Schwann, Theodor

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Theodor Ambrose Hubert Schwann (* 7. Dezember 1810 in Neuss; † 11. Januar 1882 in Köln am Rhein) war ein deutscher Mediziner und Zellforscher.

Leben

Er studierte Medizin an der Berliner Universität unter Johannes Peter Müller. Im Jahre 1836 entdeckte er das Verdauungsenzym Pepsin. 1838 wurde er Professor an der belgischen Universität von Löwen, 1848 wurde er an die Universität in Lüttich berufen. Hier untersuchte er die Gärungsprozesse von Zucker und Stärke und und die Struktur von Nervenzellen. Die Myelin-Scheide der peripheren Nerven werden im zu Ehren Schwannsche Zellen genannt. Er prägte auch den Begriff des Metabolismus, um chemische Veränderungen zu bezeichnen. Im Jahre 1839 entwickelte er die Zellentheorie, welche die Zellen als die grundlegenden Strukturen der Pflanzen und der Tiere kennzeichnete und die von Matthias Schleiden bestätigt wurde.


Einführung in Leben und Werk:

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Theodor Schwann wurde am 7. December 1810 in der Stadt Neuss bei Düsseldorf geboren. Nachdem er seine Studien auf dem Progymnasium seiner Vaterstadt, auf dem Gymnasium in Cöln, auf den Universitäten Bonn, Würzburg und Berlin vollendet hatte, promovirte er im Jahre 1834 in Berlin zum Doctor der Medicin auf Grund einer Dissertation: «De necessitate aeris atmospaerici ad evolutionem pulli in ovo.» In demselben Jahre vollendete er sein Staatsexamen.
Bereits in Bonn hatte er Johannes Müller kennen gelernt, er fand ihn in Berlin wieder. Seine Leistungen fallen fast alle in die Zeit, wo er, als Assistent von Johannes Müller des anregenden Verkehrs mit diesem Manne genoss. Von hervorragendem Einfluss auf die wissenschaftliche Thätigkeit Schwanns war ferner der persönliche Umgang mit Schleiden und Henle. Die Ideen, welche durch den Botaniker in ihm wachgerufen wurden, schufen die Zellenlehre.
Im Jahre 1838, als Schwann sich zur Habilitation in Berlin anschickte, erhielt er einen Ruf an die katholische Universität in Löwen. Zehn Jahre wirkte er hier als Professor der Anatomie, um dann als Vertreter des gleichen Fachs nach Lüttich überzusiedeln. Im Jahre 1858 vertauschte er den Lehrstuhl der Anatomie mit dem der Physiologie und diesen gab er erst kurz vor seinem Tode an seinen Nachfolger Leon Fredericq ab. Die wissenschaftlichen Leistungen des grossen Forschers eingehend und vollständig besprechen, das hiesse ein gut Stück Geschichte der biologischen Wissenschaften schreiben; wir können ihrer nur in wenigen Worten gedenken.
In seiner ersten Publikation, der vorerwähnten Doctor-Arbeit, suchte Schwan n die Frage zu lösen, «ob das Hühnchen im Ei die Luft verändere?» Der Verfasser, zeigte, dass Eier, welche in einer Atmosphäre von Wasserstoff, Stickstoff oder im luftleeren Raum bebrütet worden, Kohlensäure produciren und eine regelmässige Entwicklung eingehen, die indess nur bis zu einem gewissen Grade fortschreitet und in der 15. Stunde nach Beginn der Bebrütung aufhört. Das Ei bewahrt in der irrespirablen Atmosphäre sein Leben bis zur 24—30. Stunde, später hat es auch die Fähigkeit verloren, sich in Sauerstoffhaltiger Luft weiter zu entwickeln. Schwann entdeckte durch diese Versuche eine Erscheinung, welche erst in neuester Zeit eine principielle Würdigung erfahren hat — active Lebensvorgänge ohne Sauerstoff.
Neben anatomischen Untersuchungen über Muskelfasern, über Nervenendigungen, über elastische Gewebe folgten im Jahre 1836 die berühmten Experimente über das Pepsin.
Eberle hatte einige Jahre vorher gezeigt, dass die auflösenden Eigenschaften, die man an dem Magensecret selbst ausserhalb des thierischen Körpers beobachtet hatte, auch der Schleimhaut des getödteten Thieres innewohne, dass Eiweiss und Fleisch bei der Digestion mit Schleimhautstückchen und «saurem Schleim» nicht allein bald gelöst werden, sondern auch eine chemische Umwandlung erleiden.
In welcher Art sollte man sich nun diese Auflösung vorstellen? Sollte in dem Extrakt ein gelöster Stoff vorhanden sein, welcher die Verdauung bewirkt? oder handelte es sich um eine Contactwirkung von Seiten der Schleimhautstücke selbst? Ist der Schleim selbst das verdauende Princip? Hatte man in der Magenschleimhaut ein Universal-Auflösungsmittel für alle Nahrungsstoffe? Solche und ähnliche Fragen von principieller Wichtigkeit waren durch Eberle's Versuche nicht gelöst. Schwann untersuchte sie mit Scharfsinn und Erfolg. In der ersten gemeinschaftlich mit Joh. Müller publicirten Abhandlung bestätigte er im Wesentlichen die Resultate Eberle's. Als er dann die Untersuchungen allein fortsetzte, machte er die wichtige Beobachtung, dass auch dem filtrirten salzsauren Extrakt der Schleimhaut die eiweisslösende Kraft innewohne. Er bewies, dass diese Kraft hervorgerufen wird durch das Zusammenwirken zweier Substanzen: 1) der Salzsäure und 2) eines organischen Stoffes, den er Pepsin nannte. Er beschrieb die chemischen Eigenschaften des Pepsins und definirte die Bedingungen seiner Wirksamkeit — es genügt hier, zu sagen, dass eine spätere Zeit zu diesem Theil seiner Untersuchungen nichts Wesentliches hinzugefügt hat. Er zeigte ferner, dass die Wirkung des Magensaftes sich auf .die eiweissartigen Nahrungsstoffe beschränkt; Stärkemehl mit der verdauenden Flüssigkeit digerirt, bildete keinen Zucker.
Diese Entdeckungen, von ungewöhnlichem Interesse für den physiologischen Specialforscher, dürfen mit den grossen Errungenschaften der folgenden Jahre nicht verglichen werden.
Die Erscheinungen der Fäulniss und Gährung waren bevor Schwann's berühmte Abhandlung über diesen Gegenstand erschien, bereits mehrfach das Object der Beobachtung und der Erörterung gewesen. Am meisten Geltung hatten damals die Ideen von Berzelius. Dieser Forscher beobachtete eine Reihe von Thatsachen, die auf eine wichtige Betheiligung des atmosphärischen Sauerstoffs an gewissen Fäulnissvorgängen hinwiesen. Eine Bedingung, welche die Fäulniss zu modificiren und zu verstärken vermag, hielt Berzelius fälschlich für eine Bedingung, ohne welche die Fäulniss überhaupt nicht stattfindet, er stellte die Behauptung auf: «Ohne Sauerstoff keine Fäulniss.» Gewisse Verhältnisse unter denen die fäulnissfähigen Stoffe nicht faulen, waren schon damals bekannt; erhitzte man ein mit thierischer Substanz gefülltes und gut verschlossenes Gefäss auf 100°, so trat im Innern desselben keine Fäulniss ein. Welches Moment verhinderte hier das Eintreten der putriden Zersetzung? Nach Berzelius Ansicht die Abwesenheit von Sauerstoff. Schwann widerlegte diese Meinung, indem er zeigte, dass auch bei Zutritt von Sauerstoff die Fäulniss in diesem Falle ausbleibt, wenn nur die zugeführte Luft vorher geglüht wird. Die Stoffe, welche die Fäulniss erregen, werden durch die Hitze zerstört, es sind die Keime niederer Organismen. Schwann fand sofort eine Analogie für diese Thatsache in der Alkoholgährung. Das Auftreten dieses Prozesses ist an das Vorhandensein der Hefe geknüpft. Indem er zeigte, dass auch diese gährungerregende Materie aus kleinen Organismen besteht, erkannte er eine wichtige Thatsache, deren Schicksal es gewesen ist, oft entdeckt und ebenso oft vergessen oder verkannt zu werden.
Die Bedeutung der von Schwann entdeckten Erscheinung ist vielfach in falscher Richtung gesucht worden. Es ist durch diese Versuche keine Erklärung für das Wesen der Fäulnissvorgänge gefunden, sondern es ist eine Bedingung für das Auftreten dieser Vorgänge klargestellt, deren Entdeckung bedeutende Fortschritte auf praktischem Gebiete hervorrief und noch grössere verspricht. Der Glanz der Thatsachen, welche die Praktiker zur antiseptischen Wundbehandlung führten, hat manche Theoretiker geblendet. Denn in einer Zeit, wo es für die Aufgabe der Physiologie gilt, alle Lebensvorgänge auf die Eigenschaften gewisser innerhalb der Organismen wirkender Stoffe zurückzuführen, hat man sich gesträubt gegen die glücklichen Bemühungen einzelner Forscher, welche versuchten, diese Aufgabe auch für diejenigen Lebensprozesse zu lösen, von denen die Fäulniss abhängig ist.
Schwann's Mittheilungen über diese Thatsachen blieben auf eine vorläufige Notiz beschränkt, denn seine Thätigkeit wurde bald von einer anderen Aufgabe absorbirt. Im Jahre 1839 erschienen seine «Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen.»
In höherem Grade als andere Menschen befähigt, die «Einheit in der Vielheit» der Naturerscheinungen zu erkennen, hatte er aus der Uebereinstimmung einzelner morphologischer Phänomene im Thier- und Pflanzenreiche die Idee zu einer «Theorie der Vegetation und Organisation» geschöpft. Er entdeckte in der Zellbildung ein allgemeines Entwickelungsprinzip und lehrte, «dass bei der Bildung der Elementartheile der Organismen die Moleküle nicht auf eine Weise «zusammengefügt werden, welche nach der physiologischen «Bedeutung der Elementartheile verschieden ist, sondern dass «sie überall nach denselben Gesetzen sich aneinander legen.» Die Zellenlehre Schwann' s ist eine Verallgemeinerung der von Schleiden gewonnenen Anschauungen. Die Schwierigkeiten, die sich der Uebertragung dieses Princips auf den thierischen Organismus entgegenstellten, waren bedeutende, sie wurden erhöht durch die theoretischen Anschauungen jener Zeit. Schwann selbst scheint den Hauptwerth seiner Entdeckungen in der Bekämpfung der damals herrschenden Lehre von der Lebenskraft erblickt zu haben. In der That musste der Glaube an eine mit Ideen begabte Lebenskraft, welche die Theile des Organismus nach dem Zweck, den sie erfüllen sollen, bildet, erschüttert werden durch die Erkenntniss, dass die Organe nicht auf dem kürzesten Wege entstehen, sondern dass bei ihrer Bildung stets bestimmte Erscheinungen auftreten, die mit der Nothwendigkeit eines physikalischen Gesetzes bei der Entwickelung der verschiedensten Formelemente wiederkehren.
Die Zellenlehre ist die Grundlage eines grossen Theils unserer physiologischen und pathologischen Anschauungen geworden. Es ist hauptsächlich das Verdienst Virchow's, die Zelle, welche Schwann als eine bei der Entwickelung und beim Wachsthum überall und mit Nothwendigkeit auftretende morphologische Erscheinung beschrieben hatte, auch als functionelle Einheit im fertigen Organismus, als «Elementargebiet, von dem die Thätigkeit abhängt», erkannt zu haben.
Es würde zu weit führen, wollten wir der Leistungen des Verewigten auf dem Gebiete der speciellen Muskel- und Nervenphysiologie gedenken. Auch die Untersuchungen über die Rolle der Galle im Darmkanal, welche im Jahre 1844 erschienen, können wir nur kurz erwähnen. Diese Versuche zeigten, dass die Gegenwart der Galle im Darmkanal für das Leben nothwendig ist, dass Thiere, denen man die Galle durch Fisteln nach aussen ableitete, abmagerten und starben.
Mit der Uebersiedelung nach Belgien war der grössere Theil der wissenschaftlichen Thätigkeit Schwann's beendet. Ungünstige äussere Verhältnisse mögen dazu beigetragen haben, den Forschertrieb zu hemmen. Erst in den letzten Jahren seines Lebens ward ihm ein kleines Laboratorium mit regelmässigem Etat -bewilligt. Bis an sein Lebensende verfolgte er die Entwickelung der physiologischen Disciplinen, prüfte einzelnes nach, beschäftigte sich auch mit eigenen speciellen Untersuchungen, stand aber trotzdem einem Theil der heutigen Anschauungen fremd gegenüber. Die Entwickelung der physiologischen Chemie als einer selbstständigen Wissenschaft billigte er nicht.
Einen grossen Theil der Arbeit seiner letzten Jahre widmete er einem umfassenden Werke, in dem er zugleich religiöse und wissenschaftliche Anschauungen niederlegen wollte; dies Werk blieb unvollendet. Schwann war in den weitesten Kreisen beliebt. Verheirathet war er nicht. Obgleich streng kirchlich gesinnt, widerstand er doch den Bemühungen der Geistlichkeit, welche ihn in die Affaire der Louise Lateau zu verwickeln gedachte.
Am 23. Juni 1878, zur Feier seines Amtsjubiläums, empfing er in vollem Masse Zeichen der Dankbarkeit für die vielen Gaben, die er einst der Wissenschaft gespendet hatte. Adressen aus allen Weltgegenden bezeugten, welche Früchte seine Lehren getragen hatten. Man überreichte dem Gefeierten seine Marmorbüste zur bleibenden Erinnerung für seine Familie: «Gette image n'est pas indestructible», so redete Stas ihn an, «eile durera moins que votre nom.»

Quelle: Zeitschrift fuer physiologische Chemie, Band 6, Straßburg 1882, S. 280ff. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!


Werke (Auswahl)

  • „Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen“, Berlin 1839 (PDF-Datei)

Verweise

Literatur

  • Jacob Henle: „Theodor Schwann - Nachruf“ (1882) (PDF-Datei)
  • Nachruf von Rudolf Virchow: in: „Archiv fuer pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin“, Band 87, Berlin 1882, S. 389ff. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!