Böhm, Reinhold

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Reinhold Böhm (Lebensrune.png 7. Juli 1890 in Gertlauken, Kreis Labiau bei Königsberg, Ostpreußen; Todesrune.png 22. September 1958 in Karlsruhe) war ein deutscher Flugpionier, Fluglehrer und Alter Adler. Sein Alleinflug-Rekord als Albatros-Werksflieger hatte bis 1927 Bestand.

Werdegang

Reinhold Böhm am 11. Juli 1914 nach dem Dauerflug-Weltrekord im Albatros-Militär-Doppeldecker.jpg

Böhm erwarb am 18. April 1913 sein Flugmaschinenführer-Zeugnis für Zweidecker (L.V.G.). Schon im August 1913 nahm er in einem Albatros-Eindecker (Albatros-Benz 100 P5) am Berliner Rundflug teil. Er stellte vom 10. auf den 11. Juli 1914 einen Dauerflugrekord von 24 Stunden 12 Minuten in einem von Ernst Heinkel konstruierten Albatros-Militär-Doppeldecker (Albatros B.I) ohne nachzutanken oder zwischenzulanden auf. Der Rekord konnte erst 13 Jahre später von Charles Lindbergh auf seinem Atlantikflug überboten werden.

„Der Flieger Reinhold Böhm, der gestern abend 5 Uhr 52 Minuten zu einem Dauerflug aufgestiegen war, ist heute nachmittag 6 Uhr 4 Minuten in Johannisthal glatt gelandet.“

Er erhielt für seine Leistung 5.000 Mark aus der National-Flugspende. Er war auch Erprobungsfahrer die von Hans Grade gebauten Automobile.

Böhm, Reinhold.png

Mein 24-Stunden-Flug

Als ich um 4 Uhr Nachmittags auf dem Flugplatz erschien, waren die Monteure gerade damit beschäftigt, das letzte Quantum Benzin in den 600-Liter-Behälter einzufüllen. Die Erfahrungen meiner Vormänner im Dauerrekord machte ich mir zunutze und mutete meinem Magen nicht zu, schwer verdauliche Speisen aufzunehmen. Einige Tafeln Schokolade sollten mir die gewohnte Tagesmahlzeit ersetzen und eine Flasche Milch den Durst löschen. Es ist kurz vor 6 Uhr. Der Albatros-Militär-Doppeldecker ist startbereit. Der Propeller wird angeworfen und der Motor beginnt sein brummendes Lied. Ich besteige den Führersitz, den ich hoffentlich nicht sobald verlassen werde. Die Bremsklötze werden fortgenommen und mein Albatros rollt mir Vollgas über die Flugbahn, um sich nach kurzem Anlauf zu erheben. Der schwer belastete Apparat zieht anfangs niedrig seine Kreise, hat sich aber im Verein mit dem vortrefflichen Mercedes nach einer halben Stunde auf eine Höhe von 400 Metern gebracht. Mit voller Geschwindigkeit überwindet er spielend jede Böe. Langsam kommt der Abend heran. Es dunkelt und an den Bahngleisen entlang flammen weiße, grüne und rote Lichter auf. In der Ferne läßt der Koloß Berlin seine Lichtfülle zu mir herüberscheinen. Jetzt entfalten auch die Signallichter auf dem Leuchtturm ihr Tätigkeit. Die Albatros-Leute haben einen Holzstoß angezündet, der mir aus meiner Höhe wie eine brennende Zündholzschachtel vorkommt.
Mit meiner Taschenlaterne beleuchte ich von Zeit zu Zeit meine Benzinuhr, die mir anzeigt, wie viel Liter mein durstiger Mercedes verbraucht hat. 11 Uhr! – Die große Luftschiffhalle öffnet ihre riesigen Tore und aus ihrem Rachen gleitet langsam von Scheinwerfern beleuchtet der „Z. V“, um einen Fernflug anzutreten. Ich fliege ihm aus dem Wege, denn der große Freund könnte mir gefährlich werden. – 12 Uhr! – Des Mondes Silberschein lugt jetzt hinter den Wolken hervor und beleuchtet hell die Erde. Ein Gefühl der Ruhe kommt über mich, die Nacht hat ihre Schrecken verloren, denn die leuchtende Kugel am Himmel schützt mich. – 1 Uhr! – Was geht da unten vor, mächtige Flammen durchzüngeln die Nacht. Ein Haus ist in Brand geraten und brennt restlos nieder. – 2Uhr! – Der gute Mond zieht ein schiefes Gesicht, die Stunde seines Unterganges ist gekommen. Gar zu gern hätte er noch länger zugeschaut und auch ich hätte mich noch gern seiner Gesellschaft erfreut. Doch was half es, die große Nachtlampe lächelt noch einmal zu mir hinunter und verschwindet hinter einer Wolke; um mich ist wieder Nacht. Bald jedoch dämmert es langsam, die Wolken färben sich purpurrot – der neue Tag verkündet sein Herannahen. Immer mehr Wolken ziehen heran, aber etwas Verstecktes, unheimlich Drohendes lauert hinter ihnen. Sollte ein Gewitter auf mich warten? – Doch nein! Dort steigt die Sonne herauf und ein purpurner Glanz umgibt mich.
Allmählich habe ich Durst bekommen, ich greife zu meiner Milchflasche, aber o weh! – der Inhalt ist verdorben und ich muß mich darauf einrichten, ohne einen Labetrunk mein gestecktes Ziel zu erreichen. Etwas Schokolade hilft mir auch über diese Situation hinweg. Bald wehen heftige Böen zu mir hinunter und ich steige langsam höher. – Jetzt sind 1600 Meter erreicht! Ruhig liegt mein Albatros in der Luft, unaufhaltsam fliegt er seine Bahn. So vergeht der Morgen und es wird heiß und heißer. – 10 Uhr ist es! – Erst 16 Stunden sind seit meinem Start verflossen, noch sechs Stunden dauert es, ehe der Weltrekord Landmanns erreicht ist.
Da stellt sich ein neuer Feind mir in den Weg. Es ist der Schlaf und sein Bundesgenosse, die Langeweile. – An das Sitzen habe ich mich schon gewöhnt, alle Vorbedingungen für einen gesunden Schlaf sind erfüllt. Aber jetzt heißt es wach bleiben. Doch bald vertreibt neue Gefahr den Schlaf. Böen steigen auf und aus weiten Fernen ziehen Wolkenköpfe zu mir herüber; immer dichter wird das Gewölk und die Böen durchschütteln kräftig meine Maschine. Höher hinauf! – Und bald sind 2000 Meter erreicht. – Es wird Mittag und schließlich 2 Uhr Nachmittags! Noch zwei Stunden – und der Weltrekord ist geschlagen. Zwei Stunden gleich 120 Minuten, entsetzlich lange noch! – Wie langsam doch so eine Minute vergeht. Das Armband mit der Uhr stecke ich in die Tasche, denn das Ding narrt mich nur mit seinen drei Zeigern. Aber immer wieder greift meine Hand in die Tasche und mein Blick ruht wieder auf dem Zifferblatt. Kaum eine Minute vergangen, noch 119 Minuten. – Die Sache fängt an, langweilig zu werden: also zur Abwechslung wieder etwas höher. Ich steige auf 2500 Meter und in dieser Höhe ist die Erde kaum mehr sichtbar. Aber bald ballen sich am Horizont dichte Wolken zusammen, die mich zum Niedergehen zwingen. Bald bin ich wieder auf 300 Meter herunter. Es ist 3 Uhr geworden, noch eine Stunde und ich habe den Rekord! – Doch was ist das? – Knack, knack – das Blut will mir in den Adern erstarren, meine Müdigkeit ist entflohen, meine ganzen Sinne konzentrieren sich scharf an den Ton des laufenden Motors. Es war ein Aussetzen! Werden ihm weitere folgen? Wird der Motor stehen bleiben, und ich soll vergebens 21 Stunden gekämpft haben? – Mein Ohr lauscht gespannt, doch der Mercedes läuft ruhig weiter.
Es war nur ein Schreckschuß, aber ein Schreckschuß, der durch Mark und Bein ging und die Langeweile vertrieb. – Inzwischen war ich auf 200 Meter heruntergegangen und flog nun immer im Kreis um den Flugplatz herum. Tücher und Hände winken zu mir hinauf, denn der Dauerweltrekord Landmanns ist geschlagen! Ich vollführe drei Schleifen mit meinem Albatros als Zeichen des Dankes, aber noch will ich nicht hinunter; 24 Stunden ist mein Ziel! – Der Himmel wird immer drohender und ein schweres Gewitter kommt heran. Was doch der Mercedes leistet! – Ich beobachte seinen Lauf nun schon mit größerer Ruhe, ist der Rekord doch mein! Die Ventile hämmern im gleichen Takt. Was mußte überwunden werden, bis für den Motor das Material gefunden worden ist, daß einer solchen dauernden Beanspruchung gewachsen ist. Mit was für einer brutalen Kraft werden die Kolben durch die Explosion in die Stahlzylinder gepreßt, mit welcher Gewalt die Kippheben hin und zurück geschleudert. – Fürwahr, ein Wunderwerk der Technik! Aus diesen Gedanken reißt mich jäh ein greller Blitz. Von fern rollt der Donner heran, aber ich lausche trotzdem unbeirrt auf die Töne meines Motors.
Wieder ein Blick auf die Uhr: 5 Uhr 53 Minuten! Das Ziel ist erreicht! – Noch einmal in die Höhe, treuer Albatros, und du, Mercedes, laufe noch einige Minuten, dann kann ich dir deine wohlverdiente Ruhe gönnen. Und dann geht’s im steilen Kurvengleitflug zur Erde, und bald bin ich glatt gelandet. Der Mercedes ist verstummt, doch sonderbar, mein Ohr hört ihn immer noch; nur langsam kommt mein Trommelfell zur Ruhe und da höre ich Hochrufe: Ehe ich mich versehe, bin ich von Freunden umringt und sitze im Auto, man beglückwünscht mich, interviewt mich, man spendet mir Lorbeer, man gibt mir Sekt. – Ich lasse alles geduldig über mich ergehen und habe nur den einen Wunsch: „Nach Hause!“ Ein riesiger Appetit läßt mich das gewohnte Abendbrot ohne große Müdigkeit verzehren, während draußen unter Blitz und Donner ein Platzregen niedergeht.[1]

Familie

Reinold war der Sohn von Karl Otto Böhm/Boehm und dessen Frau Luise, geb. Bartsch. Verheiratet war er mit Maria Tippmann.

Fußnoten

  1. Mein 24-Stunden-Flug (Quelle: Berliner Tageblatt)