Bachem Ba 349
Die Bachem Ba 349 „Natter“ war eine in Entwicklung befindliche bemannte und senkrecht startende Rakete des Ingenieurs Erich Bachem. Das Raketenflugzeug war, wie die Boden-Luft-Raketen „Wasserfall“ und „Föhn“ sowie die Luft-Luft-Rakete „Orkan“, als Wunderwaffe zur Abwehr feindlicher Einflüge geplant.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Die Natter war ein senkrecht startendes Raketenflugzeug mit Flüssigtreibstoff-Triebwerk und Feststoff-Starthilfsraketen. Sie sollte im Rahmen der Reichsluftverteidigung bemannt anglo-amerikanische Bomber anfliegen und nach erreichen eine Salve von in der Spitze befindlichen 24 Kleinraketen auf die feindlichen Terrorflieger abfeuern. Anschließend hätte sich der Flugzeugführer mit dem Fallschirm retten sollen, da eine Landemöglichkeit nicht vorgesehen war. Die wiederverwertbaren Teile der Rakete (Front- und Hecksektion) wurden ebenfalls am Fallschirm zur Erde zurückgeführt.
Raketenstart
Der erste bemannte Raketenstart der Welt erfolgte am 1. März 1945 mit einer Natter-Rakete durch Lothar Sieber bei Heuberg südlich von Stuttgart. Die Auswertungen haben ergeben, daß die Rakete dabei eine Spitzengeschwindigkeit von über 1.000 km/h (kritische Machzahl, ggf. Überschallflug) erreichte. Mehrere Donnerschläge waren zu hören – der Knall vom Durchbruch der Schallmauer. Der Flug endete für den Flugzeugführer jedoch tragisch, da sich durch ein zu schwach berechnetes Scharnier das Dach der Führerkanzel vorzeitig löste. Mit nur 22 Jahren starb der verwegene Versuchsflieger Sieber.
Weitere bemannte Erprobungen auf dem Raketenversuchsgelände Peenemünde verliefen hingegen erfolgreich.
Verbleib
Das Deutsche Museum in München besitzt zwar eine „Natter“, jedoch ist die Maschine zusammengestoppelt. Die Führerkanzel wurde nachgebaut, Triebwerk und Instrumente fehlen ganz.
Erst im Jahre 2001 tauchten weitere Originalteile auf. Seit Mai 2001 sind im Museum von Mittelbiberach drei Rumpfspanten einer Natter zu sehen. „Über ein Zeitungsinserat", erzählt der Leiter Alois Riedmüller, sei er in ihren Besitz geraten.
Beim Vormarsch in der Ostmark fielen den Nordamerikanern vier Nattern in die Hände. Zwei der Maschinen gingen als sogenannte Kriegsbeute über den Atlantik. Kurze Zeit später traf eine von ihnen auf der Muroc Army Air Base in Kalifornien ein. 1946 fand ein US-Versuch statt: Die Maschine hob ab, schwenkte nach Osten und stürzte 30 Kilometer entfernt in eine Drogerie (Drugstore). Das zweite Beutestück indes blieb heil. Es steht heute im Depot des National Air and Space Museum bei Washington. Dem deutschen Technikmuseum Berlin wurde die Herausgabe verweigert.
Technische Daten
Bachem Ba 349 A
- Abmessungen
- Spannweite: 3,60 m
- Tragflächentiefe: 1,0 m
- Länge: 6,10 m
- Höhe (im Flug): 2,25 m
- Tragflügelfläche: 3,6 m²
- Massen
- maximale Startmasse: 2.200 kg
- Triebwerk
- ein Raketentriebwerk Walter HWK 109-509 A-2 (regelbar zwischen 150 und 1.700 kp, 1,47 bis 16,671 kN) mit 70 s Brenndauer
- vier Starthilfsraketen (abwerfbar) „Schmidding 109-533“ (mit je 1.200 kp, 11,768 kN) mit 10 s Brenndauer (die ersten Mustermaschinen besaßen nur zwei Zusatzraketen)
- Treibstoff: 600 kg, davon T-Stoff: 365 (435) l, C-Stoff: 165 (190) l.
- Leistungen (rechnerische Werte)
- Höchstgeschwindigkeit:
- 1.000 bis 1.100 km/h bei 5.000 m
- 800 km/h in Bodennähe
- Steiggeschwindigkeit: ~200 m/s (auf 12 km Einsatzhöhe gerechnet)
- Anfangssteiggeschwindigkeit: 36,58 m/s
- Dienstgipfelhöhe: 14.000 m
- Aktionsradius: 40 km in 12.000 m Höhe
- Höchstgeschwindigkeit:
- Bewaffnung (alternativ)
- 33 ungelenkte 55-mm-Raketen R4M „Orkan“
- 24 ungelenkte 73-mm-Raketen RZ 73
Bachem Ba 349 B
- Triebwerk
- ein Raketentriebwerk Walter HWK 109-509 D-1 (2000 kp, 19,6 kN)
- Ein erfolgter Start
- Flugzeit vergrößerte sich mit dem neuen Triebwerk von 2 min auf ca. 4,30 min. Keine strukturellen Änderungen gegenüber A-Version.
Bildergalerie
Literatur
- Horst Lommel: Geheimaktion Natter. Der erste bemannte Raketenstart der Welt, Motorbuch-Verlag, ISBN 978-3613018624
- Joachim Engelmann: Raketen die den Krieg entscheiden sollten: Taifun, Natter, Kirschkern (V1), Rheinbote (V4), Föhn (V3) u. a, Dörfler-Verlag, ISBN 978-3895553691