Geheimer Rat

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Der Geheime Rat (Geh. Rat, Geh.-R.) war in den Territorien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und den späteren deutschen Monarchien bis 1918 ein Kollegium von Räten (Geheimes Ratskollegium, Geheimes Konseil, Geheimes Kabinett, in Brandenburg: Geheimer Staatsrat), das unmittelbar dem Fürsten unterstand und meist unter dessen Vorsitz über die wichtigsten Landesangelegenheiten, insbesondere über den Erlaß von Verordnungen, Beschluß faßte. In freien Reichsstädten galt als Geheimer Rat der sogenannte Kleine Rat. Dieser war für die gesamte Finanz- und Außenpolitik dieser Stadtstaaten zuständig. Vorläufer bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts war der österreichische Hofrat. Geheimrat und Hofrat sind somit nichtakademische Titel.

Erläuterung

Die Mitglieder des Geheimen Ratskollegiums hatten den Titel Geheimer Rat oder auch Geheimrat. In Preußen wurden die Mitglieder des Geheimen Zivilkabinetts seit der Mitte des 17. Jahrhunderts Königlich Preußischer Wirklicher Geheimer Rat genannt, im Unterschied zu den Mitgliedern des Justiz- und Domänenausschusses, die nur den einfachen Titel führten. Später wurde der Titel der höchsten Stufe Wirklicher Geheimer Rat als Auszeichnung an höchste Beamte verliehen. Der Titel war in der Regel mit dem Prädikat „Exzellenz“ verbunden, der Inhaber mußte dementsprechend angesprochen werden.

Nach 1918 wurde der Titel in Deutschland nur noch vom Freistaat Bayern als Auszeichnung weiterverliehen.

Historische Definitionen

  • Rath und Rathschlag wird das Gutachten oder die Meinung genannt, welche Jemand in Bezug auf irgend eine Angelegenheit in der Absicht ausspricht, daß sie die Entschließungen und Handlungen eines Andern bestimmen helfe. Indem man Andern einen Rath ertheilt, übernimmt man für gewöhnlich keine Verbindlichkeit in Betreff von Richtigkeit und Erfolg desselben, denn es steht dem Berathenen frei, ob er ihn befolgen will. Kommt er dadurch in Nachtheil so kann er sich deshalb keineswegs an den Rathgeber halten, denn ‚Rathgeber bezahlen nicht‘, sagt das Sprüchwort, es sei denn, dieser habe eine ausdrückliche Bürgschaft für seinen Rath übernommen oder sei durch sein Amt oder als Kunstverständiger verpflichtet, wie z. B. der Advocat, gewissenhaft und nach bester Einsicht zu rathen, sowie endlich, wenn der Rathgeber absichtlich bösen Rath gegeben haben sollte, um den Andern in Nachtheil zu bringen. Wer zu einem Verbrechen rathet, macht sich der Theilnahme daran allemal schuldig, welche bis zur Miturheberschaft gehen kann; ebenso zieht der einem Staatsoberhaupte ertheilte Rath, wenn er befolgt wird, für den Rathgeber beständig die Verantwortlichkeit wegen der Gesetzmäßigkeit desselben nach sich, der Rathgeber mag dazu amtlich verpflichtet sein oder nicht. – Man versteht unter Rath aber auch einen Rathgeber und es führen ferner eine Menge von Beamten höhern Ranges den mit vielerlei Zusätzen (z. B. Regierungs-, Consistorial-, Medicinal-, Schul-, Land- oder Forstrath u. s. w.) näher bestimmten Titel eines Raths, welcher aber auch blos als persönliche Auszeichnung und als Belohnung verliehen wird, ohne daß mit dem erhaltenen Titel eine amtliche Thätigkeit zusammenhängt, und man nennt daher die Inhaber solcher Rathstitel auch Titularräthe zum Unterschiede von den ihrem Titel gemäß amtlich angestellten wirklichen Räthen. Die vornehmsten sind in der Regel die wirklichen Geheimräthe, denen die Staatsräthe und die übrigen nach der in den verschiedenen Staaten geltenden Rangordnung folgen; als bloße Ehrenbezeigungen werden am häufigsten die Titel eines Hofraths, Commerzienraths, Kammerraths auch auf Ansuchen geeigneter Personen verliehen. – Rath heißt endlich auch eine Versammlung, ein Collegium von Beamten, die zu irgend einem Geschäft bestellt sind, so die Gesammtheit der Verwaltungsbehörden einer Stadt, daher sie auch der Stadtrath oder Magistrat (s. d.) genannt werden und die höhern Mitglieder desselben den Titel von Stadträthen führen, auch im Allgemeinen Rathsherren heißen und auf die absonderlich das Sprüchwort zielt: ‚Wenn du in den Rath gehst, so laß deine Person daheim‘, d. h. habe nur das gemeine Wohl im Auge. Im Felde versammelt der Oberbefehlshaber eines Heers in schwierigen Fällen die vornehmsten Offiziere zu einem Kriegsrathe, um ihre Rathschläge zu vernehmen, und regierende Fürsten verlangen in bedenklichen Angelegenheiten die Meinung ihres versammelten Staatsrathes.“[1]
  • Geheimer Rath, in mehren deutschen Staaten mit dem Ministerium die höchste Staatsbehörde, deren Sitzungen der Fürst beizuwohnen pflegt.“[2]
  • Kaiserlicher Rat, Behörde im Reichsland Elsaß-Lothringen. Er besteht aus zehn durch kaiserliche Verordnung ernannten Mitgliedern des Ministeriums unter Vorsitz eines besondern Präsidenten. Er entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen der Bezirksräte in streitigen Sachen und in einer Anzahl andrer einzelner Fälle. Eine Erweiterung seiner Zuständigkeit kann durch den Kaiser erfolgen (Elsaß-Lothringisches Landesgesetz vom 13. Juni 1898). An der Entscheidung müssen mindestens fünf Mitglieder, einschließlich des Vorsitzenden, Anteil nehmen. Der Titel k. R. wurde auch im alten Deutschen Reich und wird in Österreich als Auszeichnung verliehen.“
  • Geheimer Rat hieß in den deutschen landesherrlichen Gebieten früher ein Kollegium von Räten (Geheimes Ratskollegium, Geheimes Konseil, Staatsrat), das unmittelbar unter dem Fürsten stand und meist unter dessen Vorsitz über die wichtigsten Landesangelegenheiten beriet. Aus dem Geheimen Rat bildeten sich seit Ende des 17. Jahrh. die Ministerien heraus, ursprünglich meist in der Form eines Ausschusses des Geheimen Rats (Geheimes Kabinett, geheime Konferenz, Kabinettsminister, Konferenzminister). Hierdurch wurde der Geheime Rat allmählich aus den laufenden Geschäften verdrängt. Mit der Entwickelung des Konstitutionalismus verlor er seine Bedeutung; doch hat sich eine solche Körperschaft als begutachtendes Kollegium für wichtige Fragen der Gesetzgebung in manchen Verfassungen erhalten. Es führt meist die Bezeichnung Staatsrat (s. d.), wie z. B. in Preußen, Bayern; in Württemberg heißt es noch jetzt G. R. – Als Titel kam der Ausdruck G. R. (Geheimrat) zuerst für die Mitglieder des Geheimen Ratskollegiums in Ausnahme. Gegenwärtig wird der Titel: Wirklicher Geheimer Rat als Auszeichnung an höchste Beamte verliehen. Derselbe ist in der Regel mit dem Beiwort Exzellenz verbunden. Im übrigen ist G. R. vielfach, z. B. in Preußen, der Titel der obersten Beamten, namentlich der Ministerialdirektoren, der vortragenden Räte in den Ministerien, der ersten Räte in den Kollegien etc. In der Regel ist der Titel dann mit einer Kennzeichnung des Geschäftskreises, dem der Beamte angehört, verbunden, z. B. Geheimer Regierungsrat, Geheimer Finanzrat, Geheimer Justizrat etc. Auch als bloßer Titel wird der Titel G. R. verliehen, namentlich der Titel Geheimer Kommerzienrat an hervorragende Kaufleute und Industrielle, Geheimer Ökonomierat an verdiente Landwirte etc. Ferner erhalten in Preußen auch solche Beamte, wie Kanzlei-, Rechnungsräte, nach längerer Dienstzeit den Titel Geheimer Kanzlei-, Geheimer Rechnungsrat, wogegen übrigens gegenwärtig von seiten der wirklichen, d. h. echten Geheimräte Front gemacht wird.“
  • „In Bayern gibt es auch ‚Geheime Hofräte‘ [Anm.: Aber auch in Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Weimar u. a.], insonderheit verdiente Professoren, Anwalte und Schriftsteller, und ‚Geheimräte‘, eine sehr seltene etwa dem preußischem ‚Wirklichen Geheimen Rat‘ entsprechende Auszeichnung für Männer der Wissenschaft. Auf ähnlichen Grundsätzen beruht übrigens in allen Bundesstaaten die Verleihung des Prädikats ‚Geheim‘. – Zur Entstehung des Titels G. R. ist zu bemerken, daß ‚Geheimer‘ ursprünglich Substantiv ist und ‚Besorger vertraulicher Geschäfte‘ bedeutete (ähnlich wie im Lateinischen secretarius). Allmählich ist es Adjektiv geworden und daher mit ‚Rat‘ verbunden worden.“[3]

Fachübergreifender Geheimer Rat

  • Geheimrat (Geheim-R.)
  • Wirklicher Geheimrat (Wirkl. Geh.-R.)

Fachliche Räte und Geheimräte

  • Baurat (Bau-R.) / Geheimer Baurat[4]
  • Hofbaurat / Geheimer Hofbaurat
  • Justizrat / Geheimer Justizrat
  • Kommerzienrat (Kom.-R.) (in Deutschösterreich: Kommerzialrat) / Geheimer Kommerzienrat (Geh. Kom.-R.)
  • Medizinalrat / Geheimer Medizinalrat
  • Ökonomierat / Geheimer Ökonomierat
  • Regierungsrat (Reg.-R.) / Geheimer Regierungsrat (Geh. Reg.-R.)
  • Regierungs- und Baurat / Geheimer Regierungs- und Baurat
  • Geheimer Archivrat
  • Generalsuperintendent (Gen.-Sup.), als kirchlicher Titel aber weiter in Gebrauch
  • Hofrat
  • Landwirtschaftsrat
  • Legationsrat (Leg.-R.)
  • Kommissionsrat
  • Oberpostrat / Wirklicher Geheimer Oberpostrat
  • Obertribunalrat (Ob.Trib.R.)
  • Rat
  • Staatsrat (Staats-R.)

Siehe auch

Verweise

Fußnoten

  1. Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 626.
  2. Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 35.
  3. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 461-462.
  4. Baurat (Regierungs- u. B., Geheimer B., Geheimer Oberbaurat), Diensttitel der obern Baubeamten (s. Bauamt); außerdem wird der Titel B. (Geheimer B., in Österreich Oberbaurat) als Charakter auch an ältere Bauinspektoren, verdienstvolle Kommunal- und Privatarchitekten und an Lehrer der Baukunst und der Ingenieurwissenschaften verliehen. — Meyers Großes Konversations-Lexikon 1905–1909