Goldhort von Gessel

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Bevor im niedersächsischen Diepholz eine Fernleitung für den Rohrleitungstransport von Erdgas (engl.: Pipeline) gebaut wurde, durften Archäologinnen und Archäologen den Boden untersuchen. Dabei stießen sie auf den Goldhort von Gessel. Als Hort bezeichnen die Experten Gegenstände, die bewußt vergraben oder versenkt wurden. 3.300 Jahre lag dieser Goldschatz schon im Boden. Er gilt als einer der größten Goldfunde der Bronzezeit.

Der Goldhort von Gessel ist ein bronzezeitlicher Fund vom April 2011 unweit des Syker Ortsteils Gessel im Landkreis Diepholz in Niedersachsen. Es handelt sich um einen geschlossenen Fund aus dem 14. Jahrhundert vor der Zeitrechnung mit 117 Teilen aus Gold bei einem Gesamtgewicht von etwa 1,7 kg. Der Fund, der rund 3.300 Jahre ungestört im Erdboden gelegen hat, gehört nach dem Eberswalder Goldschatz zu den größten prähistorischen Hortfunden von Gold in Mitteleuropa und stellt ein weiteres Zeugnis urgermanischer Hochkultur dar. Die archäologischen Untersuchungen auf der Rohrtrasse führten in Niedersachsen bisher zu 134 Fundstellen mit rund 12.500 archäologischen Befunden, darunter etwa 100.000 Keramikscherben, aus 12.000 Jahren Kulturgeschichte in Niedersachsen von der Steinzeit bis zur Neuzeit.

Erläuterung

Der Goldhort von Gessel ist ein bronzezeitlicher Goldhort, der bei archäologischen Voruntersuchungen zum Bau der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) im April 2011 südlich des Syker Ortsteils Gessel im Landkreis Diepholz entdeckt wurde. Es handelt sich um einen geschlossenen Fund mit 117 Teilen aus Gold bei einem Gesamtgewicht von 1,8 kg. Der Fund, der rund 3300 Jahre ungestört im Erdboden gelegen hat, gehört nach dem Eberswalder Goldschatz zu den größten prähistorischen Hortfunden von Gold in Mitteleuropa. Die Fundstücke werden in die mittlere Bronzezeit um das 14. Jahrhundert v. Chr. datiert. Ab dem Frühjahr 2011 erfolgte die Verlegung der NEL-Pipeline in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. In Niedersachsen, das die Leitung auf etwa 200 Kilometer Länge durchquert, wurde der Trassenverlauf lückenlos archäologisch untersucht. Nach dem Verursacherprinzip werden die Kosten maßgeblich von den Betreibern der Pipeline getragen. Daher finanzieren die Unternehmen Wingas, E.ON Ruhrgas, Gasunie und Fluxys die archäologische Betreuung des Bauprojektes. Weit im zeitlichen Vorlauf der Bauarbeiten erfolgte seitens des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege eine archäologische Potenzialanalyse auf der Pipelinetrasse im Hinblick auf Fundstellen. Dabei wurden verschiedene Prospektionsmethoden angewandt, darunter Survey mit Feldbegehungen, luftbildarchäologische Befliegungen, Datenabgleich mit bisherigen Fundstellen im Fachinformationssystem ADABweb. Ab Ende 2010 setzte eine 10 Monate anhaltende, harte Prospektion ein. Das bedeutete einen 6 m breiten Suchschnitt auf einer Länge von 50 km im Bereich archäologischer Verdachtsflächen und im Umfeld bereits bekannter Fundstellen. Die restlichen 150 km der Trasse begleiteten Archäologen und Grabungstechniker, in dem sie das Abziehen des Oberbodens auf 30 m Breite durch einen Bagger der Baufirma beobachteten. Die Koordination der archäologischen Maßnahmen mit bis zu 13 Grabungsteams und zeitweise über 100 Mitarbeitern nahm das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege vor. Die archäologischen Untersuchungen auf der Pipelinetrasse führten in Niedersachsen bisher zu 134 Fundstellen mit rund 12.500 archäologischen Befunden, darunter etwa 100.000 Keramikscherben, aus 12.000 Jahren Kulturgeschichte in Niedersachsen von der Steinzeit bis zur Neuzeit. Nur etwa 10 % der entdeckten archäologischen Fundstellen waren zuvor bekannt, obwohl Archäologen aufgrund langjähriger Erfahrungen von einer Quote von 25 % ausgingen. Da bei den Baumaßnahmen der Oberboden auf einer Breite von bis zu 30 m abgetragen wurde, bot die Pipeline-Verlegung eine Untersuchungsfläche von insgesamt 7 km² und gewährte einen repräsentativen Einblick in das archäologische Bodenarchiv Norddeutschlands. Es handelte sich um eines der größten Archäologieprojekte in Europa.
Gessel und das benachbarte Syke liegen in einer Geestlandschaft, bei der es sich im engeren Bereich um die Syker Geest und im weiteren Bereich um die Wildeshauser Geest handelt. Das Gebiet weist als Altsiedelland eine lange Besiedlungsgeschichte und hohe Besiedlungsdichte auf. Fundstücke aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit aus der Gegend sind im Kreismuseum in Syke, im Heimatmuseum Nienburg und im Focke-Museum in Bremen ausgestellt. Die archäologischen Untersuchungen vor dem Pipelinebau bestätigten das zuvor vermutete, hohe archäologische Potenzial in dem Geestgebiet. Im rund 60 km langen Abschnitt zwischen der Weserniederung und dem Endpunkt bei Rehden gab es 84 Fundstellen, von denen vorher nur 16 bekannt waren. Entdeckt wurde unter anderem ein germanisches Gräberfeld mit 76 Bestattungsplätzen bei Gessel aus der Römischen Kaiserzeit des 2. und 3. Jahrhunderts, das am Rande einer früheren Siedlung lag. Bei Uphusen wurde ein goldener Fingerring mit einer blauen Perle aus der Zeit des 4. bis 7. Jahrhunderts n. Chr. gefunden. Beim Eydelstedter Ortsteil Düste kamen die Reste einer germanischen Uferrandsiedlung des 2. bis 3. Jahrhunderts n. Chr. ans Tageslicht. Der Goldhort von Gessel ist der bisher einzige unter wissenschaftlichen Bedingungen ergrabene Goldfund der Bronzezeit. Gleichzeitig ist es der am besten dokumentierte Depotfund. Er wurde am 7. April 2011 bei systematischen archäologischen Untersuchungen vor dem Bau der NEL-Erdgaspipeline entdeckt. Die Fundstelle liegt in der Feldmark nahe dem Syker Ortsteil Gessel. Der Ort war eine archäologische Verdachtsfläche, auf der zuvor bereits metallzeitliche Keramikscherben an der Oberfläche gefunden worden waren. Nach dem Abtrag des Oberbodens bemerkte das Prospektionsteam leichte Bodenverfärbungen. Bei der gezielten Suche mit dem Metalldetektor ortete ein Grabungstechniker einen möglichen relevanten Fund, der sich 60 cm Tiefe unterhalb der Erdoberfläche im Unterboden und nur knapp unterhalb der Pflugschicht befand. Beim vorsichtigen Freilegen zeigten sich an der Oberfläche des sandigen Unterbodens vier grünkorrodierte Bronzenadeln, ein kleines goldenes Spiralröllchen und ein verziertes Goldobjekt, das wie ein Armreif aussah. Die Gegenstände wurden in situ belassen, da an der Stelle wegen des starken Detektorausschlags weitere Fundstücke vermutet wurden. Da ein Grab- oder Siedlungsfund mit weiteren Funden im näheren Umfeld für möglich gehalten wurde, rückte zur Unterstützung ein weiteres Grabungsteam und zur Dokumentation ein Filmteam an. Als sich ein Einzelfund konkretisierte, wurde der Fund mittels Blockbergung als 90 × 65 cm großer Erdblock aus dem Boden gestanzt. Der Block kam noch am Abend des Fundtages in die Restaurierungswerkstatt des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Hannover. […] Bei den Fundstücken aus Gold handelt es sich überwiegend um Spiralen verschiedener Arten und Größen. Sie bestehen aus 82 feinen Drahtspiralen mit wenigen Windungen und 18 klein gewickelten Spiralen. Die 82 größeren Drahtspiralen mit bis zu sieben Wicklungen waren zu acht Ketten mit zehn Spiralen und einmal mit zwei Spiralen zusammengesteckt. Außerdem gehören zum Fund ein Wendelring, ein offener Armring und eine zusammengebogene Fibel, die in der Auffindesituation zunächst für einen Armreif gehalten wurde. Die Fibel ist künstlerisch verziert mit einem Leiterbandmuster, konzentrischen Ringen und kreisförmigen sonnenähnlichen Einstempelungen um erhabene Rundbuckel. Die tropfenförmige, eng gepackte Anordnung der Fundstücke deutet auf eine Verwahrung in einem Beutel hin, der mit vier Nadeln aus Bronze verschlossen gewesen war. Bei den Goldteilen handelte es sich teilweise um Halbfertigprodukte. Nach einer ersten Einschätzung könnten die Drahtspiralen im Zusammenhang mit Handelsbeziehungen als Ring- oder Zahlungsgold gedient haben. […]
Das Alter des Schatzes wird auf 3300 Jahre geschätzt, wobei die Datierung auf der Formengebung der Fibel, des Wendelrings und des Armreifs beruht. Dagegen ließen sich die Goldspiralen zeitlich nicht näher einordnen, da diese Formengebung während der gesamten Bronzezeit üblich war. […] Den letzten größeren Goldfund aus prähistorischer Zeit in Niedersachsen machte 1892 ein Landwirt mit dem Goldfund von Lorup im Loruper Moor im Emsland. Im Zusammenhang mit dem jüngsten Goldfund kündigte die Niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka ein neues Forschungsprojekt an. […] Als sicher gilt, dass der Goldhort von Gessel ein geschlossener Fund ist, der seit seiner Ablage in der Bronzezeit bis auf geringfügige Tierperturbationen ungestört geblieben ist. Der Archäologe Stefan Winghart teilte mit, dass die eng gepackten Goldteile in einem Beutel aus organischem Material (Tuch, Leder) gezielt in einer kleinen Grube unter der Erdoberfläche vergraben wurden. Bei den archäologischen Untersuchungen im April 2011 wurden sie 60 cm unter der heutigen Erdoberfläche gefunden. Wahrscheinlich ist der Schatz tiefer vergraben worden, da sich das Bodenniveau infolge der landwirtschaftlichen Bodennutzung leicht gesenkt hat. Der Grund für die Deponierung des Goldschatzes ist bisher nicht bekannt. Bronzezeitliche Depots wurden wahrscheinlich häufig als Schutz vor fremdem Zugriff angelegt. Eine Möglichkeit ist das Wertversteck eines Händlers, worauf die erst halbfertigen Armreife ohne Verzierungen deuten. Aber auch andere Theorien sind denkbar, etwa das Versteck einer religiösen Gemeinschaft, einer wohlhabenden Familie oder eine Ablage von Plünderern auf Kriegszügen. Die Fundstelle befindet sich im Umfeld einer Altstraße. Auch ein Bezug zu früheren Siedlungen in der Umgebung ist denkbar. In etwa 3–7 km Entfernung vom Fundort haben sich Hügelgräber aus der Bronzezeit erhalten.[1]

Verweise

Fußnoten

  1. Goldhort von Gessel, evolution-mensch.de