Dreiklassenwahlrecht

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Das Dreiklassenwahlrecht oder auch Dreiklassenwahlsystem[1] ist eine Form des Zensuswahlrechts und galt in Preußen nach der Revolution von 1848/49 durch Verordnung vom 30. Mai 1849 bis zur Zerstörung der Monarchie durch die Novemberrevolte 1918. Hierbei wurde die Stimmgewichtung für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus (der Zweiten Kammer) im Königreich Preußen nach dem Steueraufkommen in drei Gruppen eingeteilt. Die Bestimmungen des Dreiklassenwahlsystems wurden in die Verfassung vom 31. Januar 1850 (Artikel 71) aufgenommen und mit deren Einführung in den neuen Provinzen am 1. Oktober 1867 auch für diese maßgebend.

Ausgestaltung

Es handelte sich um ein indirektes Wahlverfahren, bei dem die Urwähler zunächst die Wahlmänner, diese die Abgeordneten wählten. Die Urwähler eines Urwahlbezirks wurden nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Staatssteuern in drei Abteilungen geteilt, wobei auf jede Abteilung ein Drittel der Gesamtsumme der Steuerbeträge aller Urwähler fiel. Die erste Abteilung bestand aus denjenigen Urwählern, auf welche die höchsten Steuerbeträge bis zum Belauf eines Drittels der Gesamtsteuer fielen. Die zweite Abteilung bestand aus den Urwählern, auf welche die nächst niedrigen Steuerbeträge fielen. Die dritte Abteilung umfaßte die am niedrigsten besteuerten Urwähler. Das System war in den preußischen Städteordnungen auf die Wahl der Stadtverordneten ausgedehnt.

Im übrigen bestand ein allgemeines männliches Wahlrecht: Wahlberechtigt war jeder Preuße ab 24 Jahre, der in einer preußischen Gemeinde seit mindestens sechs Monaten seinen Wohnsitz hatte, im Besitz der bürgerlichen Rechte war und nicht öffentliche Armenunterstützung erhielt. Wählbar zum Abgeordneten war, wer das 30. Lebensjahr vollendet hatte, seit mindestens drei Jahren Preuße war und im Besitz der bürgerlichen Rechte war.

Abänderungen

Infolge einer veränderten Steuergesetzgebung, welche die niedrigsten Einkommen von der damals neu eingeführten Einkommensteuer ganz frei ließ, wurde durch Gesetz vom 24. Juni 1891 bestimmt, daß für jede nicht veranlagte Person ein Steuerbetrag von 3 Mark an Stelle der bisherigen Klassensteuer zum Ansatz zu bringen sei. Da durch Aufhebung mehrerer direkter Staatssteuern (Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer), die den Kommunen zugewiesen worden waren, eine weitere Verschiebung des Wahlrechts zugunsten der oberen Abteilungen stattgefunden hätte, wurde durch Gesetz vom 29. Juni 1893 ferner bestimmt, daß außer den Staatssteuern auch die direkten Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- und Provinzialsteuern bei der Bildung der drei Abteilungen mit maßgebend sein sollten. Wo direkte Gemeindesteuern nicht erhoben wurden, traten an deren Stelle die vom Staat veranlagten Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuern.

Geschichtliches Schicksal

Das 1849 eingeführte Dreiklassenwahlrecht bewährte sich über die Jahrzehnte, wurde aber aus den demokratischer Gesinnung innewohnenden gleichmacherischen Antrieben heraus auch vielfach angegriffen. Am 7. April 1917 leitete der Kaiser eine Reform des preußischen Wahlrechts ein (sog. „Osterbotschaft“). Die Novemberrevolte von 1918 beseitigte das Dreiklassenwahlrecht.

An die geschichtliche Erscheinung des preußischen gestuften Gruppenwahlrechts nach Steuerleistung knüpfen moderne Überlegungen zur Notwendigkeit eines Zensuswahlrechts[2] an.

Siehe auch

Fußnoten

  1. Vgl.: Dreiklassenwahlsystem, in: Meyers Konversationslexikon, S. 131, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
  2. Gerd Radek: „Griechenland – Ein Plädoyer für das Zensuswahlrecht“, eigentümlich frei (ef-magazin.de), 30. April 2010