Brazil
Brazil (engl. | dt. Brasilien) ist ein preisgekrönter Film des Regisseurs Terry Gilliam (* 1940 in Minneapolis, VSA) von 1985. Er ist eine bittere bis tragikkomische Persiflage auf die britische Gesellschaft während des Zweiten Weltkrieges.
Handlung
Die durch Geburt privilegierte Hauptfigur David Lowry ist ein Archiv-Angestellter des Informationsministeriums. Er hat das Bedürfnis aus seiner technologisierten Welt auszubrechen. Parallel dazu verschwindet ein versehentlich Verhafteter, auf dessen Suche sich die Nachbarin begibt. Als Lowry sich in ebendiese Frau, nach der gefahndet wird, verliebt, gerät er selbst in die Mühlen des Systems und muß erkennen, das sein alter Freund Jack, Angestellter auf Sicherheitsstufe 5, Geständnisse von Verdächtigen erfoltert.
Rezeption
Im Film findet sich sich die ganze Breite der von Geheimniskrämerei, Entbehrungen, Entmündigung (Verteidigungsanordnung 18B) und brutaler Verfolgung gekennzeichneten britischen Verhältnisse von 1942.
Eine privilegierte Minderheit, die den Kampf gegen "Terroristen" als sportliche Herausforderung sieht und ansonsten nichtigen Beschäftigungen folgt, entspricht offensichtlich dem britischen (Geld)Adel und seiner politischen Klientel. Ihm steht ein hoffnungslos entmündigtes Proletariat gegenüber, gekennzeichnet durch Perspektivlosigkeit und prekäre Armut. Zwischen beiden agiert eine monströse Verfolgungs-, Mord- und Propagandahirarchie, die über fein abgestufte Privilegien im sogenannten Ministerium für Information (M.O.I) zusammengefasst ist. Sie dient der Herrschaftssicherung der Snobs. Je höher die Sicherheitsstufe des Mitarbeiters um so mehr Vorteile fallen ihm zu.
Die Propagandaplakate im Film weisen alle auf das Ministerium für Information der Churchill-Regierung hin. Ihre Aussagen werden von den davor stattfindenden allzumenschlichen Ereignissen konterkariert, wodurch sie zu dem werden, was sie sind: hohle Phrasen und billige Agitation, über die zu lachen wäre, wäre Widerstand nicht lebensgefährlich.
Der Chef der Ministeriumsspitze, der Abteilung Informationswiederbeschaffung, ähnelt im eleganten Zweireiher und in seiner Wichtigkeit bemerkenswert dem historischen M.O.I- Chef, Zeitungsverleger Brendan Bracken. Er agiert unzweifelhaft im heutigen Senatsgebäude der Universität London, ein damals gerade fertiggestellter monumentaler Betonbau im Rohzustand. Während die Universität im Krieg aufs Land zog, wurde das vom ersten Weltkrieg wieder auferstandene M.O.I hier einquartiert. Churchill, der gleichfalls in London blieb (allerdings im Downing Street-Bunker, der der Bevölkerung unbekannt war), wollte so dem bombengeplagten Stadtvolk demonstrieren, das sich nicht alle Behörden davonmachten.
Mit dem noblen Sportsmann und stellvertretendem Informationsminister David Helpman im Rollstuhl kann ebensogut Franklin D. Roosevelt assoziiert werden.
Eine zeitliche Einordnung des Films ist jedoch, sicher um ihn übertragbar zu machen, mit Absicht vermieden worden. So wird einerseits ein Delinquent im Jahr "84" verhaftet, andererseits vertreiben sich die Archivangestellten die Zeit mit dem Film Casablanca von 1942. Viel Situationskomik macht die Handlung in den Kulissen der 1940er Jahre auch amüsant.