Mannus
Mannus (auch: Mennor, der Erste) ist nach Angaben Tacitus' der Sohn des Tuisto und Stammvater der Ingaevonen, Hermionen und Istaevonen.
Erläuterung
- „In alten Liedern, der einzigen Art geschichtlicher Überlieferung, die es dort gibt, feiern die Germanen einen erdgeborenen Gott Tuisto. Ihm schreiben Sie einen Sohn Mannus zu, den sie für den Stammvater und Gründer ihres Volkes halten. Er hatte drei Söhne, nach denen sich die an der Küste Ingwäonen, die in der Mitte Herminonen und die am Rhein Istwäonen nennen“ (Tacitus, Germania 2).
Der Name Mannus ist eigentlich die latinisierte Form des gemeingermanischen Wortes *manna / *mannuz / *mannaz mit der Bedeutung „Mensch“. Paul Hermann weist auf das Wort mennisc als adjektivischen Umlaut von Mannus/mannuz hin und daß es zu lat. moneo, memini, „sich erinnern“ gehört. (S. 420)
Die Mannussage ist eine typisch stammesgesellschaftliche Ursprungmythe, hier der Kontinentalgermanen. Der Vorfahr Mannus, der erdgeborene Gott Tuisto ist nur an dieser Stelle erwähnt. Hermann parallelisiert die Wörter Tuisto und Tuisco (=Tiwiskô). Tiwiskô bedeutet: Sohn oder Nachkomme des Tiwaz, woraus sich die rekonstruierte Genealogie ergäbe: Tiwaz - Tiwiskô - Mannus - Manniskones (Mannus Nachkommen, also die Menschen) (Hermann S. 422). Die eigentlichen Manniskones wären also Ingwio, Istwio und Irmino, die wiederum als göttliche Gründer der jeweiligen Völker erscheinen.
Tuisto weist durch die Zwitterhaftigkeit Parallelen zum nordischen Urzeitriesen Ymir auf, ist als Urahn der Menschen allerdings nicht den Riesen zugehörig. Eine stärkere Parallele verbindet ihn, bzw. Mannus daher mit dem Gott Heimdall, den die nordische Mythologie als „Vater aller Menschen“ bezeichnet. Auch der sagenhafte kretische König Minos aus der griechischen Mythologie geht vermutlich auf Mannus zurück[1].
Literatur
- Tacitus: Germania
- Paul Herrmann: Deutsche Mythologie in gemeinverständlicher Darstellung (Leipzig, W. Engelmann, 1898, 1900, 2. neubearbeitet Auflage 1906)
- neu herausgegeben von Thomas Jung: „Deutsche Mythologie“, Anaconda, Köln 2013, ISBN 978-3-86647-916-6