Die Nacht der Walküre
Die Nacht der Walküre ist ein Gedicht von Gerd Honsik, das das Unternehmen „Walküre“ behandelt.
Text
- Die Front!
- Nirgendwo scharf
- abgegrenzt.
- Oftmals unsichtbar
- und schwankenden Verlaufs
- und über Tausende von Kilometern
- einen weiten Kreis bildend,
- dessen Zentrum,
- dessen kleines, pochendes Herz
- Deutschland hieß.
- Vom Nordmeer herab
- übersprang sie behende
- Flüsse, Seen, Gebirge,
- durchzog uralte
- Wälder und
- pirschte sich lauschend durch
- Sümpfe und
- Erlengestrüpp
- und duckte sich
- hinaus in die Weite,
- die gnadenlose Weite
- der Steppe.
- Dort, wo der Wind pfeift,
- schneidend grell
- in der Kälte des Winters,
- und tosend und dumpf
- im Erguß des
- Frühlingsgewitters
- das Firmament erdröhnt,
- wo die Sonne gnadenlos brennt
- in die Karstgebirge,
- überschritt sie mühelos
- und leichtfüßig
- Schluchten und Grate
- und träumte
- an den Buchten Italiens
- von der Sonne der Wüste.
- Jener Wüste,
- aus der sie im Gebrüll
- der Geschütze,
- im Tosen der Bombenteppiche
- und unter Kaskaden
- von Sandfontänen
- im Jahr zuvor
- widerwillig sich sträubend –
- wüst und
- gewaltsam vertrieben worden ward.
- Verborgener Bannkreis
- war sie,
- manchmal verratend nur
- ihren Verlauf
- durch hier ein paar
- geduckte Helme und
- dort ein ragendes Rohr,
- einen zerwühlten Graben
- oder, mühsam getarnt im Gestrüpp,
- ein paar Kraftfahrzeuge.
- Ein Bogen war sie –
- auch 1944 noch,
- gespannt aus der Kraft
- von Millionen
- deutscher Männer-
- ein schwankender,
- zerbrechlich dünkender Wall
- deutscher Kühnheit
- und Kraft
- und Liebe.
- Und die Millionen,
- in kleine Gruppen
- aufgesplittert
- und hineingestreut
- in die unendliche Weite,
- die da einsam
- harrten
- und hofften,
- und Lasten schleppten
- und wühlten
- und gruben
- (Gruben für die Lebenden
- und Gruben für die Toten),
- schweißbedeckt,
- klamm vor Frost,
- doch satt vor Manneskraft
- an Seele und Leib,
- das waren die
- Väter unser.
- Meiner und deiner.
- Sie alle.
- Ihre Qual,
- ihre Mühsal,
- ihr Blut,
- ihr Schweiß,
- ihre Gebete –
- das war die Front von 1944.
- Doch wenn
- die unsichtbare Gemarkung
- ein Feind betrat,
- dann war die Stille
- dahin:
- Die Front ward klar
- und scharf
- und zeigte ihr
- gewaltig’ Gesicht:
- Feuerspeiende Hügel,
- brennende Weiler,
- rauchende Felder
- und das heisre
- Brüllen der
- Artillerie,
- vermählt mit dem Gebelfer
- der Maschinengewehre,
- fegten ihr den Schleier
- vom Angesicht
- und ließen sie
- sichtbar werden
- dem geweiteten Auge,
- dem gequälten Ohr
- und dem bebenden Herzen
- mit einem einzigen
- furchtbaren
- Schlag.
- Um später dann –
- wenn die
- feurigen Schlünde entleert
- und die kantigen Mägen
- der Munitionskisten
- all ihren Inhalt
- erbrochen,
- und nachdem die
- Wellen der fellmützigen
- Tatarenhorden
- im Trommelwirbel
- der Maschinengewehre
- atemlos und ermattet
- vor den Gräben der Unsern
- versiegten –
- zurückzuversinken
- in Unsichtbarkeit und
- schmerzhafte Stille.
- Der Schweiß,
- das Blut,
- die Kühnheit,
- die Hoffnung
- und die Gebete
- unserer Millionen –
- unscheinbar und lautlos
- in die Deckung der Erde
- unter den heiligen Helmen
- hingeduckten Männer –
- all dies zusammen,
- das war sie, die
- Front von
- 1944.
- Von denen, die diese Front,
- die dieses tödlich bedrohte
- und ringende Deutschland
- verraten haben,
- sei hier erzählt.
- Also von den
- Verrätern.
- War das Reich
- das Herz dieser Front,
- so war Berlin
- das Herz dieses
- Reiches.
- Hier, in der Bendlerstraße,
- inmitten der
- Geborgenheit
- weiter Zimmerfluchten
- und hoher Gemächer,
- saßen an den
- Schalthebeln des
- Nachschubs
- die hohen Herren
- des Ersatzheeres,
- saß eine Handvoll,
- die der Teufel ritt,
- die der Teufel versuchte:
- die Herren vom
- Widerstand.
- War ihr Haß
- gegen den Führer
- größer als ihre
- Liebe zu
- Deutschland?
- Fast scheint es,
- daß die Rädelsführer
- unter ihnen
- nicht die Herrschaft haßten,
- sondern –
- das Reich!
- Und schon lange
- vor jenem Tag
- klebte an ihren Händen
- das Blut Hunderttausender
- Unschuldiger:
- verratene Pläne,
- verratene Schlachten,
- verstellte
- Granatzünder,
- vertauschte Bekleidungskisten,
- zurückgehaltene Divisionen,
- unterschlagene Panzer –
- das war Meuchelmord
- an braven und todesmutigen
- Armeen.
- Das war
- der lautlose, böse
- und langsame
- Dolchstoß
- in den Rücken des
- Vaterlandes.
- Eine Einheit
- von tausend Einheiten,
- das Wachbataillon „Großdeutschland“,
- und einen Offizier
- von hunderttausend Offizieren,
- einen Major aus
- einer Division von
- Majoren, stellte
- in dieser Nacht
- vom 20. Juli
- das Schicksal
- auf den Prüfstand
- der Geschichte.
- Nichts
- als ein paar Hundertschaften
- von kaum Genesenen,
- vor kurzem erst
- der Hölle des Kriegs
- und dem Rasen des
- Schlachtentodes
- auf knappe Frist
- wieder einmal
- Entglittenen,
- standen
- unter seinem Befehl.
- Auch war er ahnungslos
- wie ein Kind
- und ohne Erfahrung,
- was den Verrat
- und die Lüge
- und den Treuebruch
- betraf.
- Und den falschen
- Befehlen der
- falschen Vorgesetzten,
- hatte er –
- gewohnt zu gehorchen –
- scheinbar nichts
- entgegenzusetzen.
- Gar nichts,
- außer einem deutschen Herzen
- und dem strahlenden
- Ritterkreuz
- an seinem Hals.
- „Walküre“ hieß die Losung
- im Falle von
- Verrat und Aufstand.
- Und das Volk
- zu belügen, also auch
- die Wehrmacht,
- war der Verschwörer Plan
- von Anfang an.
- Mußte es sein,
- und darin lag
- der Keim des Scheiterns
- vom Fassen des ersten
- Gedankens an
- begründet.
- Denn die Macht,
- die sie riefen,
- die „Walküre“,
- die sie entfesseln wollten
- gegen den vermeintlich toten Führer
- und seine Erben,
- blieb treu und
- gehorsam.
- Sie erhob sich
- gleich einem Sturm
- und schlug die,
- die zu schlagen ihr
- bestimmt war:
- die Verräter!
- Remer
- hieß der junge Major –
- erprobt in achtundzwanzig
- Nahkampftagen
- und geadelt von
- Dutzenden Narben –,
- den die Nornen
- an diesem 20. Juli
- stellvertretend für
- tausend andere
- auserwählt
- und in der
- Schicksalsstunde
- an die Schalthebel
- des Geschehens
- gestellt hatten.
- Zum ersten Mal
- verweigerte er,
- gewohnt zu gehorchen,
- den Gehorsam:
- Als nämlich Hase,
- ein General,
- ihm gebot, Goebbels,
- des Führers Gefolgsmann,
- in Haft
- zu nehmen.
- Hätte Hase gesagt,
- es geschehe in des Führers Auftrag,
- hätte Remer gehorcht.
- Doch Hase sagte:
- „Der Führer ist tot!“
- Und aus Sorge
- und Schmerz
- und gerechtem Zorn
- wuchs der Verdacht,
- und es traten flüsternd hervor
- die vielfachen Zweifel.
- Und besonnen
- sandte Remer
- den treuen Hagen
- (Oberleutnant zwar,
- durch die Laune des Kriegs,
- ein Mann der Musen jedoch
- nach seinem Herzen),
- auf Kundschaft
- zu gehen.
- Wohl mochte Remer
- gespürt haben,
- daß für diesen Späherdienst
- nicht bloß scharfe Augen,
- sondern ein
- sehend’ Gesicht
- von höherer Art
- berufen sei.
- Und in der Tat:
- Als Hagen zurückkam,
- da meldete er
- Zweifel und
- böse Rätsel und
- mahnte zu Vorsicht!
- Da fühlte Remer
- die ganze Last
- seiner Verantwortung:
- Die Lebenden und die Toten
- eines Jahrtausends
- schienen ihn anzublicken,
- als die Gespenster von
- 1918 nun abermals
- ihre züngelnden Häupter
- im Rücken des
- Reiches erhoben.
- Schließlich gebot er,
- gemäß dem Befehl
- das Haus des Ministers
- zu umstellen
- und drang
- mit entsicherter Waffe
- zu Goebbels vor:
- „Der Führer ist tot,
- von Mörderhand gefallen,
- und ich
- bin beauftragt,
- Sie, Herr Minister,
- in Haft
- zu nehmen.“
- Goebbels blieb ruhig:
- „Ein falscher Befehl
- führt Sie hierher!
- Der Führer lebt!
- Und niemand
- anderer als die,
- die ihn zu morden
- gedachten,
- stehen hinter
- Ihrem Auftrag.“
- Darauf Remer:
- „Ich brauche
- Ihr Ehrenwort,
- daß Sie, Herr Minister,
- dem Führer treu
- waren und sind ...
- Und:
- Beweisen Sie mir,
- daß Hitler
- lebt!“
- Ein hauchdünner Draht
- war es schließlich,
- der über Hunderte
- von Kilometern hinweg
- das Wunder vollbrachte
- und an das lauschende Ohr
- der „Walküre“
- die Stimme ihres Herrn
- ertönen ließ:
- „Verstehen Sie mich,
- Major Remer?“
- „Jawohl, mein Führer!“
- „Eine ganz kleine
- Clique von
- Verbrechern
- hat versucht,
- mich zu töten
- und Deutschland
- zu Fall zu bringen.
- Erkennen Sie mich,
- Major Remer?“
- „Jawohl, mein Führer!“
- „Der Wehrkreis Berlin
- steht ab sofort
- unter Ihrem Befehl,
- Major Remer!“
- „Jawohl, mein Führer!“
- „Ihr Auftrag,
- Major Remer,
- lautet:
- Den Aufstand niederschlagen,
- mit aller
- Gewalt!“
- „Jawohl, mein Führer!“
- „Tun Sie
- Ihre Pflicht, Remer.
- General Remer!“
- „Jawohl, mein Führer!“
- Fortgeweht
- waren die Schleier
- und die Zweifel
- alle.
- Klar das Ziel
- und klar
- der Befehl.
- Im Garten sprach
- Goebbels dann
- zum angetretenen
- Regiment:
- „Frontsoldaten!
- In eurem Rücken stand
- seit langem
- ein furchtbarer Feind,
- den wir nicht sehen
- und nicht greifen
- konnten,
- und der
- den Kampf um Deutschland
- und die deutsche
- Revolution
- zum Scheitern
- zu bringen gedachte.
- Mehr noch:
- Eure Ehre,
- die Ehre
- deutschen Soldatentums,
- sollte durch Mord
- und Verrat
- in der Stunde höchster
- Not und Bewährung
- befleckt und
- besudelt werden.
- Doch das Schicksal
- entschied:
- Hitler,
- der unser Volk
- aus Not, Hunger und
- Sklaverei befreit,
- der das Reich
- geeint,
- der den Traum erfüllt
- und uns Brot und
- Waffen gegeben,
- der bleibt ausersehen
- vom Willen der
- Vorsehung
- uns zu führen
- bis an das Ende.
- Nun, da das Böse
- seine Maske
- gelüftet und sein Nest
- preisgegeben hat,
- ist unsere Stunde
- gekommen.
- Die Stunde der
- Vergeltung.
- Soldaten, vorwärts!
- Jagt jetzt
- die Verräter
- und bringt sie
- noch heute
- zur Strecke!“
- Da dachten
- die Männer
- des Wachbataillons
- an die Kameraden
- draußen,
- an die Lebenden
- und an die
- Toten,
- und sie dürsteten
- den Befehlen,
- die da kommen sollten,
- entgegen.
- Indessen rollte –
- mit der Präzision
- eines Uhrwerks –
- der Plan „Walküre“
- an:
- Aus allen
- Windrichtungen
- hielten Kolonnen
- von Panzern
- und Kraftfahrzeugen
- auf die
- Hauptstadt
- zu.
- Nach dem Sinn
- der Verräter.
- Nach dem Plan
- der „Walküre“.
- In jagender Hast
- nun sandte
- Remer
- motorisierte
- Ordonnanzen
- den
- heranrollenden
- Verbänden
- entgegen:
- „Im Namen des
- Führers!“
- Und die
- Kommandanten,
- einer nach
- dem andern,
- unterstellten sich
- Remers Befehl.
- Und die letzte
- Panzerbrigade
- auf dem Fehrbelliner Platz
- wurde per Funkspruch
- von Guderian selbst
- aus dem Spiel der Verschwörer
- herausgebrochen.
- Dort wo nun –
- einander fremd –
- Einheiten
- aufeinanderprallten,
- erfand dieser Tag
- ein Wort
- und stellte jedem
- die Wahl
- zwischen Leben
- und Tod:
- Für oder
- gegen Hitler?
- Ja oder nein
- nur konnte
- an jenem Tage
- die Antwort lauten.
- So grell
- waren die Grenzen
- dieses 20. Juli
- zwischen Licht
- und Dunkel,
- zwischen Ruhm
- und
- Verderben –
- und der Abend kannte nur
- Helden und
- Schurken
- und blieb taub
- für die Schicksale
- dazwischen.
- Für
- oder gegen Hitler?
- Furchtbares
- Blutvergießen
- durch den Kampf
- Deutscher
- gegen Deutsche
- hat diese Frage
- des 20. Juli 1944
- verhindert.
- So,
- als eine
- Panzerbrigade
- vor dem Haus der
- Verschwörer
- auf Soldaten von
- Remers Wachbataillon
- gestoßen,
- jeder den andern
- für
- die Faust der
- Verschwörung
- haltend.
- Für
- oder gegen
- Hitler?
- Für Hitler!
- Und es sank
- wie durch Zauberkraft
- die Drohung
- von tausend Rohren
- in sich zusammen,
- und Bruder
- trat stumm
- neben Bruder.
- Schlaftrunken noch
- begann
- das blonde Hünenweib
- jetzt Schultern und
- Arme zu recken,
- und in den eisblauen Augen erwachte
- die Begierde nach
- Selbstbesinnung.
- Die Nacht
- der „Walküre“
- brach an.
- Auf dem
- Bahnsteig hatte
- Skorzeny,
- der Kriegsheld aus
- Österreich,
- jäh das Gerücht
- vom Mord und
- vom Staatsstreich
- vernommen.
- In die Speichen
- des Schicksals
- warf der getreue
- sogleich
- seine ganze Kraft:
- An mußten
- die Räder halten
- und die zischenden
- Maschinen,
- und an der Spitze
- zweier Hundertschaften
- von Auserwählten
- machte er sich
- bereit
- einzugreifen
- in das Geschehn.
- Als dann
- die Dunkelheit
- kam und
- in der Bendlerstraße das
- unwirkliche Licht
- der Laternen
- gespenstische
- Schatten warf,
- drangen Remer
- (den treuen Hagen
- zur Seite)
- und Skorzeny
- zur selben Zeit
- die Maschinenpistolen
- im Anschlag
- in den Bendlerblock
- ein,
- und die Nacht
- war erfüllt
- vom Lied der
- Getreuen:
- von Kommandorufen,
- vom Klirren der
- Waffen und
- vom Stampfen
- von tausend Stiefeln.
- Die Nacht der
- Walküre.
- Hätten die
- Verschwörer
- die zehnfache
- Macht besessen,
- Remers Männer,
- der Zorn des Volkes
- und die
- Treue der Wehrmacht
- hätten –
- zusammen gewiß,
- wohl auch vielleicht
- ein jeder für sich –
- ihren Sieg
- vereitelt.
- Denn wißt,
- selbst hier
- in der Höhle des
- Verrats,
- in der Hochburg
- der Verräter –
- hatte inzwischen
- ohne Hilfe und Nachricht
- von außen
- deutsche Treue
- ihr Haupt
- erhoben:
- Generäle,
- längst nur
- gewohnt zu befehlen,
- hatten selbst
- zu den Waffen
- gegriffen.
- Ihre Namen:
- Herber,
- von der Heyde,
- Pridun, Kuban und
- Fließbach.
- Als Remer kam,
- hatte der Graf
- von Stauffenberg –
- Arm und Herz
- der Verschwörung –
- schon unter
- den Kugeln der Rache
- und im Lichte von
- Autoscheinwerfern
- den Tod gefunden.
- Mit ihm eine Handvoll
- der Seinen.
- Im Fallen noch
- soll er
- gerufen haben:
- „Es lebe mein
- heiliges Deutschland!“
- Die zuvor
- schon
- dem Verrat
- die Gefolgschaft
- verweigert,
- die Generäle
- Kortzfleisch,
- Kurze,
- Specht und
- Oberst Gläserer,
- waren befreit;
- und an Hunderte
- hohe Türen
- traten nun
- wuchtige Stiefel,
- und über
- drohenden Mündungen
- herrschten donnernde Stimmen
- um Antwort:
- Für
- oder gegen
- Hitler?
- Und es rasten
- Rache und Verderben
- fort durch das
- weite Gebäude:
- Die Nacht der „Walküre“.
- Und in den
- Stunden darauf
- wurde das Netz
- zerrissen,
- und das längst schon
- gefällte Urteil
- von einem kleinen,
- kreischenden Richter –
- klein und kreischend
- wie die Werkzeuge
- aller Regime
- und aller Zeiten –
- noch einmal
- nachvollzogen.
- Und sie starben.
- Einige durch
- eigene Hand.
- Wenige
- durch die
- Kugel.
- Die meisten
- von ihnen wurden
- am Pfahle
- erhängt.
- Wäre
- unter ihnen nur
- einer gewesen,
- der aus Liebe
- zum Vaterland
- gehandelt hätte,
- sie hätten
- einen bessern Tod
- verdient.
- Und mir scheint
- – verdammt mich nicht –
- es waren deren
- viele.
- Und das Helle
- des von Xanten
- und das Düstre
- des von Tronje
- waren auferstanden
- in dieser Nacht
- in den Gestalten
- vom 20. Juli,
- in den Taten,
- den Gesichtern
- und den Stimmen
- und im Tönen
- der eisernen
- Waffen,
- waren herausgetreten
- aus grauer Vorzeit –
- des Reiches
- drohenden Fall und
- Untergang
- anzukünden.
- Lassen wir
- die Handvoll
- Lumpen beiseite
- und gestehen wir
- den Verschwörern zu,
- daß dies ihr
- größtes Verbrechen war:
- zu scheitern!
- Sie hatten
- ihr Leben gewagt.
- Alle.
- Und es verspielt.
- Und hätten sie
- keinen andern
- Auftrag gehabt
- vor der Geschichte
- als jenes Dunkel
- zu sein,
- von dem alles Licht
- den Nachweis
- seiner Helligkeit
- schöpft,
- sie hätten sich
- darob schon verdient,
- als Deutsche
- hinübergehen
- zu dürfen.
- Unvergeßlich bleibt
- der unglückliche
- Fromm,
- dessen Verbrechen
- es war,
- im entscheidenden Augenblick
- nicht stark
- gewesen zu sein.
- Bevor ihn
- die Kugeln des
- Exekutionskommandos
- trafen,
- bekannte er sich
- mit dem letzten
- Atemzug
- zu Deutschland
- und dem Führer.
- Und ich frage mich,
- wozu es wohl
- größerer Kraft bedarf,
- als im Sterben noch
- die zu lieben,
- die einem den
- Tod geben?
- Ja, es hatte
- seine wilde Nacht
- gehabt,
- seine ausschweifende,
- wilde Nacht,
- das goldhaarige,
- mächtige Weib,
- und erst nach
- und nach, als es
- schon sattgefressen
- und träge ward,
- trollte sich
- die „Walküre“,
- um in ihren
- Dornröschenschlaf
- zurückzusinken,
- aus dem sie
- von ihren Opfern selbst
- in trügerischer Hoffnung
- gescheucht worden ward.
- Der Puls des Kriegs,
- für einen Augenblick
- erstarrt,
- begann allmählich wieder
- zu schlagen und zu
- pochen, und durch
- tausend feine Kanäle
- hub der Nachschub an,
- aus mächtigen,
- unterirdischen Magazinen
- und Fabriken
- hinauszusickern,
- sich millionenfach
- verästelnd,
- bis hin in die
- Schützengräben,
- in die Menageschalen und
- Gewehrläufe unserer
- Väter, die
- in unendlicher, weiter
- Einsamkeit,
- hingeduckt unter den
- heiligen Helmen,
- ausharrten und hofften
- an ferner, wankender
- Front.
- Das Gute, das
- die Verschwörer gewollt,
- bleibt unbewiesen.
- Greifbar bleibt
- für die Zukunft
- von all ihrem Tun nur
- der Verrat!
- Und wenn es irgendwann
- eine Auferstehung gibt
- für Deutschland,
- dann wird es einer Kraft
- bedurft haben,
- aus der
- die Wiedergeburt ihre
- Wurzeln nährte.
- Eine solche Kraft aber
- wird nicht aus der
- Erinnerung an die
- Finsternis des Eidbruchs,
- sondern nur
- aus dem Licht
- der Liebe und
- der Treue
- geschöpft werden
- können.
- Remer,
- den jungen, kühnen,
- lachenden
- deutschen Offizier,
- geadelt durch
- achtundzwanzig Nahkampftage
- an brennender Front,
- mit dem strahlenden
- Ritterkreuz
- an seinem Hals,
- müssen wir vorerst
- in der Dämmerung der Geschichte
- hinter uns zurücklassen!
- Doch glaube ich an ein Wiedersehen:
- Denn am Tage der Auferstehung
- des Reiches
- wird uns sein Bildnis
- ewig jung
- und strahlend
- entgegentreten.
- Den Jungen, die
- nachkommen,
- hab’ ich dies
- aufgeschrieben:
- Vergeßt es nie:
- Einer stand für alle,
- für Millionen Frontsoldaten,
- an diesem 20. Juli 1944
- auf seinem Posten.
- Unerschütterlich
- und treu.
- Remer.
- In der Nacht der „Walküre“.