Gerstenmaier, Eugen

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Eugen Gerstenmaier

Eugen Karl Albrecht Gerstenmaier (Lebensrune.png 25. August 1906 in Kirchheim unter Teck; Todesrune.png 13. März 1986 in Oberwinter bei Remagen) war ein deutscher Theologe, Politiker und Wiedergutmachungsprofessor. Als Mitglied des Kreisauer Kreises war er in Pläne zum Attentat auf Adolf Hitler eingeweiht und wurde am 20. Juli 1944 verhaftet. 1945 organisierte er das Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland, das er bis 1951 leitete. Von 1949 bis 1969 war er Bundestagsabgeordneter für die CDU und von 1954 bis zu seinem Rücktritt 1969 langjähriger Bundestagspräsident.

Werdegang

Eugen Karl Albrecht Gerstenmaier, ev., war Schwabe, sein Vater Betriebsleiter einer Klavierfabrik in Kirchheim/Teck. Er hatte noch sieben Geschwister. Nach Besuch der Realschule trat er 1921 eine kaufmännische Ausbildung an. 1931 holte er das Abitur am Stuttgarter Eberhard-Ludwig-Gymnasium nach und studierte Philosophie, Germanistik und evangelische Theologie in Tübingen, Rostock, Zürich und wieder Rostock. Er erwarb 1935 den Lic. theol., der später in den theol. Doktorgrad umgewandelt wurde. Die Rostocker Fakultät hatte ihn zur Habilitation aufgefordert, und er schrieb die Arbeit „Die Kirche und die Schöpfung“ (als Buch 1938). Die Lehrbefugnis wurde ihm jedoch aus politischen Gründen verweigert.

Wirken

Gerstenmaier war SA-Mann, im Reichskirchenausschuß und im Kirchlichen Außenamt der Evangelischen Kirche. Er war im Kirchenkampf 1934 verhaftet und in ein Relegationsverfahren verwickelt gewesen. 1936 fand Gerstenmaier, der sich der Bekennenden Kirche angeschlossen hatte, als Beauftragter der Württembergischen Ev. Landeskirche und als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Kirchlichen Außenamt der Deutschen Ev. Kirche in Berlin ein Auskommen. Er übernahm u. a. die wissenschaftliche Vorbereitung der Weltkirchenkonferenz 1937 in Oxford. Der Direktor des Osteuropäischen Instituts (→ Ostforschung) in Breslau, Prof. Koch, schrieb 1938 in einem Gutachten über Eugen Gerstenmaier:

„Er fiel mir von allem Anfang und dann stets von neuem durch das große Geschick auf, mit welchem er die nationalsozialistischen Fragen vor angelsächsischen oder skandinavischen Gelehrten und Studenten vertrat.“

Während des Kriegs bereiste Gerstenmaier den von deutschen Truppen besetzten Südostraum, um orthodoxe Nationalkirchen im Auftrag des Reiches zu Propagandaaktionen gegen den Bolschewismus zu bewegen. Im Jahr 1940 war er in die kulturpolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes berufen worden. Am 20. Juli 1944 hielt sich Gerstenmaier „mit Pistole und Taschenbibel“ im Berliner Bendlerblock auf, um den Umsturzversuch nach dem Attentat auf Hitler zu unterstützen. Bei den folgenden Verhören gab sich Gerstenmaier als ziviler Besucher der Bendlerstraße. Nicht vernichtetes Beweismaterial überführte ihn jedoch der Mitwisserschaft.

Im Prozeß vor dem Volksgerichtshof wegen Hoch- und Landesverrats setzte er auf die Strategie eines weltfremden Theologen, der nichts von Politik verstehe und dem die Tragweite der Kreisauer Gespräche nicht bewußt gewesen sei. Am 11. Januar 1945 wurde er als einer der wenigen Angeklagten, der Nichtanzeige seiner Kenntnisse beschuldigt, nicht zum Tod, sondern unter Vorsitz des Präsidenten des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, obwohl der Vertreter des Oberreichsanwaltes beim Volksgerichtshof (Anklagevertreter) die Todesstrafe beantragt hatte. In der mündlichen Begründung des für Freislers Verhältnisse milden Urteils führte er aus, Gerstenmaier sei „weltfremd und unter Umständen noch für die Gemeinschaft wiederzugewinnen“. Elisabeth Sündermann (geb. Gebhardt), Ehefrau des stellvertretenden Reichspressechefs Helmut Sündermann, soll sich auf Bitten von Gerstenmaiers Schwester, Hanna Schwarz, für Gerstenmaier bei Freisler eingesetzt haben.

Nachkriegszeit

Nach 1945 engagierte sich Gerstenmaier bei der CDU, war erster Leiter des Evangelischen Hilfswerks (Büroleiter war General der Artillerie a. D. Hauck) und wurde nach dem plötzlichen Tod von Hermann Ehlers, dem führenden Vertreter des Protestantismus in der CDU, 1954 dessen Nachfolger als Bundestagspräsident. In diesem Amt, das er bis kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 1969 inne hatte, prägte er das Erscheinungsbild des Bonner Parlamentarismus im In- und Ausland.

Ende der 1960er Jahre gab es einen Skandal um ihn, der zu seinem Rücktritt führte: Er hatte eine sechsstellige Summe kassiert (Wiedergutmachung) und den ihm im Dritten Reich – aus welchen Gründen auch immer – „entgangenen“ Professorentitel nachträglich verliehen bekommen; aufgrund einer Novelle zum Wiedergutmachungsgesetz, die der vom Begünstigten präsidierte Bundestag gutgeheißen hatte.[1] Am 21. März 1975 schrieb er in der Frankfurter Allgemeinen:

„Was wir im deutschen Widerstand während des ganzen Krieges nicht begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: daß dieser Krieg schließlich eben nicht nur gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde. Das Scheitern aller unserer Verständigungsversuche aus dem Widerstand ... war deshalb kein Zufall. Es war ein Verhängnis, dem wir vor uns [sic] nach dem Attentat machtlos gegenüberstanden.“[2]

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Ich dien', Der Spiegel, 20. Januar 1969
  2. Zitiert in: Fred Duswald: Zur Person Dietrich Bonhoeffers, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 3, 3. Aufl., Grabert Verlag, Tübingen 2010, S. 486–489 (488), unter Angabe der Quelle: FAZ, 21.3.1975