Polyamorie

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Polyamorie (von altgr. πολύς polýs „viel / mehrere“ und lat. amor „Liebe“; auch häufig anglizistisch Polyamory geschrieben) ist die Bezeichnung für eine Praxis, Liebesbeziehungen zu mehreren Menschen gleichzeitig zu haben, wobei dies nicht im Geheimen, sondern öffentlich und mit Wissen und Einverständnis aller Beteiligten geschieht.

Abgrenzung zur sogenannten „freien Liebe“

Der Begriff ist erst in den 1990er Jahren entstanden. Der Polyamorie-Bewegung liegt die historische Erfahrung zugrunde, daß es immer wieder markante Persönlichkeiten gab, die sogenannte „freie Liebe“ praktiziert haben, ohne jedoch die mit jenem Begriff verbundene anarchistische Verantwortungslosigkeit zu suchen, sondern – ganz im Gegenteil – bewußt und in Verantwortung nicht-monogam gelebt haben. Beispiele für diese Persönlichkeiten sind Bertrand Russell, das bekannte Paar Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir sowie zahlreiche Künstlerinnen und Künstler vor allem des 19. und 20. Jahrhunderts.

Vita Sackville-West und die Freiheit

Wie das einprägsame Beispiel von Vita Sackville-West beweist – die in gleichsam märchenhaftem Reichtum auf Burgen und Schlössern aufwuchs und ihr Leben verbrachte –, wirft praktizierte Polyamorie die generelle Frage auf, ob es bei der Polyamorie-Bewegung tatsächlich um die Lösung und Bewältigung sexueller Fragen geht, oder ob nicht doch eher die religiöse Frage berührt ist, was von dem bestehenden bürgerlich-„westlichen“ Normengerüst überhaupt übrigbleiben kann, wenn sehr wohlhabende, sehr gebildete Einzelne von vornherein keinerlei Bindung an die christliche Dogmatik haben. Wer vollständig ohne jegliche Prägung durch christliche Dogmen aufwächst, der mag vielleicht auch anders mit Sexualität umgehen, vorrangig aber ist die Erfahrung, daß solche Menschen eben schlechthin alle Forderungen der Gesellschaft an den Einzelnen abweisen und sie nur nach Einzelprüfung und Einzelabwägung in ihre Lebensführung integrieren.

Anders gesagt: Das sensationell im Boulevard-Journalismus aufgeschäumte Thema „polyamore Sexualität“ trägt möglicherweise die falsche Überschrift. Richtiger könnte es sein, zu fragen: Wenn euch keiner von morgens bis abends haarklein vorschreibt, was ihr zu tun und zu lassen habt, was tut ihr dann? Diese erheblich präziser gefaßte Überschrift des gesamten Geschehens offenbart dann auch das tieferliegende, eigentliche und ansonsten verborgene Problem: Die allermeisten Menschen sind träge, gedankenfaul, orientierungslos, kleinlich, gierig und gleichgültig. Ohne strikte ihnen gegebene Arbeitsanweisungen gähnt sie eine völlige innere Leere an, die augenblicklich mit Selbstzerstörung, mit „Zeittotschlagen“, mit gegenseitigem gelangweiltem Triezen und mit chemisch-physiologisch herbeigeführtem Bewußtseinswandel beantwortet wird.

Um die kleine Minderheit der Eigenständigen wirksam zu schützen in ihrer Freiheit gegen die Masse der Stupiden, Gedankenlosen und Verantwortungslosen, bedarf es ungleicher Rechte und ungleicher Pflichten. Damit aber ist die innerhalb der Polyamorie-Bewegung verfochtene Prämisse, jeder sei fähig, seine Intimbindungen auf persönlicher Verhandlungsbasis zu klären, als typische Oberschicht-Besonderheit entlarvt (Klassen hatten schon immer ihre Klassenmoral). Daß jenes „freie Aushandeln“ von Intimverhältnissen womöglich die Gesellschaft als Ganze betreffe oder anginge, ist folglich ein grundsätzlicher Irrtum, der nur vor dem Hintergrund eines völlig unbezahlbaren, gänzlich illusorischen Wohlfahrtsstaates jemals um sich greifen konnte.

Der Kategorienfehler: Leidenschaften als Verhandlungssache

Wie auch der Begriff einer sogenannten „offenen Ehe“, geht der Begriff der „freien Liebe“ seit je den faktischen Schwierigkeiten einer stets eindringlich präsenten Eifersucht auf völlig oberflächliche Weise aus dem Weg. Deshalb waren die Ausdrücke „offene Ehe“ und „freie Liebe“ zu jeder Zeit unehrliche, unrealistische und falsche Begriffe für das Phänomen, daß ein bestimmter Teil jeder Population eben vor allem verantwortungslos und gleichgültig ist und typischerweise nicht beim Wort genommen werden möchte.

Umgekehrt – also andererseits die nicht-oberflächliche, polyamore Konstellation betreffend – kann es jedoch gleichfalls als ungelöstes Grundproblem polyamorer Bindungen angesehen werden, daß sie Leidenschaften als Verhandungssache behandeln (und damit ebenso in einem Kategorienfehler befangen sein können wie die oberflächlichen Relativisten und Anarchisten der Liebe es erkennbar immer schon gewesen sind).

Literatur

  • Nigel Nicolson: Portrait einer Ehe. Harold Nicolson und Vita Sackville-West. Englische Originalausgabe: Weidenfield and Nicolson, London 1973; ungekürzte Ausgabe in deutscher Übersetzung, Ullstein 1996, ISBN 3-548-30387-0
  • Christopher Ryan / Cacilda Jethá: Sex – die wahre Geschichte. Aus dem Amerikanischen von Birgit Herden; mit einem Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe von Ulrch Clement (Originalausgabe: Sex at Dawn, HarperCollins, N.Y. 2010), ISBN 978-3-608-10056-3

Verweise