Kekule von Stradonitz, Stephan

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Kammerherr Dr. jur. utr. et phil. Stephan Kekule von Stradonitz
Stephan Kekule von Stradonitz-Unterschrift.jpg

Stephan Karl Kekulé, seit 1895 Kekule von Stradonitz[1](Lebensrune.png 1. Mai 1863 in Gent, Belgien; Todesrune.png 5. Mai 1933 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Offizier, Philologe, Privatgelehrter, Heraldiker, Genealoge und Schriftsteller aus der Familie Kekulé von Stradonitz.

Leben

Dr. Dr. Kekule von Stradonitz um 1890
Wappen, ab 1895
„Stephan Kekule von Stradonitz war der Sohn des Geheimen Regierungsrats und Chemieprofessors August Kekule von Stradonitz. Neben seinem Studium eignete er sich bereits früh umfassende Kenntnisse auf den Gebieten der ihn besonders interessierenden Genealogie und Heraldik an. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bonn und dem Studium der Rechte und der Geschichte in Bonn und Straßburg, schlug Kekule zunächst eine militärische Laufbahn ein und diente von 1885-1889 als Artillerieoffizier in der preussischen Armee.
1889 verließ er den Militärdienst und schrieb sich erneut als Student an der Berliner Universität ein, an der er bis 1892 blieb. Anschließend trat er in den juristischen Staatsdienst und wurde Referendar am Berliner Kammergericht. Von 1897 bis 1905 vertrat er den Fürsten Georg im schaumburg-lippischen Thronstreit und wurde von diesem zum Kammerherrn ernannt. Seine juristische und genealogische Reputation verhalf ihm in den folgenden Jahren zu einer umfangreichen Gutachtertätigkeit für einige Adelsfamilien. Er wurde schließlich beeidigter Sachverständiger für Fragen der Heraldik beim Berliner Landgericht und Sachverständiger der Kommission des Zeughauses der Staatlichen Museen in Berlin.
Kekule war Auswärtiges Mitglied der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, Schatzmeister (seit 1894), Sektionschef (1900-1903) für Genealogie und Vorsitzender (1923-1933) des Vereins „Herold“, des ältesten deutschen Genealogenvereins (gegr. 1869), erster Schriftführer des Vereins für historische Waffenkunde und seit 1932 Leiter der Abteilung VI (Genealogie und Heraldik) des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Kekule, der seit 1904 Mitglied einer Berliner Freimaurerloge war, verfasste zahlreiche juristische und genealogische Veröffentlichungen, vor allem in Fachzeitschriften, die sich vornehmlich mit Heraldik und Adelsrecht befassten.
1898 verwendete Stephan Kekule von Stradonitz in seinem „Ahnenatlas“ ein Ahnen-Numerierungssystem, das seinen Siegeszug um die gesamte Welt antrat, später nach ihm benannt wurde und nach dem noch heute die Vorfahren (Ahnen) eines Probanden üblicherweise nummeriert werden, die Kekule-Zahlen (oder Kekule Nummern). Diese Nummerierung, die sich international durchgesetzt hat, war erstmals 1590 durch Michael Eyzinger angewendet worden, dann wieder 1676 durch Hieronymus de Sosa und 1883 durch Francis Galton.“[2]

Kekule oder Kekulé

Da sich Stephan Kekule von Stradonitz selbst immer ohne Akzent geschrieben hat, ist die Schreibweise ohne Akzent als korrekt anzusehen. Auch in seinen Veröffentlichungen wird sein Name ohne Akzent genannt. Tatsächlich war der Familienname bis 1895 „Kekulé“, danach „Kekule von Stradonitz“, beide amtlich beurkundet.

Neue Deutsche Biographie

K. studierte zunächst Naturwissenschaften in Bonn und Straßburg, war 1883-89 aktiver Offizier und studierte anschließend Jura und Philologie in Berlin, und zwar besonders Türkisch und Arabisch (Dr. phil. 1893, Dr. iur. 1895). Durch Beschäftigung mit der Überlieferung der eigenen Familie wandte er sich der Genealogie zu. Seine zunächst zögernd einsetzende schriftstellerische Tätigkeit – vor allem unter adelsrechtlichem Gesichtswinkel – verschaffte ihm die Rechtsberatung des Fürsten von Schaumburg-Lippe im Lippischen Thronfolgestreit (1905). Hieraus entwickelte sich eine rege Gutachtertätigkeit in genealogischen und heraldischen Fragen für adelige und großbürgerliche Familien. Diese und erneuter Militärdienst haben dazu beigetragen, daß K. seine Gedanken zur Genealogie verbunden mit dem Interesse an der Genetik und Soziologie nur in Vorträgen und Zeitschriftenaufsätzen dargestellt hat. Durch seinen „Ahnentafel-Atlas zu 32 Ahnen der Regenten Europas und ihrer Gemahlinnen“ (1898-1904) wurde die nach ihm benannte „Ahnenbezifferungsmethode Kekule“ in die Praxis eingeführt.[3]

Familie

Stephan wurde als Sohn des Chemiker und Naturwissenschaftlers Friedrich August Kekulé (1829–1896) und dessen Gattin Stephanie Alexandrine, geb. Drory (1842–1863). Stephans Mutter verstarb im Kindbett zwei Tage nach seiner Geburt. Sein Vater, der 1876 erneut heiratete (aus der Ehe mit seiner Hausangestellten Luise Högel (1845–1920) sind weitere drei Kinder entsprossen), schuf die Grundlagen für die moderne Strukturtheorie der organischen Chemie.[4] Als 1895 im Deutschen Reich der alte böhmische Adel anerkannt wurde, konnte sich die Familie Kekule von Stradowitz nennen.

Ehe

Kekule von Stradonitz heiratete am 30. April 1902 in Königswinter am Rhein seine Verlobte Klara/Clara Brückner (1865–1929). Die ansonsten glückliche Ehe blieb kinderlos.

Schriften (Auswahl)

  • Über Titel, Ämter, Rangstufen und Anreden in der offiziellen osmanischen Sprache, Kaemmerer, Halle 1892 (Digitalisat)
  • Über eine zweckmäßige Bezifferung der Ahnen, In: Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde, Herold, Berlin, Bd. 26, S. 64–72 (1 Tafel), 1898
  • Goethe als Genealog. Vortrag gehalten in Goethes Jubeljahr, zum dreißigjährigen Stiftungsfest des Vereins "Herold" am 3. November 1899, Stargardt, Berlin 1900
  • Der gegenwärtige Stand der Unruh-Frage in den lippischen Erbfolgestreitigkeiten, Stargardt, Berlin 1902
  • Ueber die Zuständigkeit des preussischen Heroldsamts, In: Archiv für öffentliches Recht, Bd. 18 (1903), S. 191–213 (Digitalisat)
  • Neue Urkunden und Materialien zur Beurteilung des Ebenburtsrechtes im Hause Lippe, Sittenfeld, Berlin 1905
  • Über die Untersuchung von Vererbungsfragen und die Degeneration der spanischen Habsburger, In: Archiv für Psychiatrie XXXV, Heft 3 (1905), S. 787–813
  • Ausgewählte Aufsätze aus dem Gebiet des Staatsrechts und der Genealogie, Heymann, Berlin 1905 (Digitalisat)
  • Festschrift zur Thronbesteigung Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Carl Eduard zu Sachsen-Coburg und Gotha, Heymann, Berlin 1905
  • Festschrift zur Silberhochzeit Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht des Fürsten Georg zu Schaumburg-Lippe und Ihrer Hoheit der Fürstin Marie Anna zu Schaumburg-Lippe, Herzogin zu Sachsen, Berlin 1907
  • „Hohenzollern als Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies in alter Zeit“; in: „Hohenzollern-Jahrbuch. Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preussen“, 1907 (PDF-Datei)
  • „Hohenzollern als Vliesritter in alter Zeit“; in: „Hohenzollern-Jahrbuch. Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preussen“, 1908 (PDF-Datei)

Literatur

  • Rüdiger Graf von der Goltz: Deutschlands Köpfe der Gegenwart über Deutschlands Zukunft, Eigenbrödler Verlag, 1928
  • Peter von Gerhardt, HEROLD (Hrsg.): Stephan Kekule von Stradonitz – Lebensabriß und Schriftenverzeichnis, Berlin 1938

Fußnoten

  1. Raimer, Josef A.: Kekule – Kekulé – Kekule von Stradonitz, in: Genealogisches Jahrbuch Band 10, Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte, Verlag Degener & Co., Neustadt a. d. Aisch 1970, S. 47–52.
  2. Stephan Kekule von Stradonitz, GenWiki
  3. Kekulé von Stradonitz, Stephan, Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 426
  4. Stephan Kekule von Stradonitz, Arbeitskreis Altenburger Land