Landstände
Landstände waren die frühen korporativen Vereinigungen der privilegierten Stände (Adel und Geistlichkeit) des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation zur Vertretung ihrer Standesrechte.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Landtag
Auf den Landtagen, an denen später auch die Städte teilnahmen, hatten die Landstände das Recht der Steuerbewilligung und der Zustimmung zu Gesetzen; zum Teil blieb der Name für die an ihre Stelle tretenden konstitutionellen Volksvertretungen. Die Gesamtheit der Landstände eines Herrschaftsgebietes wurde auch „Landschaft“ genannt. Im Gegensatz zu der Reichsstände besaßen sie weder Sitz noch Stimme im Reichstag.
Land
Im Mittelalter verstand man unter der Bezeichnung „Land“ nicht die Nation, sondern eine Interessengemeinschaft lokaler Machthaber bzw. „Stände“ (Grafen, Hochfreie, Ministerialen), die den Markgrafen oder Herzog als übergeordnete Instanz (Landesfürsten) anerkannten. Ohne feste Grenzen erstreckte sich das Land über jene Gebiete, die von dieser Personengruppe beherrscht wurden.
Zusammenfassung
- „Landstände hatten einerseits an der landesherrlichen Macht teil, standen jedoch andererseits als eigenständige Interessenvertretung und damit als Gegenpol dem Fürsten gegenüber. Als Korporationen bildeten sie sich im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit unter den verschiedensten Bezeichnungen in ganz Europa, in Ober- und Niederbayern etwa im 14. Jahrhundert. Kennzeichen aller europäischen Landstände war das Recht auf Steuerbewilligung, mit dem sie eine wichtige Einflussmöglichkeit auf die Politik des jeweiligen Herrschers hatten. Die ständische Verfassung stellte eine vormoderne Stufe des parlamentarischen Systems dar.
- Die Zusammensetzung der Landstände war von Territorium zu Territorium verschieden; im römisch-deutschen Reich war die Drei-Kurien-Vertretung, bestehend aus Vertretern des Adels, des Klerus und der Städte, vorherrschend. Der Höhepunkt ständischer Macht ist die Zeit um 1500. In der Frühen Neuzeit kam es zu einem Transformationsprozess, in dessen Verlauf sich die Gewichte zwischen Fürst und Landständen verschoben. Seit dem 16./17. Jahrhundert verfügten die Landstände schließlich über verschiedene ständische Gremien und eine ausdifferenzierte Verwaltung, welche die staatlichen Tätigkeiten und die Finanzverwaltung mit überwachte.
- Als Landstände werden die ständischen Vertretungen (Ständekorporationen) in den Territorien des römisch-deutschen Reichs bezeichnet. Im Reich selbst versammelten sich die Reichsstände bei Hof-, später bei Reichstagen. „Landschaft“ war der zeitgenössisch bevorzugte synonyme Begriff für die landständischen Vertretungen, der auch noch in der Forschung benutzt wird. Sie bildeten sich als Korporationen (= rechtlich handlungsfähige Genossenschaften, Otto Gierke [1841-1921]) im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit in ganz Europa, zunächst in Form von unregelmäßigen Versammlungen, nachfolgend auch als kontinuierlich bestehende politisch-administrative Vereinigungen.“[1]
Spätmittelalter
Seit dem Spätmittelalter traten als Repräsentanten des Landes und seiner Bevölkerung die vier Landstände auf: Prälaten, Herren, Ritter und landesfürstliche Städte. Sie hatten das Recht, die Regierung und die Verwaltung des Landes gemeinsam mit dem Landesfürsten zu gestalten.
Landstände und Befreiungskriege
Generalgouverneur Ludwig Yorck von Wartenburg, der die Konvention von Tauroggen ausgehandelt hatte, befahl im Februar 1813 die Aufstellung des Ostpreußischen National-Kavallerie-Regiments durch Karl Friedrich Ludwig Reichsgraf von Lehndorff . Nun rief Innenminister Friedrich Ferdinand Alexander zu Dohna-Schlobitten die ost- und westpreußischen Landstände zusammen.
Die 64 Delegierten kamen am 5. Februar 1813 in die Ostpreußische Generallandschaftsdirektion. Zwei Tage später wurde die von Carl von Clausewitz, Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten und Graf Yorck von Wartenburg aufgestellte Landwehrordnung vom Landtag einstimmig angenommen. Die 20.000 Mann Landwehr, die die Landstände genehmigt hatten, trugen erheblich zum deutschen Sieg bei den Befreiungskriegen bei. Der Historiker Prof. Dr. phil. Fritz Gause schrieb dazu:
- „In der Hauptstadt Ostpreußens wurde in diesen Februartagen des Jahres 1813 das Signal gegeben zur Befreiung Deutschlands und Europas vom Napoleonischen Imperialismus, und dieses Signal gab nicht der König, sondern das Volk, indem seine Repräsentanten sich entschlossen, aus eigener Machtvollkommenheit zu handeln. Das waren zwei Schritte vorwärts in der historischen Entwicklung, die nicht mehr zurück getan werden konnten. Nationalstaat und Demokratie tauchten als Leitbilder am historischen Horizont auf. Mochte es bis zu ihrer Verwirklichung ein weiter Weg sein [...] und mögen wir heute von ihnen andere Vorstellungen haben als die Männer von 1813; daß ein neues Hochgefühl von Königsberg (und von Breslau) aus das deutsche Volk ergriff und daß dieses Volk begann, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, das sind zwei Tatsachen, die aus der deutschen Geschichte ebensowenig wegzudenken sind wie aus der Geschichte der Stadt Königsberg.“
Siehe auch
Literatur
- Abermahlige Supplication Welche Die sämptliche Stände und Land-Räthe deß Fürstenthumbs Preussen Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. Zu Brandenburg / Den 27. Februarii dieses Jahres demüthigst übergeben haben, 1657
- Heinz Rausch (Hrsg.): Die geschichtlichen Grundlagen der modernen Volksvertretung. Die Entwicklung von den mittelalterlichen Korporationen zu den modernen Parlamenten, Bd. 2: „Reichsstände und Landstände“, Darmstadt 1974