SMS „Möwe“ (1879)
Die SMS „Möwe“ war ein Schiff der Kaiserlichen Marine der „Habicht“-Klasse. Ursprünglich als kleines Kanonenboot konzipiert, wurde der Dreimaster mit rund 133 Mann Besatzung dann als Vermessungsschiff in den deutschen Schutzgebieten in der Südsee und in Deutsch-Neuguinea eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Stapellauf des Kanonenbootes (Länge über alles: 59,2 m; Breite: 8,9 m; Tiefgang: 3,52 - 4,18 m) erfolgte am 13. Mai 1879, die Indienststellung am 31. Mai 1880. 1884 wurde der Generalkonsul in Tunis Dr. Gustav Nachtigal durch das Kanonenboot „Möve“ abgeholt, um Togo, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika unter deutschen Schutz zu stellen, welcher Aufgabe er sich mit großer Gewissenhaftigkeit und Energie unterzog.
- „Als die Engländer ihr eigennütziges Eingreifen in den ägyptischen Aufstand mit der Beschießung der fast wehrlosen Stadt Alexandria am 8. Juli 1882 begannen, entstand dort natürlich eine starke Erbitterung gegen alle Europäer, sodass das Deutsche Reich gezwungen war, die Kanonenboote Habicht und Möwe mit der Rettung der deutschen und österreichischen Flüchtlinge zu beauftragen; um die Ordnung in der Stadt wenigstens an den Stellen, wo die Flüchtlinge gesammelt wurden, zu erhalten. Die deutschen Mannschaften wurden sogar versehentlich von britischen Matrosenabteilungen beschossen ohne jedoch jemanden zu treffen, später entschuldigten sich die Briten. Als die Engländer weiter in Ägypten vordrangen, führte S.M.S. Möwe etwa 150 deutsche Flüchtlinge von Ismailia nach Port Said. 1884 erging der Befehl zur Bildung des ‚Westafrikanischen Kreuzer-Geschwaders‘ mit S.M.S. Bismarck, S.M.S. Möwe, S.M.S. Gneisenau, S.M.S. Olga, und S.M.S. Ariadne. Chef des Westafrikanischen Kreuzer-Geschwaders wurde Konteradmiral Knorr, sein Flaggschiff wurde S.M.S. Bismarck. Am 19. Mai 1884 beauftragt Reichskanzler Otto von Bismarck den deutschen Generalkonsul in Tunis, Dr. Nachtigal, nach Westafrika zu reisen, um ‚...die dort ansässigen Deutschen unter deutschen Schutz zu stellen‘. Die Instruktion bezieht sich auf den Küstenstrich zwischen dem Nigerdelta und Gabun, insbesondere das Gebiet gegenüber der spanischen Insel Fernando Po von der Mündung des Kamerunflusses bis zum Kap St. John. In der Weisung heißt es, dass die Errichtung einer Verwaltung sowie einer Garnison deutscher Truppen nicht beabsichtigt ist. In Bimbia wird am 11. Juli 1884 der erste Schutzvertrag im späteren Kamerun unterzeichnet. Nachdem die Agenten der Firmen Woermann und Jantzen & Thormählen bereits vorgearbeitet haben, gelingt es dem Reichskommissar Dr. Nachtigal und seinem Begleiter Dr. Buchner, auch die Könige Bell und Aqua, deren Stammesführer bisher infolge englischen Einflusses dagegen waren, zum Unterzeichnen eines Schutzvertrages zu bewegen. Am 14. Juli erfolgt die feierliche Flaggenhissung in den Dörfern Bell, Aqua und Didotown in Anwesenheit des Kriegsschiffes S.M.S. Möwe. Großbritannien war um einige Tage zu spät gekommen, obschon bereits 1882 das Land den Briten als Protektorat angeboten worden war; diese aber auf dieses Angebot nicht geantwortet hatten. In den darauf folgenden Wochen und Monaten werden von Dr. Buchner weitere Verträge im Innern abgeschlossen, zuletzt in Südkamerun. Die Besitzverhältnisse und die Hoheitsrechte unter den Küstenstammesführern waren sehr schwierig, ein Umstand, der zu Konflikten mit den alteingesessenen Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich führte. Vom 18. bis 22. September 1884 kommt es zum Aufstand gegen den deutschfreundlichen König Bell, veranlasst durch britische Kaufleute. Der Aufstand wird durch ein Landungskorps der Kriegsschiffe S.M.S. Bismarck und S.M.S. Olga, die unter dem Kommando des Admirals Knorr stehen, unterdrückt, nachdem die Joßplatte, wo sich die Aufständigen verschanzt haben, erstürmt ist. Bei diesem Kampf fällt der Agent der Firma Woermann, Pantenius.[1][2] Nach verschiedenen Verträgen mit Frankreich und Großbritannien wird Kamerun noch 1884 eine deutsche Kolonie.“[3]
Danach nahm die „Möwe“ Flaggenhissungen in den Küstengebieten von Nigeria, Gabun, Togo und Angola vor. Anschließend beteiligte sie sich an der Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Ein Landungskorps des Kriegsschiffes nahm an der Niederschlagung der Sklavenhändlerrevolte in Deutsch-Ostafrika teil. Das Gefecht vor Tanga am 5./6. September 1888 wird als Beginn der kriegerischen Ereignisse angesehen.
Abwrackung
Das Schiff war bis zur Streichung am 9. Dezember 1905 im Einsatz und wurde 1910 abgewrackt. Das Schwesternschiff SMS „Habicht“, das sich im Hottentottenkrieg bewährt hatte, wurde schon 1906 abgewrackt, das Halbschwesternschiff SMS „Adler“ strandete nur fünf Jahre nach der Indienststellung nach einem tropischen Wirbelsturm vor Samoa.
Literatur
- Johannes Wilda: Reise auf S.M.S. „Möwe“. Streitzüge in Südseekolonien und Ostasien., Allgemeiner Verein für Deutsche Litteratur, 1903 (PDF-Datei)