Warägerfrage
Unter der Warägerfrage versteht man in der Erforschung der russischen sogenannten „ostslawischen“ Geschichte die Frage, welche Rolle den skandinavischen Warägern bei den Staatsgründungen im Osten zukommt. Hierbei teilen sich die Forscher in die sogenannten Normannisten und Anti-Normannisten auf. Der Streit um die Frage nach der Herkunft der Staatengründer kam bereits 1749 auf.[1]
Die Normannisten vertreten dabei die Ansicht, daß der Begriff Rus' skandinavischer Herkunft ist und es auch nordgermanische Auswanderer waren, die für die ersten Staatsgründungen im dortigen Gebiet verantwortlich waren.[2]
Die Anti-Normannisten hingegen bestreiten dies und gehen davon aus, daß es sich bei den Rus um einen ursprünglich aus der Gegend um Kiew stammende Stamm der slawischen Sprachgruppe handelt und daß die in den Quellen als Schweden bezeichneten Rus' lediglich Skandinavier in deren Diensten gewesen seien. Ebenso gehen die Anti-Normannisten davon aus, daß der archäologische Befund kaum für eine größere Anzahl von Nordmännern in dem betreffenden Gebiet spreche.[3]
Zu beachten ist hierbei, daß die Warägerfrage nicht rein wissenschaftliche Ursachen haben dürfte, sondern vor allem auch die nationale Ehre hierbei eine Rolle spielt. So hat sich im Zuge der Bildung von Nationalstaaten und einem damit verbundenen Nationalgefühl auch die Betonung eines Gegensatzes zwischen Germanen und sogenannten „Slawen“ (mit Deutschland und Rußland als zentralen Vertretern) herausgebildet. Somit mag die Vorstellung, daß es Skandinavier waren, die für die ersten Staatsgründungen auf dortigem Boden verantwortlich waren, manchen nationalbewußten Russen unangenehm sein.
Literatur
- Rudolf Simek: Die Wikinger (Beck'sche Reihe, Bd. 2081), Verlag C.H. Beck, 5. Auflage, München 2009