Des Untertanen Glaubensbekenntnis (Gedicht)
Des Untertanen Glaubensbekenntnis ist ein Gedicht von Professor Dr. Johann Gottfried Kinkel, Symbolfigur der deutschen Revolution im Deutschen Bund.
Text
- Des Untertanen Glaubensbekenntnis
- Stets nur treu und stets loyal
- Und vor allem stets zufrieden,
- So hat Gott es mir beschieden,
- Folglich bleibt mir kein Wahl.
- Ob des Staates alten Karren
- Weise lenken oder Narren,
- Dieses geht mich gar nicht an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Jeder Untertan und Christ
- Weiß den Dienst und daß daneben
- Mit dem Staat sich abzugeben
- Keineswegs ersprießlich ist.
- Wer nicht herrscht, hört zu den Dummen,
- Aber warum sollt ich brummen?
- Dieses geht mich gar nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Ob ich aller Völker Hohn,
- Weil auf Deutschlands beiden Küsten
- Sich nur fremde Flaggen brüsten,
- Christlich schweig ich still davon.
- Denn zuerst geziemt dem Throne,
- Daß die Frommen er belohne;
- Folglich geht mich das nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Ob mein Nachbar Bauersmann,
- Dem Kartoffeln nur noch blieben,
- Wird von Haus und Hof getrieben,
- Weil er nicht mehr leisten kann,
- Was für ihre Heldentaten
- Haben müssen die Soldaten,
- Dieses geht mich gar nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Trotz der Arbeit Tag und Nacht
- Kann ich nicht mein Leben fristen,
- Weil man Konduitenlisten
- Hinter meinem Rücken macht.
- Aber ob ich kann bestehen
- Oder muß ich betteln gehen,
- Dieses geht mich gar nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Red ich wohl ein bißchen frei,
- Und wer tut das nicht beim Weine?
- Bringen sie es rasch ins reine,
- Denn sie stecken gleich mich bei.
- Ob die Kinder schrein nach Brode,
- Ob mein Weib sich grämt zu Tode,
- Dieses geht mich gar nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan.
- Wenn nun endlich kommt der Ruß’
- Mit dem großen Ländersäckel,
- Zieh ich höflich meinen Deckel
- Ohne Grollen und Verdruß;
- Denn fürwahr, das muß ich sagen,
- Ich denk ihn nicht fortzujagen -
- Alles das geht mich nichts an,
- Denn ich bin ein Untertan!