Verlagshaus Velhagen & Klasing

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Firmensignet (um 1903)
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Das Verlagshaus Velhagen & Klasing war ein deutscher Verlag in Bielefeld und in Leipzig.

Geschichte

Es war drei Jahre nach Goethes Tode, im August 1835, in einer Zeit der klassisch universalen Bildungshöhe des deutschen Volkes, als die in Bielefeld geborenen beiden jungen Buchhändler August Velhagen und August Klasing in ihrer Heimatstadt ein Kompaniegeschäft, die Firma Velhagen & Klasing, begründeten und mit Handschlag den beiderseitigen Willen bekräftigen, dem buchhändlerischen Beruf von nun an gemeinsam ausüben. Übrigens trugen die beiden Firmengründer nicht nur den gleichen Vornamen: sie waren beide auch in ein und demselben Jahr, 1809, zur Welt gekommen. Velhagen betrieb bereits seit 1832 eine eigene Sortimentsbuchhandlung in Bielefeld; und da in dem kleinen Städtchen, dass damals nicht mehr als 6.000 Einwohner zählte (Stand 2019: 334.195), eine andere Buchhandlung schon seit 18 Jahren bestand, so war es schwer, sich durchzusetzen und die eigene Existenz zu behaupten. Die unerquicklichen Erfahrungen, die im kleinstädtischen Konkurrenzkämpfe gemacht wurden, gaben auch den entscheidenden Anlaß, durch die Vereinigung mit August Klasing wirtschaftlich auf eine breitere Basis und damit zur Möglichkeit zu gelangen, unter Weiterführung des Bielefelder Buchladens an eigene verlegerische Pläne heranzugehen.

Alle Verleger wollten die beiden Freunde - sie waren Schulkameraden gewesen – geistig produktiv über den engen Horizont der kleinen Stadt hinaus dringen und in die Bildungsfreudigkeit und geistige an Aufgeschlossenheit der damaligen nachklassischen Zeit hinein als Vermittler wertvollen Geistesgutes ihren Volke gewichtige Dienste tun.

Die erste bedeutsame Verlagsveröffentlichung des Hauses erschien im Mai 1836 in Gestalt der Nummer 1 der Wochenzeitschrift „Musèe francais“, die eine geschickte Auswahl von älteren und modern französischen Schriftsteller bot und sehr rasch einen guten Auflagenerfolg erzielte. Diese wurde sichtbarlich dadurch bekräftigt, daß bereits sechs Monate später, zu Anfang des Jahres 1837, eine englisches Parallelunternehmen „The British Museum“ sich anschließen konnte.

Im selben Jahr – 1837 - besuchte August Klasing zum ersten Male die Leipziger Messe, um die übliche Jahresabrechnung mit Kommissionär, Sortiment und Lieferanten vorzunehmen, zugleich aber auch, um – seinen persönlichen Unternehmungsdrang folgend – nach neun Verbindung Ausschau zu halten. In diesen ersten Verlagsjahren bemühte er sich auch sehr, die große westfälische Landesmännin Annette von Droste für sein junges Unternehmen zu gewinnen, hatte damit aber keinen Erfolg, wie auch eine Fühlungsnahme mit Freiligrath und Levin Schücking über feuchtfröhlichen Tafelrunde nicht hinausgekommen war.

Diese vortastenden Versuche, bedeutsame zeitgenössische Autoren an den Verlag zu fesseln, verdienen aber deshalb Erwähnung, weil in ihnen das Streben des Verlages sichtbar wird, in der Buchproduktion neben dem ausländischen Schrifttum, mit dem das Programm eingeleitet wurde, auch den hervorragenden deutschen Kräften, insbesondere der Heimat- und Landschaftsverbundenheit, zu dienen. Die Tiefe und Stärke dieses Heimatgefühls erwies sich später auch an einem anderen geschehen: als 1864 das Leipziger Zweiggeschäft gegründet wurde, tauchte niemals der Gedanke auf, etwa den gesamten Verlag umzusiedeln. Söhne und Enkel hatten auch nach dem Tode der beiden Gründer immer Wert darauf gelegt, daß bei allen Anwachsen und Ausbau der Unternehmungen neben dem sich ausdauernden Leipziger Hause doch auch gewichtige Teile des technischen Betriebes im heimatlichen Bielefeld belassen werden.

Der Buchverlag Velhagen & Klasing blühte rasch auf. Die nachstehenden Autorennamen bekunden dies anschaulich: Pantenius und Hans Johst, Lely Kempin, Frida Schanz, Hans Kyser und Eckard von Naso.

Bereits während der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts bildeten sich dann deutlich zwei Spezialgebiete der Buchproduktion heraus: neben die aus Familienherkunft und Bielefelder protestantischer Geistestradition sich herleitete Herausgabe evangelisch-theologischen Schriften, die die erste Abteilung ausmachte, trat in immer stärkerem Ausmaße die Schulbuchabteilung.

Im Aufbau dieser Schulausgaben erweist sich schon früh das besondere Gepräge dieses Verlages, dessen Ehrgeiz nie nach prominenten Namen einzelner Autoren oder Sensationserfolgen eines einzelnen Buches gerichtet war, der viel mehr im organischen Entwicklung von Buch– und Schriftenreihen, hinter denen ein geistiges Programm und zugleich eine praktische Zweckerfüllung stand, die Sicherung des verlegerischen Erfolges und die Vertiefung der geistigen Wirkung ins Volksganze sah.

Solche Zielsetzung führte dann zum Erschließen des dritten Arbeitsgebietes: des Zeitschriftenverlages, der mit der Gründung der Familienzeitschrift „Daheim“ im Jahre 1864 begonnen wurde. Die umfänglichen Vertriebs– und Expeditionsarbeit dieser Wochenzeitschrift war es, die zur Eröffnung des Leipziger Zweiggeschäfts führte, das als „Daheim – Exposition“ bis 1943 volle 79 Jahre in Leipzig bestand.

Klasings ältester Sohn Otto übernahm von Anfang an die Leitung des Leipziger Hauses und war viele Jahre hindurch nicht nur Verleger, sondern zugleich auch Schriftleiter des „Daheim“ und der späteren „Velhagen und Klasings Monatshefte“ (gegründet 1885).[1] Diese bunten und inhaltsreichen Hefte waren es, die deutschen Bildungsgut auf unterhaltsamer Weise in aller Welt trugen und zumal im Ersten Weltkrieg und danach vielfach als die einzig lebendige Brücke zwischen Mutterland und über alle Kontinente verstreuten Auslandsdeutschen bewährt hatten.

Nachdem die aktuelle Bildberichterstattung während der Feldzüge 1864, 1866 und 1870/71 – in den allen das „Daheim“ wichtiger Mitstreiter im Kampfe um die preußische Vormacht und die Einigung des deutschen Stämme gewesen war – zu überraschend neuen Reproduktionsmöglichkeiten führte und es erstmals gelang, neben Holzschnitt und Zeichnung auch die Photographie in den Dienst Buchkunst zu stellen, machte verlegerische Geschichtlichkeit die neuen Erkenntnisse der Zeitschriftenherstellung bald auch dem Buchverlag dienlich.

So kamen die reich bebildeten Standardwerke „Jägers Weltgeschichte“, Königs Deutsche Literaturgeschichte, „Stackes Deutsche Geschichte“ zustande, die über Jahrzehnte hin wichtigste Titel des populärwissenschaftlichen Verlages gewesen waren.

Wenige Jahre später wurde die Geographische Anstalt von Velhagen & Klasing ins Leben gerufen, an deren Spitze sehr bald der berühmte Professor der Geographie, Dr. Richard Andree trat. Nach jahrelange Verbreitung wurde zu Ostermesse 1881 die erste Lieferung von Andrees Allgemeinen Handatlas vorgelegt. Diese wissenschaftliche und technische Großleistung entwickelte sich in kürzester Zeit zum krönenden Hauptwerk der Firma Velhagen & Klasing.

Mit dieser ersten Ausgabe des „Großen Andree“ begann der steil aufsteigende Weg der Weltgeltungseroberung durch die Firma Velhagen & Klasing. Der Name „Andree“ wurde zu anerkannten Weltmarke. Und dieser Erfolg hatte es sich seit her immer vor neuen im erweiterten Auflagen und vielfältigen Nebenausgaben Jahr um Jahr gesteigert. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieses gewaltigen Kartenwerkes wurde der deutsche Verlag, der damit ein hochgewichtigen Exportartikel wurde, von der gesamten Kulturwelt beneidet. Neben dem „Andree“ selbst, dem „Großen Weltatlas“, stachen eine ganze Reihe kleinere Geschwister, wie beispielsweise „Droysens Allgemeinen Historischen Atlas“ (seit 1886), „Putzgers Historischen Schulatlas“ (seit 1877) und den „Atlas zur Deutschen Geschichte der Jahre 1914 bis 1933“ hervor.

Nach dem Tode der Gründer des Hauses – August Velhagen starb 1891 und im Jahre 1897 folgte August Klasing, nachdem ihn der geniale Leiter des Leipziger Hauses Otto Klasing, schon im Jahre 1888 vorausgegangen war – übernahmen die Söhne Johannes Klasing und Wilhelm Velhagen die Leitung des Verlages. Sie schufen die großen volkstümlichen Monographienreihen zu Weltgeschichte, zu Erdkunde, Kunstgeschichte, zu Kulturgeschichte, sowie weitere Volksbücher und billige Reihen, die alle miteinander erlesene Bildung, gesichtet und bearbeitet von zuverlässigen Sachkennern, und der Überlieferung des Hauses gemäß unter Einsatz der reichen Erfahrungen der Reproduktionstechnik größtenteils mit vorzüglicher Bildschmuck versehen, in weitesten Kreise des Volkes trugen.

August Klasings Sohn Johannes Klasing gründete 1911 den Delius Klasing Verlag, der formal unabhängig war.

Wilhelm Velhagen verschied 1910 und Johannes Klasing im Jahre 1927. Mit Fritz-Otto Klasing, Dr. August Klasing und Kurt Velagen war nun die dritte Generation am Wirken.

Der Verlag wurde 1954 vom Cornelsen Verlag übernommen. Die in der DDR befindlichen Unternehmensteile kamen zum VEB Tourist Verlag.

Fußnoten

  1. Georg Merseburger (Hg.): Leipziger Jarbuch 1940, Verlag Otto Byer, Leipzig 1940