Gotentreue
Gotentreue ist ein Gedicht Felix Dahns aus den „Gotenliedern“.
Inhaltsverzeichnis
Text
- Erschlagen lag mit seinem Heer
- Der König der Goten, Theodemer.
- Die Hunnen jauchzten auf blut'ger Wal,
- Die Geier stießen herab zu Tal.
- Der Mond schien hell, der Wind pfiff kalt,
- Die Wölfe heulten im Föhrenwald.
- Drei Männer ritten durchs Heidegefild,
- Den Helm zerschroten, zerhackt den Schild.
- Der Erste über dem Sattel quer
- Trug seines Königs zerbrochnen Speer.
- Der Zweite des Königs Kronhelm trug,
- Den mitten durch ein Schlachtbeil schlug.
- Der Dritte barg mit treuem Arm
- Ein verhüllt Geheimnis im Mantel warm.
- So kamen sie an die Donau tief
- Und der Erste hielt mit dem Roß und rief:
- »Ein zerhau'ner Helm - ein zerspellter Speer: -
- Vom Reiche der Goten blieb nicht mehr!«
- Und der Zweite sprach: »In die Wellen dort
- Versenkt den traurigen Gotenhort:
- Dann springen wir nach von dem Uferrand -
- Was säumest du, Vater Hildebrand?«
- »Und tragt ihr des Königs Kron' und Speer: -
- Ihr treuen Gesellen: - ich habe mehr.«
- Auf schlug er seinen Mantel weich:
- »Hier trag' ich der Goten Hort und Reich!
- Und habt ihr gerettet Speer und Kron' -
- Ich habe gerettet des Königs Sohn!
- Erwache, mein Knabe, ich grüße dich,
- Du König der Goten, Jungdieterich.«
Quelle
- Hermann Georg Fiedler: Das Oxforder Buch deutscher Dichtung vom 12ten bis zum 20sten Jahrhundert, 1911, S. 472f. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!