Kahal
Der Kahal ist die Verwaltung jüdischer Ghettos, meist aus dem osteuropäischen Raum.
Osteuropa
In osteuropäischen Ländern handelte es sich beim Kahal um eine Verwaltungseinheit, die die dortigen Juden umfaßte, vor allen Dingen aber die des russischen Zarenreiches, bis sie im ausgehenden 19. Jahrhundert [im Jahre 1814] von der Regierung desselben aufgelöst wurde. Wobei er allerdings – inoffiziell – im geheimen weiterbestanden haben soll. Diese Verwaltungseinheiten waren folgendermaßen strukturiert: In Rußland bestand vor der Verfolgung der Juden, die Selbstverwaltung jüdischer Ghettos. Jene Ghettos werden auch Kahalgemeinden genannt. Die Verwaltung selber jedoch, wird Kahal genannt. Theodor Fritsch erläuterte es folgendermaßen:
- „Der jüdische Staat ist in jeder seiner Miniaturausgaben, d.h. in jeder Kahalgemeinde, eine herrschersüchtige Oligarchie, die, nur aus reichen Juden bestehend, die anderen Rassengenossen politisch, wirtschaftlich, sozial und geistig vergewaltigt".[1]
Diese Kahalfamilien sicherten ihre Herrscherstellung mit Ungleichberechtigung, fehlendem Wahlrecht und drakonischen Strafen für Personen, die sich der Forderungen der Kahalbehörden nicht beugen wollten. Angegliedert an jenen Kahal, ist der sog. Bet-Din, ein talmudischer Gerichtshof, welcher jeden Widerstand innerhalb der Gemeinde unterband und bestrafte. Unter anderem wurden bis zum Jahre 1803 in jüdischen Ghettos Schandpfähle verwendet. Zusätzlich bestimmte der Kahal welches Geschäft betrieben werden darf und forderte vermehrt auf, um nicht den eigenen Geldbestand zu belasten, Gelder abzugeben, welche zur Bestechung von Beamten verwendet wurden. In Bezug auf das sich jüdischen Händen befindende Branntweinmonopol, kamen diese Sammelaktionen dem Kahal zugute, als die russische Regierung versuchte, den Juden dieses Monopol zu nehmen. Die Ausbreitung dieser Kahalgemeinden schildert Theodor Fritsch ebenfalls:
- „Der Kahal ist die Form, in der das durch Diaspora und Getto zerstreut lebende Weltjudentum mit beispielloser Disziplin zusammengehalten wird. Jede jüdische Gemeinde bildet einen Kahal, der, in immer größeren Verbänden sich zusammenschließend, in seiner letzten und umfassendsten Form zum Weltkahal wird, zur obersten Zentrale des Weltjudentums, die zur Zeit ihren Sitz in New York hat."[2]
Bis dahin wurde der Kahal aber von der zaristischen Regierung anerkannt, er durfte Steuern von seinen Gemeindemitgliedern erheben und mußte im Gegenzug dann etwaige Steuerausfälle gegenüber der Regierung des Russischen Reiches ausgleichen. Dies kann man dem Werk „Das Buch vom Kahal“ des getauften Juden Jacob Brafmann entnehmen. Darin werden auch Sanktionsmöglichkeiten gegen einzelne Gemeindemitglieder beschrieben, die der Kahal verhängen konnte; z. B. durfte ein weibliches Mitglied der jüdischen Gemeinde die öffentliche Badeanstalt nicht mehr betreten, wodurch es den sogenannten bürgerlichen Tod erlitt, es daraufhin geschnitten wurde und jedes andere Gemeindemitglied die Familie der betreffenden Person meiden mußte. Dadurch sollte sie gefügig gemacht werden.
Darin wird auch beschrieben, daß, wenn ein Jude vom Kahal bzw. dem Gemeindevorstand, das Recht, einen Nichtjuden auszubeuten, käuflich erworben hatte, wobei er dafür eine Quittung erhielt, ihm kein anderer Jude dabei mehr ins Gehege kommen durfte. Dieses Besitzrecht am Eigentum der Nichtjuden, welches vom Kahal vergeben wird, nennen die Juden auch Chasaka. Dieses Recht leitet sich von talmudischen Gesetzen ab wie z.B. aus dem Schulchan Aruch:
- „Hab und Gut der Nichtjuden ist wie herrenloses Gut, und wer zuerst kommt, ist berechtigt." (Choschen ha-Mischpat 156,6 Hagah)
Literatur
- Jacob Brafmann: Das Buch vom Kahal (Band 1), (Band 2)
- Theodor Fritsch: Handbuch der Judenfrage, Neuauflage der 1944 in 49. Auflage im Hammer-Verlag, Leipzig, erschienen Originalausgabe, Verlag der Schelm