Langer, Felicia
Felicia Langer, geborene Weit ( 9. Dezember 1930 in Tarnau; 22. Juni 2018 in Eningen unter Achalm) war eine israelkritische Jüdin. Sie betätigte sich als Schriftstellerin und Anwältin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
1939 wanderten ihre Eltern mit ihr von Polen in die Sowjetunion aus. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges heiratete sie 1949 in Breslau Mieciu Langer und wanderte im Jahr darauf mit ihm zusammen nach Israel aus. 1959 begann Felicia Langer an der Hebräischen Universität von Jerusalem Rechtswissenschaften zu studieren. 1965 wurde sie als Anwältin zugelassen und eröffnete eine eigene Kanzlei.
Seit dem Sechstagekrieg 1967 begann sie, sich für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts einzusetzen. So trat sie für die Belange der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten ein, wofür sie in Israel stark angefeindet wurde. Langer wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Israels und deren Zentralkomitee, aus der sie Anfang der 1990er wieder austrat. Während der Ersten Intifada schloß sie ihre Anwaltskanzlei aus Protest; ihrer Meinung nach war im Laufe dieses Konflikts das israelische Justizsystem zur Farce geworden. Da ihr die Universität Bremen einen Lehrauftrag angeboten hatte, zog sie mit ihrem Ehemann in die BRD. 1990 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Nazareth.
Felicia Langer setzte sich seit Jahrzehnten für die Rechte palästinensischer Häftlinge in den von Israel besetzten Gebieten ein. Die zuletzt in Tübingen lebende Felicia Langer war Schirmfrau des Vereins Flüchtlingskinder im Libanon e.V. zur Unterstützung palästinensischer Flüchtlingsfamilien im Libanon mit Sitz in Pfullingen.
Bundesverdienstkreuz - Zentralrat der Juden kritisiert Auszeichnung
Als langjährige Kritikerin der israelischen Vertreibungspolitik, wurde Felicia Langer im Juli 2009 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Verleihung stieß auf scharfe Kritik bei jüdischen Organisationen. So protestierte der Vorsitzende des American Jewish Committee, David Harris, in einem Brief an Bundespräsident Köhler gegen die Verleihung.[1] Israels Regierung kritisierte die Auszeichnung,[2] sowie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann.[3][4] Der jüdische Journalist Ralph Giordano kritisierte, sie sei die schrillste Anti-Israel-Fanfare in Deutschland. Niemand habe in den vergangenen 25 Jahren mit einer an Blindheit grenzenden Einseitigkeit Israel mehr geschadet als diese angebliche Menschenrechtsanwältin. Er forderte, die Auszeichnung rückgängig zu machen.[5] Giordano und Arno Lustiger drohten Bundespräsident Horst Köhler in einem Schreiben, ihre eigenen Bundesverdienstkreuze zurückzugeben, falls Köhler Langer den Orden nicht wieder entzieht.[6] Der frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Fernsehmoderator Michel Friedman sagte: «Ich glaube, dass die Bundesrepublik gut beraten gewesen wäre, darauf zu verzichten»[7][8] und stattdessen einen Zentralrat genehmeren jüdischen Kandidaten für diese Auszeichnung benennen.[9][10]
Felicia Langer gab ihr Bundesverdienstkreuz nicht zurück. Daß viele jüdische Intellektuelle gegen ihre Auszeichnung protestiert hätten, habe sie sehr verletzt. Sie fühle sich als Opfer eine Verleumdungskampagne. Es gebe Organisationen in Deutschland, die verhindern wollten, daß Israel kritisiert werde. Ihre Gegner arbeiteten mit unwahren Unterstellungen. So sei sie nie Ehrengast von DDR-Staatschef Erich Honecker gewesen und habe auch keine palästinesischen Terroristen verteidigt.[11]
Dieter Graumann nannte sie eine militante und fanatische Israel-Hasserin.[12] Während DIE WELT ein Forum für Polemiken gegen Felicia Langer eröffnete, wurde in anderen Zeitungen wie z. B. in der Frankfurter Rundschau die Frage aufgeworfen, ob das Bundesverdienstkreuz überhaupt mit dieser Begründung hätte vergeben werden dürfen. Diesem Vorwurf begegnete die Landesregierung von Baden-Württemberg mit der Bekräftigung, bei der Preisverleihung sei es vor allem um das Lebenswerk von Langer gegangen.
Publikationen
- Laßt uns wie Menschen leben! Schein und Wirklichkeit in Palästina. Lamuv, Göttingen 1999 (2. Aufl.), ISBN 3-88977-538-1
- Brücke der Träume. Eine Israelin geht nach Deutschland. Lamuv, Göttingen 1994 und 2002, ISBN 3-88977-385-0
- Brücke der Träume. Eine Israelin in Deutschland. Lamuv, Göttingen 2003, ISBN 3-88977-632-9
- Wo Haß keine Grenzen kennt. Lamuv, Göttingen 1995, ISBN 3-88977-397-4
- Zorn und Hoffnung. Lamuv, Göttingen 2003 (3. Aufl.), ISBN 3-88977-440-7
- Miecius später Bericht. Eine Jugend zwischen Ghetto und Theresienstadt. Lamuv, Göttingen 1999 (2. Aufl.), ISBN 3-88977-539-X
- Quo Vadis Israel? Die neue Intifada der Palästinenser. Lamuv, Göttingen 2001 (2. Aufl.), ISBN 3-88977-615-9
- Brandherd Nahost. Oder: Die geduldete Heuchelei. Lamuv, Göttingen 2004, ISBN 3-88977-644-2
- Die Frau die niemals schweigt – Stationen eines Lebens. Lamuv, Göttingen 2005, ISBN 3-88977-664-7
- Die Entrechtung der Palästinenser. 40 Jahre israelische Besatzung. Lamuv, Göttingen 2006
Auszeichnungen
- 1990: Alternativer Nobelpreis
- 2005: Erich-Mühsam-Preis der Erich-Mühsam-Gesellschaft für „Personen und Gruppen, die sich mit Zivilcourage und Idealismus für soziale Gerechtigkeit und verfolgte Minderheiten einsetzen“
- 2006: Menschenrechtspreis der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde, Berlin
- 2009: Bundesverdienstkreuz (I. Klasse)
Verweise
- Muslim-Markt interviewt Felicia Langer, Menschenrechtsanwältin, Trägerin des alternativen Nobelpreises und Ehrenbürgerin Nazareths, muslim-markt.de, 30. Dezember 2008