Quelle / Musterantrag Holocaustprozess

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Presseerklärung von Horst Mahler zum Beschluß des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 4.November 2009 -1 BvR 2150/08-

Mit seiner Entscheidung vom 4. November 2009 über die Verfassungsbeschwerde des kürzlich verstorbenen Rechtsanwalts Jürgen Rieger (Hamburg) gegen das Verbot des Gedenkmarsches für den Führerstellvertreter Rudolf Heß hat der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichtes das Verbot, den „Holocaust“ zu leugnen oder zu verharmlosen (§ 130 Abs.3 StGB- BRD), bewußt und gewollt in eine Ruine verwandelt, die demnächst auch formell abgerissen werden wird. Nach der Maxime des Sun Tsu „ Mache Lärm im Westen und greife an im Osten“ haben dabei die Karlsruher Richter ein geschicktes Tarnmanöver ausgeführt. Sie haben die Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde des Jürgen Rieger mit einer für diese Entscheidung ganz und gar überflüssigen Begründung versehen, die in Wahrheit nichts anderes ist, als die überfällige Vernichtung des „ Holocaust- Maulkorbs“.

Die Einzelheiten sind dargestellt in dem nachfolgend wiedergegebenen „Muster-Antrag auf Erlaß eines Vorlagebeschlusses gemäß Artikel 100 Grundgesetz“.

Brandenburg, am 6. Dezember 2009

Diese Presseerklärung vorausgeschickt ergibt sich für jeden Angeklagten in Holocaustverfahren die Möglichkeit, den nachfolgenden Musterantrag für sein Holocaustverfahren zu verwenden. Dieser lautet wie folgt:


Horst Mahler

Anton-Saefkow-Allee 22a

14772 Brandenburg

am 24. November 2009


Muster für einen Vorlageantrag gem. Artikel 100 GG

Ich beantrage, das Verfahren auszusetzen und die Akten gemäß Artikel 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen zum Zwecke der Prüfung, ob und ggf. inwieweit § 130 Abs. 3 StGB (Strafbarkeit der Holocaustleugnung) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Begründung:

Bisher haben Gerichte der Bundesrepublik Deutschland in der Überzeugung geurteilt, daß mit Rücksicht auf eine vermeintlich ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts Zweifel an der Vereinbarkeit des § 130 Abs. 3 StGB nicht bestünden. Diese Überzeugungslage hat nunmehr das Bundesverfassungsgericht durch seinen 1. Senat mit Beschluß vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 – beseitigt.

Die Entscheidung erging in dem Grundrechtsbeschwerdeverfahren bezüglich des neu eingeführten Absatzes 4 von § 130 StGB, der die Rechtfertigung und Verherrlichung des nationalsozialistischen Regimes und seiner Führungspersönlichkeiten unter Strafe stellt. Zugrunde lag die Beschwerde des kürzlich verstorbenen Hamburger Rechtsanwaltes Jürgen Rieger gegen das Verbot eines Gedenkmarsches zur Ehrung des Führerstellvertreters Rudolf Heß in dessen Heimatort Wunsiedel, wo er auch begraben liegt. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen mit der Begründung, daß die Verbotsnorm, obwohl sie ein an sich verbotenes Sondergesetz gegen eine bestimmte Meinung sei, ausnahmsweise an Artikel 5 GG nicht scheitere, weil den Grundrechten als Gegenentwurf gegen die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft die Verhinderung der Gutheißung dieses Regimes immanent sei.

Die Entscheidung erging – was von Bedeutung ist – in Kenntnis des Umstandes, daß der Beschwerdeführer wenige Tage zuvor verstorben war.

Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich zweifelsfrei, daß Karlsruhe die tatbestandlichen Grundlagen des Verbots der sogenannten Holocaust-Leugnung (§ 130 Abs. 3 StGB) nicht nur in Zweifel zieht, sondern für unvereinbar mit Artikel 5 und 103 Abs. 2 GG erachtet. Im Gegensatz zum Verbot der Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes sei die Behinderung rein geistiger Wirkungen von Meinungsäußerungen, z. B. „offenkundig falscher Interpretationen der Geschichte“ illegitim.

Diese Grenzziehung entspricht der Position, die der spanische Verfassungsgerichtshof im Fall des Verlegers Pedro Varela eingenommen hat.

Es kann angesichts der allgegenwärtigen medialen Gedankenpolizei als Ausdruck taktischer Geschicklichkeit angesehen werden, daß der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts den Beginn der Befreiung vom „Holocaust-Maulkorb“ getarnt hat mit einem Beschluß, der für das uniformierte Publikum eher in die entgegengesetzte Richtung zu weisen scheint.

In einer ersten Schicht wird der Unterschied zwischen zulässigen Meinungsäußerungsbeschränkungen allgemeiner Art und verbotenen Behinderungen geistiger Einwirkungen auf andere, die sich gegen bestimmte Gedanken richten, in Bezug auf den Regelungshorizont des § 130 StGB herausgearbeitet. Sofern sich Einschränkungen der Äußerungsfreiheit nur auf Meinungen zu geschichtlichen Gewalt- und Willkürregimen besonderer Art – hier des historischen Nationalsozialismus – und nicht allgemein auf Schreckensherrschaften beziehen, handelt es sich nach dem jetzt vom Bundesverfassungsgericht eingenommenen Standpunkt um verbotene Sondergesetze.

Diese Klarstellung hat nach der Eingliederung des Territoriums der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone, auf dem sich das stalinistische Schreckensregime in verschiedenen Abstufungen als Gewalt- und Willkürherrschaft etabliert hatte, besondere Bedeutung für die Einheitlichkeit der Rechtskultur auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland. Die unerträgliche Ungleichbehandlung der Verherrlichung des stalinistischen Terrors, die grundsätzlich straffrei bleibt, einerseits und der Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes, die weiterhin strafbar ist, andererseits wird jetzt erst mit der notwendigen Schärfe in das öffentliche Bewußtsein eintreten.

In letzter Konsequenz ist der Beschluß des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Entscheidung gegen das Grundgesetz mit seinem einseitig wirkenden Mechanismus der immanenten Grundrechtsschranken. Er verweist – auch wenn das den Richtern in Karlsruhe nicht bewußt gewesen sein mag – als möglichen Ausweg aus der vom Grundgesetz selbst gesetzten rechtsfremden Ungleichbehandlung auf Artikel 146 GG. Das Bild, das ein Bild von sich und seiner Geschichte im Herzen trägt, ist seine Lebensgrundlage. Deshalb kann die Sprengkraft gesetzlich festgeschriebener Geschichtsbilder gar nicht überschätzt werden. Der jetzt nahegelegte Blick auf Artikel 146 GG bringt in Erinnerung, daß das Grundgesetz mit dem ihm innewohnenden Freiheitsbeschränkungen und dem sie vermeintlich legitimierenden Geschichtsbild nicht aus dem selbstbestimmten Willen des Deutschen Volkes und seinen Überzeugungen hervorgegangen ist, sondern von den westlichen Siegermächten auferlegt worden ist und nichts dafür spricht, daß sie dabei ihre – dem Deutschen Volke möglicherweise feindlichen – Eigeninteressen „vergessen“ hatten.

In einer zweiten Schicht beseitigt das Karlsruher Gericht vermeintliche Rechtfertigungsgründe, die in der Vergangenheit von interessierter Seite geltend gemacht worden sind, um die Hinnahme des Holocaust-Maulkorbs zu erzwingen.

Dem Interesse, einer „Vergiftung des geistigen Klimas“ zu wehren oder einer „Kränkung des Rechtsbewußtseins durch totalitäre Ideologien“ entgegenzutreten oder „eine offenkundig falsche Interpretation der Geschichte“ niederzuhalten, wird vom Bundesverfassungsgericht die straflegitimierende Kraft abgesprochen.

Ein deutliches Signal, daß in diese Richtung zu denken sei, kam zuvor aus den Reihen des Bundesgerichtshofes. Bundesrichter Thomas Fischer hatte in diesem Jahr (2009) in der 56. Auflage des von ihm jetzt allein fortgeführten Standardkommentars zum Strafgesetzbuch von Fischer/Tröndle bezüglich des Straftatbestandes der Holocaust-Leugnung (§ 130 Abs. 3 StGB) eine Schwachstellenanalyse vorgetragen (Rnrn. 24 bis 26), der der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Beschluß vom 4. November gefolgt ist.

Es ist auffällig genug, daß die Literatur zu § 130 Abs. 3 StGB maßgeblich geprägt war von dem Streit bezüglich des Rechtsgutes, das durch diese Bestimmung geschützt sein soll. Nach Fischer a.a.O. ist es herrschende Meinung, daß „als Rechtsgut des Abs. 3 der öffentliche Friede anzusehen sei“. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Thomas Fischer (ders. „Öffentlicher Friede und Gedankenäußerung“ 1986, S. 630 ff.) stellt sich jetzt auch das Bundesverfassungsgericht der „herrschenden Meinung“ entgegen. Insoweit heißt es im Beschluß von 4. November 2009, Textziffern 93 und 94:

Ein „Rückgriff des Strafgesetzgebers auf den ‚öffentlichen Frieden’ als Tatbestandsmerkmal (ist) nicht aus sich heraus verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Tatsache, daß der öffentliche Friede bei hinreichend begrenztem Verständnis ein geeignetes Schutzgut sein kann, besagt noch nicht, daß auf diesen Begriff ohne weiteres auch als Tatbestandsmerkmal zurückgegriffen werden darf. Verstanden als Tatbestandsmerkmal, das eigenständig, strafbegründend wirkt, wirft der Begriff des öffentlichen Friedens vielmehr Zweifel hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot auf. Er ist vielfältig offen für unterschiedliche Deutungen, die auf ein schwer zu fassendes subjektives Kollektivgefühl der Unsicherheit abstellen und dabei anfällig sind für ein Verständnis, das der grundlegenden Bedeutung der Freiheitsrechte in der grundgesetzlichen Ordnung nicht hinreichend Rechnung trägt. … Als allein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal oder als ergänzendes Tatbestandsmerkmal in Straftatbeständen, die nicht schon durch andere Tatbestandsmerkmale grundsätzlich tragfähige und hinreichend begrenzte Konturen erhalten, kann dessen Vereinbarkeit mit Art. 103 Absd. 2 GG Bedenken ausgesetzt sein“.

Unmittelbar im Anschluß daran folgt eine „Differentialdiagnose“, die implizit den entscheidenden verfassungsrechtlichen Mangel des Holocaust-Leugnungstatbestandes (§ 130 Abs. 3 StGB) deutlich macht. In den Entscheidungsgründen heißt es nämlich weiter:

„Demgegenüber bestehen gegen das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Friedens dann keine Bedenken, wenn die vom Gesetzgeber als strafwürdig beurteilte Störung des öffentlichen Friedens durch andere, ihrerseits hinreichend bestimmte Tatbestandsmerkmale konkret umschrieben wird, die bereits für sich die Strafdrohung jedenfalls grundsätzlich zu tragen vermögen. Wird in einem solchen Fall der öffentliche Frieden als zusätzliches Tatbestandsmerkmal herangezogen, läßt sich dessen Inhalt aus einem solchen Kontext inhaltlich näher bestimmen. Der öffentliche Friede ist dann als Tatbestandsmerkmal zu verstehen, dessen Inhalt sich aus dem jeweiligen Normzusammenhang je eigens bestimmt. Es hat dabei nur noch die Funktion eines Korrektivs. … Bei dem öffentlichen Frieden handelt es sich insoweit nicht um ein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal, sondern um eine Wertungsformel zur Ausscheidung nicht strafwürdig erscheinender Fälle (vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl. 2009, § 130 Rn 14b). Es ist damit ein Korrektiv, das es insbesondere erlaubt, auch grundrechtlichen Wertungen im Einzelfall Geltung zu verschaffen“.

Die Anwendbarkeit des Tatbestandsmerkmals „öffentlicher Friede“ im Regelungshorizont des § 130 Abs. 4 StGB wird darauf gestellt, daß das Gutheißen von Verbrechen der unterstellten Größenordnung für sich allein die strafrechtliche Sanktionierung legitimiert. Zwar ist hier eine bestimmte Wertung des „nationalsozialistischen Regimes“ als unverrückbar vorausgesetzt, was nicht unproblematisch ist, aber unter dieser Voraussetzung sind die Entscheidungsgründe stimmig, vor allem nicht „strafrechtsfremd“, wie ein Blick auf § 140 StGB zeigt. Die Billigung von Verbrechen verletzt eindeutig und schwerwiegend das überragende Rechtsgut des Vertrauens der Rechtsgenossen in den allgemeinen Willen, die rechtliche Gesonnenheit des Gemeinwesens zu bewahren. Geht diese – in den Institutionen des Staates realisiert – Gesonnenheit verloren, ist das Recht als solches nicht mehr, also auch nicht das Recht zur Meinungsäußerung.

Ausdrücklich wird hervorgehoben (Tz 82), daß § 130 Abs. 4 StGB „ähnlich angelegt (sei) wie bisher schon § 140 StGB, der die Belohnung und Billigung von bestimmten, tatsächlichen begangenen und besonders schweren Straftaten unter Strafe stellt“.

Während also in § 130 Abs. 4 StGB das Schutzgut gänzlich unabhängig vom Merkmal „Friedensstörung“ analog zu § 140 StGB, auf den auch Fischer in Rnr. 25 ausdrücklich bezug nimmt, im Tatbestandsmerkmal „Gutheißen“ deutlich hervortritt, hinterläßt die Herabstufung der „Friedensstörung“ zu einem bloßen Korrektiv ohne straflegitimierende Wirkung in § 130 Abs. 3 StGB gähnende Leere.

Von Gewicht ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis des 1. Senats (Tz 101), daß „eine Billigung in Form des – auch geschichtsverfälschend einseitigen – bloßen Unterlassens der Erwähnung von geschehenen Gewalttaten im Zusammenhang mit positiven Bezugnahmen auf Ereignisse der NS-Zeit … die Schwelle zur enthemmenden Gewaltverherrlichung … grundsätzlich (nicht) überschreitet. Die Leugnung verschiedener Verbrechen ist rechtsethisch dieser Konstellation gleichwertig.

Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beschluß vom 4. November 2009 ein gesteigertes Interesse des Bundesverfassungsgerichts erkennen läßt, sich in der an Dynamik zunehmenden Debatte um Sein oder Nichtsein des Holocaust-Leugnungsverbots zu positionieren.

Hintergrund ist,

daß im Jahre 2008 in der in London erscheinenden ältesten und weltweit einflußreichsten jüdischen Wochenzeitung „Jewish Chronicle“ durch deren Chef-Kommentator Jeffrey Alderman in schroffem Ton von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Abschaffung des Leugnungsverbots verlangt worden ist;

daß in einem kürzlich in Israel erschienenen Buch von Avram Burg, einem der bedeutendsten „elder statesmen“ Israels, mit dem Titel „Israels Erlösung von Hitler“ (oder so ähnlich) ein Ende der Fixierung der Judenheit auf den Holocaust angemahnt wird;

daß der bekannte jüdische Publizist Henryk Broder als Begründung für seine Bewerbung um den Vorsitz im Zentralrat der Juden in Deutschland den Willen angeführt hat, für die Abschaffung der Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung arbeiten zu wollen. Diesbezüglich schrieb er in einer Kolumne im TAGESSPIEGEL (online-Ausgabe vom 21.10.2009): „Ich werde mich dafür einsetzen, daß Holocaustleugnung als Straftatbestand aufgehoben wird. Das Gesetz war gut gemeint, hat sich aber als kontraproduktiv erwiesen, indem es Idioten dazu verhilft, sich als Märtyrer im Kampf um die historische Wahrheit zu inszenieren.“

daß der spanische Verfassungsgerichtshof im November 2008 aufgrund einer Verfassungsbeschwerde des Verlegers Pedro Varela die Vorschrift, die die Leugnung des Holocausts unter Strafe stellt, wegen Verstoßes gegen die spanische Verfassung kassiert hat;

daß im Frühjahr 2008 die in den Ruhestand getretenen Bundesverfassungsrichter Hoffmann-Riem und Hassemer öffentlich Zweifel an der Vereinbarkeit von § 130 Abs. 3 StGB mit dem Grundgesetz geäußert haben;

daß der kanadische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Richard Warman und der Canadian Human Rights Commission gegen Marc Lemire – 2009 CHRT 26 – durch den Richter Athanasions D. Hadjis mit Urteil vom 2. September 2009 das Verbot der Holocaustleugnung wegen Verstoßes gegen die Canadian Charter of Rights and Freedoms für unwirksam erklärt hat;

daß der Versuch, im italienischen Parlament eine dem § 130 Abs. 3 StGB entsprechende Strafnorm durchzubringen, gescheitert ist.

Die Stoßrichtung des Beschlusses vom 4. November 2009 ist nicht die Abwehr des Angriffs auf Absatz 4 von § 130 StGB. Sein eigentliches Ziel ist die Ausmerzung des Absatzes 3 dieser Bestimmung, soweit dieser nicht nur die Billigung des Holocausts unter Strafe stellt, sondern auch dessen Leugnung beziehungsweise dessen Verharmlosung. Dieses Ziel ist ablesbar aus dem Umstand, daß die argumentierenden Abschnitte der Begründung für die getroffene Entscheidung gänzlich ohne Bedeutung sind. Es handelt sich um ein geradezu exzessives obiter dictum (beiläufige nicht entscheidungserhebliche Ausführungen), also um nicht notwendige Festlegungen, wie die Obergerichte im allgemein versuchen, zu vermeiden.

Da beim Bundesverfassungsgericht handwerkliches Unvermögen nicht zu vermuten ist, muß es für diese Auffälligkeit eine andere Erklärung geben. Um sie zu finden, ist die Beschaffenheit der Entscheidungsgründe näher zu analysieren.

Die Zurückweisung der Grundrechtsbeschwerde des Rechtsanwalts Jürgen Rieger wegen eines auf § 130 Abs. 4 StGB gestützten Versammlungsverbotes beruht ausschließlich auf die Anwendung der Lehre von den immanenten Grundrechtsschranken. Die in sich standfeste und völlig ausreichende Begründung ist in einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 2009 wie folgt wiedergegeben:

„Zwar ist die Vorschrift des § 130 Abs. 4 StGB kein allgemeines Gesetz im Sinne des Artikels 5 Abs. 2 Alternative 1 GG, weil sie nicht dem Schutz von Gewalt- und Willküropfern allgemein dient und bewußt nicht auf die Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der Gewalt- und Willkürherrschaft totalitärer Regime insgesamt abstellt, sondern auf positive Äußerungen allein in Bezug auf den Nationalsozialismus begrenzt ist.

§ 130 Abs. 4 StGB ist aber auch als nichtallgemeines Gesetz ausnahmsweise mit Artikel 5 Abs. 1 und 2 vereinbar. Angesichts des Unrechts und Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft verursacht hat, ist Artikel 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts immanent. Das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes gedeutet werden“.

Das Gericht hätte es sogar dahingestellt sein lassen können, ob § 130 Abs. 4 StGB ein allgemeines Gesetz im Sinne des Artikels 5 ist oder nicht. Es hätte genügt zu sagen: „selbst wenn es ein Sondergesetz wäre, hätte es im Hinblick auf die immanente Schranke der Grundrechte als Ausnahme Bestand“. Mehr wäre nicht erforderlich gewesen.

Den Schwerpunkt seiner Argumentation hat der 1. Senat auf die Untersuchung des Tatbestandsmerkmals „Störung des öffentlichen Friedens“ gelegt. Für die Fallösung zu Absatz 4 von § 130 StGB war das nicht erforderlich. Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber auch in Absatz 3 enthalten und ist daselbst der einzige Zeiger auf ein legitimierendes Schutzgut. Die für Absatz 4 irrelevante Herabstufung diese Merkmals zu einem bloßen Korrektiv ohne strafelegitimierende Bedeutung trifft allein Absatz 3 von § 130 StGB und macht diesen zu einer Ruine.

Es ist nicht denkbar, daß das den Mitgliedern des 1. Senats entgangen ist. Also haben sie genau das gewollt.

Mit der Ausrichtung des Rammstoßes auf das Tatbestandsmerkmal „Friedensstörung“ läßt der 1. Senat zugleich den Versuch ins Leere gehen, die Holocaustleugnung dem Schutz des Grundrechts der freien Meinungsäußerung dadurch zu entziehen, daß die Leugnung zu einer reinen Tatsachenbehauptung ohne Meinungsanteil gestempelt wird. Es wird dann argumentiert, daß offensichtlich falsche Tatsachenbehauptungen – wie § 186 StGB zeige – keinen Schutz genießen.

Daß Karlsruhe die Möglichkeit, das Verfahren mit Rücksicht auf den Tod des Beschwerdeführers für erledigt zu erklären (BVerFGE 6,389 / 442 f. / ; 12,311 / 315 / ), nicht genutzt ist, ist ein weiteres Indiz für das dringende Interesse des Bundesverfassungsgerichts an einer Klärung der in den Entscheidungsgründen bearbeiteten Rechtsfragen insbesondere auch im Hinblick auf § 130 Abs. 3 StGB.

Es wäre nicht nachvollziehbar, wollte man jetzt immer noch mit einem Hinweis auf die „ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts“ den Standpunkt beibehalten, daß die Vereinbarkeit von § 130 Abs. 3 StGB mit dem Grundgesetz „zweifelsfrei“ sei. Die verfassungsrechtliche Bonität des § 130 Abs. 3 StGB ist nach dem Beschluß vom 4. November 2009 nicht nur auf „zweifelhaft“ herabgestuft, sondern auf „unvereinbar“ gesetzt worden.

Damit ist die Voraussetzung für den zwingend erforderlichen Vorlagebeschluß nach Art. 100 GG hinreichend dargetan.