Anderes Deutschland
Unter dem Begriff des anderen Deutschlands versteht man den Hinweis darauf, daß nicht alle Deutschen in der Zeit von 1933 bis 1945 die Ideen des Nationalsozialismus teilten und es auch Menschen gab, die gegen die nationalsozialistische Staatsführung waren. Damit soll das Bild Deutschlands in der Welt aufgebessert werden, da im Ausland - vor allem in den Vereinigten Staaten - die Meinung, Deutscher und Nationalsozialist seien zu dieser Zeit identische Bezeichnungen gewesen, noch stark vertreten ist und vorherrscht. Die Idee stellt somit einen Gegensatz zur Kollektivschuldsthese in Bezug auf das deutsche Volk dar, nach der alle Deutschen das Drittes Reich mitzuverantworten haben und auch alle künftigen Generationen die Schuld in sich tragen.
Zu den Vertretern des sogenannten anderen Deutschlands waren etwa die Verschwörer um Stauffenberg oder auch die Weiße Rose. Die militärische Anti-NS-Opposition um Stauffenberg hatte zudem schon konkrete Pläne für eine Neugestaltung des Großdeutschen Reiches für die Post-Hitler-Zeit, jedoch waren diese Pläne aufgrund nicht erfolgreicher Putschversuche und der mangelnden Kooperation der Alliierten, die mit dem Deutschen Reich keinen Frieden haben wollten, nicht durchsetzbar. Viele NS-Gegner in der Wehrmacht beriefen sich dabei auf das Preußentum, dem sie sich verbunden fühlten und das ihrer Sicht nach nicht mit dem Nationalsozialismus zu vereinbaren sei. Kritische Stimmen hingegen sind der Meinung, der Gesinnungswandel kam bei vielen erst, nachdem feststand, daß die militärische Lage für das Reich aussichtslos ist.
Der Begriff des anderen Deutschlands kann auch auf den österreichischen Ständestaat verwendet werden, so sah Engelbert Dollfuß, der dem Nationalsozialmus ablehnend gegenüberstand, seinen österreichischen Staat als ein anderes, besseres Deutschland.
Literatur
- Gerd R. Ueberschär, Für ein anderes Deutschland: Der deutsche Widerstand gegen den NS-Staat 1933 - 1945