Ashton, Catherine
Catherine Margaret Ashton, Baroness Ashton of Upholland (geb. 20. März 1956 in Upholland, Lancashire) ist eine britische Politikerin (Labour Party). Sie war vom 9. Februar 2010 bis zum 31. Oktober 2014 als eine von Politikern eingesetzte EU-Funktionärin Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Catherine Margaret Ashton wurde am 20. März 1956 in Upholland in der Grafschaft Lancashire als Tochter von Harold und Clare Ashton geboren. Nach dem Besuch der Upholland Grammar School in Billinge und des Wigan Mining and Technical College in Wigan studierte sie Wirtschaftswissenschaften am Bedford College (jetzt Teil der Royal Holloway, University of London), wo sie 1977 einen Bachelor-Grad in Soziologie erwarb.
Wirken
1977-1979 arbeitete Catherine Ashton für die Campaign for Nuclear Disarmement, eine Organisation der britischen Friedensbewegung, deren Vizepräsidentin und Schatzmeisterin sie wurde. Anschließend war sie bis 1981 als Geschäftsführerin des Management-Beratungsbüros Coverdale Organisation tätig, bevor sie zwei Jahre lang beim Central Council for Education and Training in Social Work mitwirkte. 1983 wurde Catherine Ashton Direktorin für Öffentlichkeitsarbeit des Projekts „Business in the Community“, bei dem sie gemeinsam mit Firmen und Gemeinden effektive und sozialverträgliche Wirtschaftsstrategien entwickelte (bis 1989). Prinz Charles übertrug ihr zudem die Leitung seines eigenen Sozialreformprogramms, des „Windsor Fellowship“. Anschließend arbeitete sie bis 1998 als freie Politikberaterin. 1998-2001 leitete sie die Gesundheitsbehörde der Grafschaft Hertfordshire sowie den Trägerverein der Schule ihrer Kinder.[1]
1999 wurde Labour-Mitglied Ashton auf Vorschlag von Premierminister Tony Blair als Life Peer in den Adelsstand erhoben (Baroness Ashton of Upholland, of St. Albans in the County of Hertfordshire) und auf Lebenszeit zum Mitglied des britischen Oberhauses (House of Lords) ernannt. Im Juni 2001 berief man sie zur Parlamentarischen Staatssekretärin und Regierungssprecherin im Bildungsressort, wo sie u. a. für das Erziehungsprojekt „Sure Start“ verantwortlich war. In gleicher Funktion wechselte sie im September 2004 ins Verfassungsministerium. Dort war sie u. a. für die britischen Nationalarchive sowie die Bereiche Menschenrechte, Informationsfreiheit und Chancengleichheit zuständig. Im Mai 2006 wurde sie als Privy Councillor in den Geheimen Staatsrat, das politische Beratungsgremium der britischen Königin, berufen. Der neu gewählte Premierminister Gordon Brown holte sie im Mai 2007 als Parlamentarische Staatssekretärin ins Justizministerium, ernannte sie jedoch bereits am 27. Juni des Jahres zur Vorsitzenden des Oberhauses und Lord President of the Council. Ihr Verhandlungsgeschick stellte Catherine Ashton unter Beweis, indem sie maßgeblich dazu beitrug, daß das Gremium dem EU-Reformvertrag von Lissabon zustimmte.
Infolge einer Kabinettsumbildung am 3. Oktober 2008, bei der Premier Brown den jüdischen EU-Handelskommissar Peter Mandelson als Wirtschaftsminister in sein Kabinett holte, rückte Catherine Ashton auf den Posten des EU-Handelskommissars nach, auf dem sie als Übergangslösung bis zur Bildung einer neuen Kommission bleiben sollte. Aufgrund von Art. 213 der Europäischen Verfassung musste sie dafür ihren Sitz im britischen Oberhaus ruhen lassen. Gegner warfen ihr mangelnde europäische und handelspolitische Erfahrung vor und forderten, die Rettung der festgefahrenen Welthandelsgespräche dürfe nicht einer Anfängerin überlassen werden. Ashton selbst verwies auf ihre europapolitische Erfahrung in den Ministerien und im Oberhaus und kündigte an, als EU-Kommissarin den Freihandel ausbauen zu wollen und dafür zu sorgen, daß Unternehmen der EU leichter Zugang zu den Märkten in China oder Indien erhielten. Bei ihrer Anhörung vor dem EU-Parlament punktete Catherine Ashton mit Einfühlungsvermögen und politischem Gespür. Mit ihrer zurückhaltenden Art verkörperte sie nach Beobachtermeinung das Gegenteil ihres Vorgängers Mandelson. Es wurde vermutet, daß ihr der Handelspoker mit ehemaligen Kolonien leichter fallen werde, da sie in der Lage sei, die Befindlichkeiten ihrer dortigen Kontrahenten zu berücksichtigen.
Während ihrer nur einjährigen Amtszeit gelang Ashton insbesondere die Aushandlung eines weit gehenden Freihandelsabkommens mit Südkorea. Sie vertrat die Europäische Union in den Welthandelsgesprächen der Doha-Runde und leitete zusammen mit dem chinesischen Vizepremier Wang Qishan den hochrangigen Wirtschafts- und Handelsdialog zwischen der EU und China. Angesichts der bisher schwersten EU-Wirtschaftskrise und einer globalen Rezession forderte sie „starke Zeichen“ gegen den Protektionismus vieler Staaten, um den Märkten verlorengegangenes Vertrauen zurückzugeben, und setzte sich wiederholt für freien Welthandel ein.[2] Zudem trat sie dafür ein, Handel als Mittel der Entwicklungshilfe einzusetzen und die Wirtschaftsbeziehungen der EU mit afrikanischen, karibischen und pazifischen Ländern (ACP) auf eine festere Basis zu stellen.
Die Achtung, die Ashton in ihrem Amt als Handelskommissarin intern erworben hatte, das „hohe Maß an Vertrauen, das sie zu stiften wusste“,[3] ihre Diskretion und ruhige Effizienz waren nach Medienmeinung ausschlaggebend für ihren nächsten Karriereschritt. Nach monatelangem Tauziehen, das mit der umstrittenen Figur des britischen Ex-Premiers Tony Blair zusammenhing, hatten die 27 Staats- und Regierungschefs der EU am 19. November 2009 auf einem Sondergipfel den belgischen Ministerpräsidenten Herman Van Rompuy zum ersten ständigen Präsidenten des Europäischen Rats ernannt. Aus Proporzgründen, so die Meinung der Medien,[4] wurde dann für das Amt des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik („EU-Außenminister“, zugleich Vizepräsident der Europäischen Kommission) eine sozialdemokratische Frau aus Großbritannien gesucht, sodaß die Wahl letztlich auf Catherine Ashton fiel. Beide Ämter waren mit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon neu geschaffen worden. In ersten Stellungnahmen kündigte Ashton, deren Bestätigung sowie die der übrigen Mitglieder der Europäischen Kommission durch das Europaparlament für Januar 2010 erwartet wurde, eine Politik der „stillen Diplomatie“ an, um die Interessen der EU zu vertreten.[5]
Auszeichnungen
- 2005: „Minister of the Year“ (House Magazine)
- 2005: „Peer of the Year“ (Channel 4),
- 2005: Ehrendoktorwürde der University of East London
- 2006: „Politician of the Year“ (Stonewall).
Mitgliedschaften / Ämter
Vizepräsidentin des National Council for One Parent Families (seit 1998). Mitglied des britischen Oberhauses (House of Lords) sowie des Privy Council, ihre Mitgliedschaft dort ruht jedoch während ihres EU-Mandats in der Kommission.
Verweis
- Wolfram Weimer: „Ashton, Sinnbild des EU-Dilettantismus“, n-tv.de, 15. April 2014