Stand (Soziologie)

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Artikel aus dem staatspolitischen Handbuch


Quelle Folgender Text stammt aus dem Staatspolitischen Handbuch, Band 1: Begriffe.

Stand bezeichnet im allgemeinen eine soziale Einheit, deren Zusammensetzung sich durch Herkunft und/oder Beruf bestimmt. Die Zuweisung zu einem St. ist relativ starr, mindestens gilt das für die Ständeordnungen der Antike, des Mittelalters und der frühen Neuzeit (Moderne); eine vollständige Abschließung wie im Fall des indischen Kastenwesens war aber die Ausnahme.

Das abendländische Sy­stem der Dreiteilung der Stände – Lehrstand (Klerus), Wehrstand und Nährstand (Bauern und Bürger) – hat sich über Jahrhunderte als außerordentlich stabil erwiesen, was mit der religiösen Sanktionierung einerseits, mit den wirtschaftlichen Bedingungen der Agrargesellschaft andererseits zu tun hatte.

Nach der Aufklärung und den auf ihren Ideen beruhenden Revolutionen des 18. Jahrhunderts sah sich dieses System grundsätzlich in Frage gestellt. Im Namen der Gleichheit aller Menschen und des Rechts auf freie Entfaltung der Individuen wurden die Stände als Geburtsstände prinzipiell abgelehnt und beim Erfolg des Umsturzes abgeschafft. Die Berufsstände blieben allerdings in gewissem Maße erhalten, wenigstens gilt das für Deutschland und den mitteleuropäischen Raum sowie die Gebiete, die noch stärker agrarisch geprägt waren.

Von dieser Gliederung ausgehend entwickelten konservative Theoretiker im 19. Jahrhundert Überlegungen zur Reorganisation der immer stärker atomisierten Gesellschaft auf der Grundlage eines Korporativismus, der, von der Berufsangehörigkeit ausgehend, die Gliederung des sozialen Ganzen neu in Angriff nehmen sollte. In den Zusammenhang gehörten auch die Überlegungen, den drei traditionellen Ständen die Arbeiterschaft als »vierten St.« anzugliedern.

In katholischen Regionen – etwa in Österreich – konnten derartige Konzepte einen gewissen Grad an Verwirklichung erreichen, aber insgesamt waren die Erfolge bescheiden. Das gilt, obwohl erst im 20. Jahrhundert die umfassendste Theorie für eine ständische Reorganisation durch den Ökonomen Othmar Spann entwickelt wurde, der seine Prinzipien auch auf den Staat angewendet wissen wollte, und man im italienischen Faschismus wie in verwandten Systemen – dem österreichischen »Ständestaat«, dem Spanien Francos und dem Portugal Salazars – Versuche zu einer Umsetzung im großen Stil machte.

Dabei erwies sich eine ständische Ordnung aber immer als zu träge, um auf die Dynamik der modernen Wirtschaftsentwicklung zu reagieren, und die autoritäre Führung war keinesfalls bereit, den Ständen jenes Recht auf Selbstverwaltung zuzubilligen, das von den Theoretikern des Korporativismus immer als entscheidender Vorteil ihres Konzepts gegenüber dem einer liberalen, ungegliederten Massengesellschaft angesehen wurde.

Man kann in diesen Dysfunktionen auch die Einwände vieler Kritiker des neuständischen Konzepts bestätigt sehen, die nicht nur früh auf dessen Schwerfälligkeit, sondern auch auf die mangelnde Repräsentativität von Ständekammern und das Fehlen von Mißbrauchskontrollen hingewiesen hatten, ohne daß deshalb zu verkennen ist, welche Fruchtbarkeit Grundgedanken wie beispielsweise der der »Leistungsgemeinschaft« im Wirtschaftsleben nach wie vor in sich tragen.

Mythologie

Laut germanischer Mythologie wurden die drei mittelalterlichen Stände vom König Rig (auch Rigr), der laut dem Eddalied Rigsthula identisch mit dem Gott Heimdall war, in Midgard gegründet. Rig verkleidete sich, als er zu den Menschen ging, um in Wodans (bzw. nordgerm. Odin) Auftrag die Stände zu gründen, und zeugte mit verschiedenen (sterblichen) Frauen die drei Söhne Trell, Karl und Jarl, welche für Sklaven, Bauern und Adel stehen.

Zitate

  • „Der absolute Staat ist der Staat, … der durch Zentralisation alles selbst versorgt und ordnet, die Gemeinden, die Stände, die Kirche; der die Gewalt über alle Rechte hat, dem gegenüber keine Unabhängigkeit und Freiheit besteht. Dem entgegen vindiziert die legitime Partei allen diesen Gemeinschaften, Gemeinden, Ständen, Korporationen, Kirchen ihre unantastbare Sphäre der Freiheit, ihre unveränderlichen Rechte.“Friedrich Julius Stahl
  • „Nach organischer Auffassung ist die Gesellschaft eine objektive geistige Wesenheit, die sich zunächst in mehreren Teilbereichen, eigenen geistigen Lebenskreisen besonderer Art und Leistung ausgliedert. Solche Lebenskreise oder Stände sind z. B.: Kunst, Wissenschaft, Religion, Kirche, Familie, Wirtschaft, Staat u.a.m. Dadurch, daß der einzelne Mensch diesen Lebenskreisen oder Teilganzen der Gesellschaft angehört, führt er ein geistiges Leben. Der Staat erscheint dann als jener Stand, der jeder geschichtlichen konkreten Gesellschaft ihre organisatorische Gestalt, ihre feste geschichtliche Form verleiht.“Walter Heinrich

Siehe auch

Literatur

  • Edgar Julius Jung: Die Herrschaft der Minderwertigen [1927/1930], zuletzt Struckum 1991;
  • Johann Baptist Müller: Art. »Korporativismus«, in: Caspar von Schrenck-Notzing (Hrsg.): Lexikon des Konservatismus, Graz und Stuttgart 1996, S. 330-332;
  • Othmar Spann: Der wahre Staat [1921], zuletzt Graz 1972;
  • Wilhelm Stapel: Die drei Stände, Hamburg 1941