Sicherungsverwahrung

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Sicherungsverwahrung, Schutzhaft, Vorbeugehaft und Sicherheitsverwahrung bezeichnen die Festnahme bzw. Verhaftung oder weitere Verwahrung eines Straftäters, der im Verbrechensbereich eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Dabei ist die Schutzhaft eine politische, die Vorbeugehaft eine kriminalpolizeiliche und die Sicherungsverwahrung eine gerichtliche Maßnahme.

Anfänge

Die Geschichte der Schutzhaft geht auf die Revolution von 1848 zurück, als die preußischen Behörden durch ein Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit vom 24. September 1848, das am 12. Februar 1850 noch einmal verschärft wurde, ermächtigt wurden, auch solche Personen zu inhaftieren, die keine Straftaten begangen hatten. Es genügte der Hinweis auf die bedrohte öffentliche Sicherheit und Ordnung.[1] Nach dem preußischen Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 konnte der Militärbefehlshaber ohne gesetzliche Schranken Festnahmen vornehmen lassen. Am 4. Dezember 1916 wurden die Verhaftungsregelungen aus dem Belagerungsgesetz in einem eigenen Gesetz betreffend die Verhaftung und Aufenthaltsbeschränkung auf Grund des Kriegszustandes und des Belagerungszustandes konkretisiert.[2] Ohne in den Texten so genannt zu werden, hatte sich im Volksmund der Begriff „Schutzhaft“ eingebürgert. Das Gesetz galt auch abgewandelt in der Weimarer Republik fort. Hier war es Art. 48 WRV Abs. 2. „Die Freiheit der Person“, die unter bestimmten Umständen eine Zeitlang durch Art. 114 WRV eingeschränkt werden konnte. Das führte dann zur vorläufigen Inverwahrungsnahme auf sicherheits- und ordnungspolizeilichem Gebiet, bspw. von Betrunkenen.[3] In den ersten Jahren der sogenannten Weimarer Republik wurden Schutzhäftlinge in Lagern untergebracht, die Konzentrationslager genannt wurden.

Das preußische Polizeiverwaltungsgesetz (PVG) vom 1. Juni 1931 ersetzte im § 15 das Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und die darin enthaltene Bestimmung zur Schutzhaft.[4]

Nationalsozialismus

Schutzhaft

Zur Ermordung Ernst Eduard vom Rath im November 1938 durch eine Juden

Mit der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 wurde eine Rechtsgrundlage zur Schutzhaft mit der sachlichen Voraussetzung eines staatsfeindlichen Verhaltens geschaffen, die politische Schutzhaft.

Der Versuch der deutschen Justiz, die Schutzhaft als präventive Maßnahme zu sichern und nicht anstelle gerichtlicher Bestrafung treten zu lassen, wurde durch das preußische Oberverwaltungsgericht im Mai 1935 beendet. Das OVG entschied, daß Maßnahmen des Geheimen Staatspolizeiamts (Gestapa, später Gestapo) nicht mehr verwaltungsgerichtlich überprüft werden können. Mit dem preußischen Gesetz über die Geheime Staatspolizei vom 10. Februar 1936 wurde diese Entscheidung festgeschrieben.[5] Mit dem Schutzhafterlaß vom 25. Januar 1938 war nur noch das Geheime Staatspolizeiamt zur Verhängung der Schutzhaft berechtigt.[6] Nach den jüdischen Kriegserklärungen an Deutschland wurden auch Juden, die sich im Reich aufhielten, als potentielle Kriegsgegner in Schutzhaft genommen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges gegen Deutschland sollten Schutzhäftlinge für die Dauer des Krieges prinzipiell nicht mehr entlassen werden.

Vorbeugehaft

Die zeitlich nicht begrenzte Internierung ohne Urteil wurde der preußischen Kriminalpolizei mit dem Erlaß über die Anwendung der vorbeugenden Polizeihaft gegen Berufsverbrecher vom 13. November 1933 ermöglicht. Mit den Erlaß wurden anfänglich Verbrecher mit einer dreimaligen Verurteilung wegen Gewinnsuchtverbrechen in polizeiliche Vorbeugehaft gekommen.[7] Ab 1937 kamen noch gewohnheitsmäßige Sittlichkeitsverbrecher und Asoziale hinzu. So wuchs die Zahl der Internierten von 2.800 im Jahr 1937 auf 70.000 im Jahr 1943 an.[8] Die Schutzhaft der Gestapo und die Vorbeugehaft der Polizei wurden zumeist in Konzentrationslagern vollstreckt.

Sicherungsverwahrung

Die gerichtliche Sicherungsverwahrung gegen Mehrfachtäter wurde nach dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 vollstreckt.[9]

BRD

Sicherungsverwahrung.jpg

Im Justizsystem der BRD ist nur die Sicherungsverwahrung zu finden. Durch Entscheidungen des „Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte“ vom Januar 2001 und des „Bundesverfassungsgerichts“ vom Mai 2011 muß die bisherige Verfahrensweise überarbeitet werden. Die Vorbeugehaft wurde offiziell abgeschafft. Umgangen wird dieses Manko durch den §112a StPO, der mit Wiederholungsgefahr einen Haftgrund angibt.[10]

Gedanken zur Vorbeugehaft bei Terroristen: Der SPD-„Innenexperte“ Dieter Wiefelspütz hat eine „differenzierte Meinung“. Er habe damit „grundsätzlich kein Problem“. Eine solche Maßnahme sei, wenn sie mit einem Richtervorbehalt versehen sei, in einem Rechtsstaat denkbar.[11]

Verweise

Fußnoten

  1. Kai Cornelius: Vom spurlosen Verschwindenlassen zur Benachrichtigungspflicht bei Festnahmen, 2006, S. 58
  2. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 69
  3. Schack: Die Schutzhaft. In: Der Deutsche Polizeibeamte, Heft 3, 1933, S. 105–107
  4. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 69
  5. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 72
  6. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 73
  7. Cornelius. Verschwindenlassen. S. 74.
  8. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 75
  9. Cornelius: Verschwindenlassen, S. 74
  10. Gerhard Köbler: Juristisches Wörterbuch, 1999, 9. Aufl.
  11. Ströbele vergleicht Schilys Vorschlag mit Nazi-Schutzhaft, Der Spiegel, 4. August 2005