Karpow, Anatoli

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Der sowjet-russische Schachgroßmeister Anatoli Karpow

Anatoli Jewgenjewitsch Karpow (russ.: Анатолий Евгеньевич Карпов; Lebensrune.png 23. Mai 1951 in Slatoust, Sowjetunion) ist ein russischer Schachgroßmeister und ehemaliger Weltmeister. Er erlangte 1975 den WM-Titel durch eine Entscheidung des Weltschachbundes FIDE, da die Wettkampfbedingungen zwischen dem Weltschachbund und dem amtierenden Weltmeister Bobby Fischer nicht geklärt werden konnten. Hohe Aufmerksamkeit erlangte Karpow durch seine fünf Weltmeisterschaftskämpfe gegen den jüdischen Ex-Weltmeister Garri Kasparow.[1] Anatoli Karpow ist einer der wenigen nicht-jüdischen Schachspieler aus der Sowjetunion, die es zum Weltmeistertitel brachten.

Jugend

Karpow wuchs in Slatoust, einer Stadt im Ural, auf. Sein Vater war Ingenieur, seine Mutter besaß einen Hochschulabschluß in Wirtschaftswissenschaften. Karpow zeigte früh eine sehr ernste Spielauffassung, die aufgrund seiner schmächtigen Person und seines zurückhaltenden Auftretens auch später noch oft unterschätzt wurde. Er errang 1967 den Titel des Europameisters der Junioren und wurde 1969 Jugendweltmeister. Der ehemalige jüdische Schachweltmeister Michail Botwinnik gehörte nach anfänglichen Zweifeln zu seinen größten Unterstützern. Karpow selbst sah als seinen Lehrmeister die kubanische Schachlegende Jose Raul Capablanca an.[2].

Politik

Karpow gilt als linientreuer Kommunist[3]und konnte sich auf eine Vielzahl von politischen Helfern stützen. Über das Funktionärswesen versuchte Karpow das Vordringen Kasparows zu einem WM-Kampf zu verhindern.[4]

Kampf um die Weltmeisterschaft

Sein sachlicher, unauffälliger, aber sehr präziser Spielstil wurde von den meisten Gegnern unterschätzt. Bei den WM-Ausscheidungskämpfen zahlten die damals führenden Großmeister dafür einen hohen Preis. Karpow schlug den jüdischen Schachgroßmeister Polugajewski, dann den Ex-Weltmeister Boris Spasski und anschließend Victor Kortschnoi und erhielt somit das Recht, gegen den amtierenden Weltmeister Bobby Fischer anzutreten.

Weltmeister am Grünen Tisch

Nachdem die Verhandlungen mit Bobby Fischer über einen WM-Kampf gescheitert waren, erhielt Karpow den Weltmeistertitel am 3. April 1975. Die Umstände dazu sind umstritten. [5] Karpow selber äußerte bis ins Jahr 2006 den Willen, gegen Fischer zu spielen und bezeichnete den nicht stattgefundenen Wettkampf als Versäumnis der Schachgeschichte.[6] Unabhängig davon entwickelte sich Karpow zum erfolgreichsten Turnierspieler aller Zeiten. Er hält bis heute den Weltrekord von 100 gewonnenen Turnieren und erzielte in Linares 1994 einen der größten Turniererfolge aller Zeiten.[7] Karpow gewann insgesamt neunmal den Schach-Oscar für den besten Spieler des Jahres.

Die Kämpfe gegen Garri Kasparow

Trotz politischer Einflußnahme Karpows fand 1984 der erste Wettkampf mit Garri Kasparow statt. Hier trat Karpows einzige Schwäche hervor: Er war aufgrund seiner schwachen Konstitution einem langen Wettkampf nicht gewachsen. Karpow führte 5:0, brach dann zusammen und nutzte dann beim Stand von 5:3 seine politischen Beziehungen, um einen Abbruch des Wettkampfes herbeizuführen. [8] Kasparow siegte 1985 mit 13:11 und wurde neuer Schachweltmeister. Die Kämpfe 1985, 1986 und 1990 verlor er; 1987 spielte er 12:12, wobei Kasparow den Titel behielt. Kasparow stellte fest, daß es ein Glück sei, mit Karpow spielen zu dürfen, da er durch ihn seine eigene, hohe Spielqualität erst erreicht habe.

Weitere Schachkarriere

Nach dem Verlust des WM-Titels blieb Karpow weiter ein Weltklassespieler; aufgrund seines Alters wurde er allerdings von Kasparow deutlich überflügelt. Nachdem Kasparow im Jahr 2000 seinen eigenen Verband (PCA) gegründet hatte, errang Karpow erneut den Weltmeistertitel der FIDE von 1993 bis 1999.

Sonstiges

Karpow betreibt weltweit mehrere Schachschulen. In der BRD war Karpow indirekt der Steuerhinterziehung angeklagt.[9] Karpow lebt in zweiter Ehe und hat einen Sohn und eine Tochter. Er ist Träger zahlreicher nationaler Auszeichnungen (Leninorden, Ehrenbürger Rußlands, vaterländischer Verdienstorden). Er gilt als eifriger Sammler von Briefmarken und hat eine Vorliebe für russische Literatur.

Verweise

Fußnoten

  1. 1984, 1985, 1986, 1987 und 1990 spielte Karpow gegen Kasparow um den Titel des FIDE-Weltmeisters.
  2. Nach Aussagen Karpows studierte er als erstes Schachbuch durch Zufall die besten Partien des Kubaners und bezeichnete ihn noch als Weltmeister als den besten Spieler aller Zeiten
  3. Karpow war Mitglied der KPdSU
  4. Der Jude Garri Kasparow schilderte ein Gespräch mit dem Präsidenten des russischen Schachverbandes Krogius, der ihm angeblich sagte: „Wir haben einen Weltmeister und brauchen keinen Neuen.“
  5. Fischer lehnte einen WM-Kampf nach Vorgaben der Sowjetunion ab (Fischer sah die FIDE mit einiger Berechtigung nur als Willensvollstrecker russischer Forderungen). Die Sowjetunion sah den Titel des Schachweltmeisters als nationales Gut an und wollte Forderungen Fischers auf keinen Fall nachgeben.
  6. faz, 19. September 2006
  7. Karpow siegte mit 11 Punkten aus 13 Partien und hatte 2,5 Punkte Vorsprung vor dem Zweiten Garri Kasparow.
  8. Der Wettkampf wurde um 6 Siege geführt; Karpow war der Kampfkraft Kasparows nicht gewachsen und schaffte den letzten Sieg nicht.
  9. Sein Berater soll Geld veruntreut haben, während dieser behauptet, es an Karpow weitergeleitet zu haben (zeitonline, 28. Oktober 1988).