Göttinger Sieben

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Die Göttinger Sieben waren sieben Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung im Königreich Hannover durch Ernst August I. mit einem Aufruf vom 18. November 1837 protestierten und deshalb entlassen oder des Landes verwiesen wurden. Sie galten fortan als „gesamtdeutsche Helden im Exil“.

„Die Geschichte zeigt uns edle und freie Männer, welche es wagten, vor dem Angesicht der Könige die volle Wahrheit zu sagen; das Befugtsein gehört denen, die den Mut dazu haben. Oft hat ihr Bekenntnis gefruchtet, zuweilen hat es sie verderbt, nicht ihren Namen. Auch die Poesie, der Geschichte Widerschein, unterläßt es nicht, Handlungen der Fürsten nach der Gerechtigkeit zu wägen. Solche Beispiele lösen dem Untertanen seine Zunge, da wo die Not drängt, und trösten über jeden Ausgang.“ — Jacob Grimm: Über meine Entlassung (1838)

Der Brief

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An Hohes Königliches Universitäts-Curatorium.

Göttingen, den 18. November 1837, Unterthänigste Vorstellung einiger Mitglieder der LandesUniversität, das Königliche Patent vom 1. Nov. d. J. betreffend.

Die unterthänigst Unterzeichneten fühlen sich in ihrem Gewissen gedrungen, über den Inhalt des Königl. Patents vom 1sten d. M. ihre ehrerbietige Erklärung vor dem hohen UniversitätsCuratorium niederzulegen.

Die Unterzeichneten können sich bei aller schuldigen Ehrfurcht vor dem Königlichen Wort in ihrem Gewissen nicht davon überzeugen, daß das Staatsgrundgesetz um deßhalb rechtswidrig errichtet, mithin ungültig sei, weil der Höchstselige König nicht den ganzen Inhalt desselben auf Vertrag gegründet, sondern bei seiner Verkündigung einige Anträge der allgemeinen Ständeversammlung ungenehmigt gelassen und einige Abänderungen hinzugefügt hat, ohne daß diese zuvor den allgemeinen Ständen mitgetheilt und von ihnen genehmigt wären. Denn dieser Vorwurf der Ungültigkeit würde nach der anerkannten Rechtsregel, daß das Gültige nicht durch das Ungültige vernichtet wird, denn doch immer nur diese einzelnen Punkte, die nach ihrem Inhalte durchaus nicht das Ganze bedingen, treffen, keineswegs das ganze Staatsgrundgesetz. Derselbe Fall aber würde eintreten, wenn im Staatsgrundgesetze Rechte der Agnaten verletzt wären; denn der Grundsatz, daß eine jede Veränderung in der Staatsverfassung der agnatischen Einwilligung unterworfen sei, würde nicht ohne die größte Gefährdung der Königlichen Rechte aufgestellt werden können.

Was endlich die dem Staatsgrundgesetze zur Last gelegte Verletzung wesentlicher Königlicher Rechte angeht, so bleibt den unterthänigst Unterzeichneten in Bezug auf diese schwerste, aber gänzlich unentwickelt gebliebene Anklage nichts anders übrig, als daran zu erinnern, daß das Königliche Publikations-Patent vom 26. September 1833 sich gerade die Sicherstellung der landesherrlichen Rechte ausdrücklich zum Ziele nimmt, daß die deutsche Bundesversammlung, welche gleichzeitig mit den ständischen Verhandlungen über das Staatsgrundgesetz eine Commission gerade zu demselben Ziele aufstellte, keine Rüge der Art jemahls ausgesprochen hat, daß vielmehr das Staatsgrundgesetz dieses Königreichs in ganz Deutschland das Lob weiser Mäßigung und Umsicht gefunden hat. Wenn daher die unterthänigst Unterzeichneten sich nach ernster Erwägung der Wichtigkeit des Falles nicht anders überzeugen können, als daß das Staatsgrundgesetz seiner Errichtung und seinem Inhalte nach gültig sei, so können sie auch, ohne ihr Gewissen zu verletzen, es nicht stillschweigend geschehen lassen, daß dasselbe ohne weitere Untersuchung und Vertheidigung von Seiten der Berechtigten, allein auf dem Wege der Macht zu Grunde gehe. Ihre unabweisliche Pflicht vielmehr bleibt, wie sie hiemit thun, offen zu erklären, daß sie sich durch ihren auf das Staatsgrundgesetz geleisteten Eid fortwährend verpflichtet halten müssen, und daher weder an der Wahl eines Deputirten zu einer auf andern Grundlagen als denen des Staatsgrundgesetzes berufenen allgemeinen Ständeversammlung Theil nehmen, noch die Wahl annehmen, noch endlich eine Ständeversammlung, die im Widerspruche mit den Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes zusammentritt, als rechtmäßig bestehend anerkennen dürfen. Wenn die ehrerbietigst unterzeichneten Mitglieder der Landesuniversität hier als Einzelne auftreten, so geschieht es nicht, weil sie an der Gleichmäßigkeit der Überzeugung ihrer Collegen zweifeln, sondern weil sie so früh als möglich sich vor den Conflicten sicher zu stellen wünschen, welche jede nächste Stunde bringen kann. Sie sind sich bewußt, bei treuer Wahrung ihres amtlichen Berufs die studirende Jugend stets vor politischen Extremen gewarnt, und, so viel an ihnen lag, in der Anhänglichkeit an ihre Landesregierung befestigt zu haben. Allein das ganze Gelingen ihrer Wirksamkeit beruht nicht sicherer auf dem wissenschaftlichen Werthe ihrer Lehren, als auf ihrer persönlichen Unbescholtenheit. Sobald sie vor der studirenden Jugend als Männer erscheinen, die mit ihren Eiden ein leichtfertiges Spiel treiben, eben sobald ist der Segen ihrer Wirksamkeit dahin. Und was würde Sr. Majestät dem Könige der Eid unserer Treue und Huldigung bedeuten, wenn er von Solchen ausgienge, die eben erst ihre eidliche Versicherung freventlich verletzt haben?

F.C. Dahlmann. E. Albrecht. Jacob Grimm. Wilhelm Grimm. G. Gervinius. H. Ewald. Wilhelm Weber.

Die Beteiligten

Die Namen dieser sieben Professoren der Georg-August-Universität waren:

Am 12. Dezember 1837 entließ Ernst August I. die Professoren und verwies drei von ihnen – Friedrich Dahlmann, Jacob Grimm und Georg Gottfried Gervinus – sogar des Landes (→ Verbannung). Diese wurden dann 1840 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. empfangen, der politisch Verfolgte teilweise rehabilitierte. Gleichzeitig zeigte sich der große Solidarisierungseffekt in der Bevölkerung, die den drei Ausgewiesenen ihr Gehalt aus Spendengeldern zahlte. Spätestens hier wurde erkennbar, daß die Deutsche Nationalbewegung als Massenbewegung nun nicht mehr durch Beschlüsse und Verordnungen unterdrückt werden konnte.

In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 hatte Jacob Grimm einen Ehrenplatz inne, Albrecht, Dahlmann und Gervinus waren Mitverfasser der gesetzgebenden Initiativen. Der Ruf der Göttinger Universität litt noch lange Zeit an der Entlassung dieser als hervorragend geltenden Lehrer.

Siehe auch

Literatur

  • Die Protestation und Entlassung der sieben Göttinger Professoren (1838) (PDF-Datei)