Herrhausen, Alfred
Alfred Herrhausen ( 30. Januar 1930 in Essen; 30. November 1989 in Bad Homburg vor der Höhe) war ein deutscher Betriebswirt und Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Von 1978 bis 1988 war Herrhausen Teilnehmer der Bilderbergerkonferenzen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Aufgrund seiner besonderen schulischen Leistungen wurde er in die NAPOLA in Feldafing aufgenommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er Betriebswirtschaft an der Universität Köln und promovierte zum Dr. rer. pol. Anschließend war er in verschiedenen Vorstandspositionen tätig. 1970 erfolgte sein Wechsel von der VEW zur Deutschen Bank, wo er als stellvertretendes Vorstandsmitglied eingestellt wurde. Unter seiner Führung stieg die Deutsche Bank in die Spitzengruppe der international agierenden Geschäftsbanken auf. Nachdem er mehr Transparenz und Offenheit für das kapitalistische System der global operierenden Bankenkartelle gefordert hatte, wurde er bei einem Bombenattentat getötet. Der von ihm geforderte Schuldenerlaß hätte das Welt-Geld-System zum Zusammenbruch gebracht. Eine halbe Stunde nach dem Attentat stand für die Bundesanwaltschaft bereits fest, daß es die Rote Armee Fraktion (RAF) gewesen sei. Doch die einsetzenden Ermittlungen zeigten immer mehr Ungereimtheiten. Der angebliche Kronzeuge, der vom hessischen Verfassungsschutz geführte V-Mann Siegfried Nonne, gab in einer Sendung des WDR-Magazins „Monitor“ vom 1. Juli 1992 an, daß er zu seiner Aussage erpreßt worden war und widerrief seine Aussagen.[2] Bis heute ist der Mordfall Alfred Herrhausen ungeklärt. Der RAF nahestehende Personen distanzierten sich später in einem Schreiben von den Vorwürfen und betonten, daß es sich um eine gezielte Fehlinformationskampagne des BRD-Regimes handelte.
- „Der Ausfall eines Schuldners wie Brasilien hätte zum damaligen Zeitpunkt einige US-Großbanken an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. [...] Die Herausforderung der US-Finanzhegemonie, derer sich Herrhausen bewußt gewesen sein muß, wird auch in einer Rede augenfällig, die Herrhausen nicht mehr halten konnte, weil er vorher ermordet wurde. Am 4. Dezember 1989 wollte er bei der Arthur-Burns-Gedächtnisveranstaltung der „Atlantik-Brücke“ sprechen. [...] So unverfänglich diese Ausführungen auf den ersten Blick auch klingen mögen, sie bergen Sprengstoff in sich, weil Herrhausen hier einen vom US-Finanzdiktat – für die Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank stehen mögen – unabhängigen Weg ins Spiel brachte. Nicht zu Unrecht kommentieren die Autoren des ‚RAF-Phantoms‘: ‚Selbstverständlich berührten Herrhausens Initiativen zumindest den Geist des Abkommens von Jalta [...] Die in Jalta vorgenommene Aufteilung des Kontinents in bestimmte Einflußzonen war über Nacht ungültig geworden, und mit dem wiedervereinigten Deutschland, seiner Wirtschaftsmacht und geographischen Lage, betrat plötzlich ein neuer Global oder Continental Player die Szene, bereit, die Lücke nach dem Zusammenbruch des Systems von Jalta auszufüllen. Das wurde im Ausland, insbesondere in den Jalta-Staaten, mit Aufmerksamkeit registriert.‘ Nach dem Tode Herrhausens wagte kein Mitglied seiner Zunft mehr, die IWF-Politik so in Frage zu stellen, wie es Herrhausen getan hat.“[3]
Bereits zwei Jahre zuvor war der deutsche Politiker Rudolf Heß kurz vor seiner bevorstehenden Freilassung von englischen Besatzern ermordet worden. Kurz nach dem Tod Alfred Herrhausens wurde dann am 1. April 1991 der Vorsitzende der Treuhandanstalt Detlev Rohwedder erschossen, der ebenfalls einen eigenen deutschen Weg unabhängig von den imperialistischen VSA propagiert hatte. Der damaligen Mordserie fielen unter anderem auch im Februar 1985 der Industrielle Ernst Zimmermann, im Juli 1986 Siemens-Vorstand Heinz Beckurts und im Oktober 1986 der Diplomat Gerold von Braumühl zum Opfer. Ihre Mörder sind bis heute angeblich ebenfalls unbekannt.
Zitate
- „Zwei wirtschaftspolitisch motivierte Morde haben wesentlich zur Katastrophe beigetragen, in welche die deutsche Wirtschaft in den letzten 15 Jahren gestürzt ist: Alfred Herrhausen und Detlef Rohwedder.“[4]
- „Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“
Siehe auch
Literatur
- Gerhard Wisnewski / Wolfgang Landgraeber / Ekkehard Sieker: Das RAF-Phantom – Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen, Droemer Knaur, 1997, akt. u. erw. Auflage. ISBN 3-426-80010-1 (eingeschränkte Voransicht auf Google-Bücher)
Verweise
- Udo Schulze: Herrhausen-Attentat, Telepolis, 30. November 2009
- Das RAF-Phantom: Keine Beweise für eine dritte RAF-Generation, Wahrheitssuche
- Die Morde an Alfred Herrhausen und Detlef Rohwedder aus neuer Sicht
- Herrhausen wollte als Bankier die Welt verändern, Die Welt, 29. November 2009
- Herrhausen – Der letzte aufrechte Banker, n-tv, 29. November 2014