wolfram Junghans