Firne Sitte
Firne Sitte (Forn Siðr, inn forni siðr), „der alte Brauch“ ist ein historischer altnordischer Begriff für die vorchristlichen religiösen Bräuche Skandinaviens. Im Gegensatz dazu steht nýi siðr „Neue Sitte“, „der neue Brauch“ für die christianisierte Gesellschaft des Hochmittelalters. Ähnlich wird heiðinn siðr „Heidnischer Brauch“ gegensätzlich zu Kristinn siðr „christlicher Brauch“ verwendet.
Die angelsächsische Entsprechung des Begriffs ist fyrn sidu, die althochdeutsche Firner situ. Die moderne skandinavische Form ist forn sed. Das altnordische forn ist verwandt mit dem deutschen „firn“ (alt, vorjährig) und vor, in der Bedeutung „alt“ wie in Vor-fahren bzw. Altvorderen, die uns in der Zeit vorangingen. Das Wort Sitte (ahd. noch maskulin, situ, ergäbe nhd. „der Sitt“) ist urverwandt mit griechisch ethos (vergl. Ethik), von einem idg. *sedhos, ursprünglich mit einer Bedeutung „überkommener Brauch, angemessenes Verhalten“.
Forn Siðr, und in deutscher Übersetzung Firne Sitte oder auch „Alte Sitte“, wird seit den 1990er Jahren von neuheidnischen Gruppierungen verwendet. Forn Siðr selbst ist der Name der größten dänischen neuheidnischen Vereinigung, seit 2003 von der dänischen Regierung als Religionsgemeinschaft anerkannt.
Die Wahl dieses Begriffs begründet sich aus der Absicht, den Theismus weniger ins Zentrum des heidnischen Weltbildes zu stellen, als das bei Begriffen wie Asatru oder Odinismus der Fall ist. Es soll damit der Blick dafür geöffnet werden, daß das Heidentum mit der Christianisierung nicht einfach vorbei war, sondern als Volksreligion das mittelalterliche Europa stark mitgeprägt hat und in Gebräuchen und Erzählungen unter Umständen bis heute weiterbesteht. Im deutschen Sprachraum kann die Verwendung des eingedeutschten „Firne Sitte“ auch Ablösung vom in Asatru implizierten Fokus auf den Eddaischen altnordischen Polytheismus und Hinwendung zu lokalen Traditionen ausdrücken. „Firne Sitte“ oder „Alte Sitte“ wird aber auch als völlig austauschbar mit „Asatru“ verwendet.[1]