Wohin gehst du, mein Volk?
Wohin gehst du, mein Volk? ist ein Gedicht von Ursel Peter.
Text
- Wohin gehst du, mein Volk?
- Wohin führt dich dein Weg
- durch das Irrsal dieser verworrenen Zeit,
- wo der Bruder den Bruder verrät,
- die Mutter die Kinder verläßt,
- daß sie verkommen im Sumpfe der Gosse;
- wo der Mann vergißt,
- daß die Frau, die Geliebte,
- etwas Heiliges ist,
- noch immer.
- Wohin gehst du, mein Volk?
- Wohin führt dich dein Weg
- durch falschen Reichtum und Glanz?
- Satt und stumpf treibst du durch
- Lärm und Lust,
- ohne Blick für den Tag und den
- hohen Himmel,
- für den Wald, der noch blieb,
- und den Acker, der dich getreulich ernährte
- all die Geschlechter lang.
- Wohin gehst du, mein Volk,
- zwischen Leichtsinn und Untergang?
- Hast du vergessen, was Väter und Ahnen
- erbaut, geliebt und geadelt,
- mein Volk, was seit Urzeiten als
- Höchstes galt
- vor Gott und den Menschen:
- die Treue, die Ehre, die Liebe -
- nicht der Feind, wie hätt’ er es je vermocht -
- nur du selbst konntest es leugnen
- und höhnend zertreten.
- Wohin gehst du, mein Volk?
- Die Lüge betest du an,
- erhebst sie auf deinen Altar,
- in ihrem Namen verrätst du dein Bestes:
- den Tod deiner Söhne, die Tränen der Mütter,
- die brennende Not
- um das Schicksal der Heimat.
- Schamrot muß selbst der Fremde sich wenden,
- schamrot, daß du so tief
- dich zu vergessen vermochtest!