Guisan, Henri
Henri Guisan ( 21. Oktober 1874 in Mézières; 7. April 1960 in Pully) war während des Zweiten Weltkriegs General und damit Oberbefehlshaber der Schweizer Armee.
Werdegang
Der Sohn eines Waadtländer Landarzts studierte Landwirtschaft und übernahm 1902 das Landgut seines Schwiegervaters in Pully. In der Armee stieg Guisan, der sich während des Ersten Weltkriegs mehrmals zu Ausbildungszwecken an der deutschen Ostfront aufhielt, schnell auf; ab 1919 war er Generalstabschef der 2. Division, in den Dreissigerjahren wurde er Oberstkorpskommandant.
Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wählte die Schweizerische Bundesversammlung Guisan am 30. August 1939 zum General (dieser Rang existiert in der Schweiz nur in Kriegszeiten); die Wahl fiel aufgrund seiner anerkannten Fähigkeiten auf ihn, aber auch, weil die Romandie damals nur mit einem Bundesrat in der Regierung vertreten war. Guisan galt als umgänglicher Offizier, der nicht übermäßigen Wert auf Formalitäten legte und bei der Menschenführung mehr auf Überzeugung als auf Hierarchie baute.
Die Armee war 1939 nicht voll einsatzbereit. Guisan, der mit seinen Generalstabsbesprechungen mit französischen Offizieren für den Fall eines deutschen Angriffs die Neutralität arg strapazierte, verabschiedete sich daher vom Prinzip „strategischen Bewegungskriegs“ und favorisierte die Bekämpfung des Angreifers aus einer zurückgestaffelten Stellung. Guisan setzte das umstrittene Konzept des Réduit um, das im Falle eines außerstaatlichen Angriffs den Rückzug des Großteils der Armee in den zur Festung ausgebauten Schweizer Alpenraum vorsah. Guisans Hauptverdienst lag wohl in seiner Fähigkeit, den Wehrwillen von Soldaten und Zivilbevölkerung zu stärken. Diesem Zweck diente auch der Rütlirapport vom 25. Juli 1940.
Nach seiner Verabschiedung am 20. August 1945 stieg das Ansehen des streng antikommunistischen Offiziers stetig weiter an, bis seine Figur zum Mythos wurde. Nach seinem Tod am 7. April 1960 fanden sich 300.000 Personen zu seinem Begräbnis ein. Aufgrund seiner Sympathien für Mussolini und seiner Vorschläge an den Bundesrat, mit dem Deutschen Reich eine Politik freundlicher Neutralität zu unterhalten, agitierten die linksliberalistisch-westlichen Teile der Medien allerdings heftig gegen Guisan, um diesen Mythos zu zerstören, was ihnen jedoch bei den Vertretern der Schweizer Aktivdienst-Generation kaum gelang.
Beförderungen
- 1894: Leutnant
- 1904: Hauptmann
- 1908: Hauptmann im Generalstab
- 1911: Major; Übertritt von der Feldartillerie in die Infanterie
- 1916: Oberstleutnant im Generalstab
- 1919: Stabschef der 2. Division, Kommandant des Infanterieregiments 9
- 1921: Oberstbrigadier
- 1927: Oberstdivisionär
- 1932: Oberstkorpskommandant
- 1939: General der Schweizer Armee [1]
Werke
- Bericht an die Bundesversammlung über den Aktivdienst 1939–1945. Lausanne, Bern 1946.
- Gespräche. Zwölf Sendungen von Radio Lausanne, geleitet von Major Raymond Gafner. Mit einem Vorwort von alt Bundesrat Rudolf Minger. Scherz Verlag, Bern 1953.