Köhler, Wolfgang

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Prof. Dr. phil. Dr. h. c. mult. Wolfgang Köhler

Wolfgang Felix Ulrich Köhler (Lebensrune.png 21. Januar 1887 in Reval, Baltenland, Russisches Kaiserreich; Todesrune.png 11. Juni 1967 in Enfield, Neuhampshire, VSA) war ein baltendeutscher Psychologe und gilt mit Max Wertheimer und Kurt Koffka als einer der Begründer der Gestaltpsychologie bzw. der Gestalttheorie.

Werdegang

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„Wolfgang Felix Ulrich Köhler wurde am 21. Januar 1887 in Reval (Estland) als Sohn eines Lehrers aus Sachsen-Weimar geboren. Ab 1905 studierte er Philosophie und Naturwissenschaften in Tübingen (2 Semester), Bonn (2 Semester) und Berlin (5 Semester) und promovierte 1909 mit einer tonpsychologischen Arbeit bei Carl Stumpf, dem Begründer und ersten Direktor des Berliner Psychologischen Instituts. Als Assistent in Frankfurt entwickelte Köhler zusammen mit Max Wertheimer und Kurt Koffka den interdisziplinären Ansatz der Gestaltpsychologie, der das Zusammenwirken von Philosophie und Naturwissenschaften betont. (1920 Buchveröffentlichung ‚Die physischen Gestalten‘). 1914–1920 leitete Köhler die Anthropoidenstation der Preußischen Akademie der Wissenschaften auf Teneriffa und erzielte durch geniale, einfach strukturierte Experimente Erkenntnisse über die Einsichts- und Leistungsfähigkeit der Menschenaffen (1921 Buchveröffentlichung ‚Intelligenzprüfungen an Menschenaffen‘) wie auch über die Grenzen assoziationstheoretischer Erklärungsansätze für Lernprozesse (u. a. in den Abhandlungen der Physikalisch-Mathematischen Klasse der Preußischen Akademie). Es sind dies u. a. polarisierende Fragestellungen nach der Wechselwirkung assoziativer und generalisierender Erkenntnisstrategien, die bis heute aktuell sind und unter unterschiedlicher Akzentuierung und Modellierung diskutiert werden. 1922–1935 war Köhler Direktor des Berliner Psychologischen Instituts und begründete zusammen mit Max Wertheimer, Kurt Lewin, Carl Duncker durch Forschungsarbeiten zur Wahrnehmungs-, Denk-, Lern-, und Motivationspsychologie die Berliner Schule der Gestaltpsychologie. Die naturwissenschaftliche Fundierung und die Interdisziplinarität waren Kennzeichen seines integrativen Wissenschaftsverständnisses und sind bis in die Gegenwart Vorbild und Wegweiser für die Wissenschaftsentwicklung an diesem Berliner Institut. 1935 emigrierte Köhler in die USA [...] 1935–1955 war er Professor am Swarthmore College; 1958/59 Präsident der Amerikanischen Psychologischen Gesellschaft (APA). Nach dem Krieg hielt Köhler Vorträge und Vorlesungen als Honorarprofessor an der Freien Universität und war 1967 Gast am Psychologischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Am 11. Juni 1967 verstarb Wolfgang Köhler in Enfield (New Hampshire).“[1]

Chronologie

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  • 1887: Geboren am 21. Januar in Reval, Estland als Sohn des Direktors des deutschsprachigen Gymnasiums Franz Eduard Köhler und der baltendeutschen Pfarrerstochter Wilhelmine Girgensohn; der Bruder seines Vaters, Ulrich Köhler, war Professor für alte Geschichte in Berlin
  • 1893: Übersiedlung nach Wolfenbüttel, hier Besuch der Bürgerschule, dann des Gymnasiums Große Schule Wolfenbüttel 1896 bis 1905
  • 1905/06: Zwei Semester Studium der Philosophie, Geschichte und Naturwissenschaften an der Universität Tübingen
  • 1906/07: Zwei Semerster Studium an der Universität Bonn, erste Kontakte zur Experimentalpsychologie bei Benno Erdmann
  • 1907–1909: Fünf Semerster Studium am Psychologischen Institut unter Carl Stumpf an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, wo er auch bei Alois Riehl, Max Planck und Walther Nernst hörte
  • 1909: Promotion bei C. Stumpf zum Dr. phil., Rigorosum 29.7., Diss. Phil. vom 24.11.: „Akustische Untersuchungen I“, she. 1909
  • 1910–1913: Assistent bei Friedrich Schumann am Psychologischen Institut der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt; gemeinsame Forschungen mit Max Wertheimer und Kurt Koffka (siehe „Über unbemerkte Empfindungen und Urteilstäuschungen“ 1913)
  • 1911: Habilitation als Privatdozent der Psychologie, systematischen Philosophie und Philosophie der Geschichte
  • 1913–1920: Leiter der von dem Neurophysiologen Max Rothmann und dem cand. med. Eugen Teuber 1912 eingerichteten Anthropoidenstation der Preußischen Akademie der Wissenschaften auf Teneriffa, an der er auch während des Krieges als technisch Internierter weiterarbeiten konnte
  • 1920–1921: Lehrauftrag für Psychologie und ab 19.11.1920 Vorsteher des Psychologischen Instituts an der Universität Berlin anstelle des krankheitshalber von seinen amtlichen Pflichten entbundenen Direktors Carl Stumpf
  • 1921/1922: o. Prof. für experimentelle Psychologie und Philosophie, geschäftsführender Direktor des Psychologischen Instituts Göttingen als Nachfolger von Georg Elias Müller
  • 1921–1935: Mitherausgeber von Psychologische Forschung – Zeitschrift für Psychologie und ihre Grenzwissenschaften neben Kurt Koffka, Max Wertheimer, Kurt Goldstein (bis 1933), Adhemar Gelb (ab 1930) und Hans W. Gruhle, 1937–1938 alleiniger Herausgeber bis zur Einstellung
  • 1922–1935: o. Prof. für Philosophie und geschäftsführender Direktor des Psychologischen Instituts der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
  • 1925/1926: Gastprofessor an der Clark University, Chikago
  • 1930: Vortragsreise nach Spanien, Barcelona (vgl. „El problema de la psicologica de la forma“ 1930) und Uruguay, Montevideo, vgl. „Concepto de asociación“ 1930)
  • 1932: Reise nach Brasilien und Argentinien
  • 1933: Stellungnahme gegen die Entlassung jüdischer Wissenschaftler in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 28.4.1934
    • Niederlegung der Geschäftsleitung des Psychologischen Instituts am 13.4. (Übergabe an den Oberassistenten Prof. Hans Rupp); Austritt aus der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
  • 1934/35: Gastprofessor an der Harvard University – William James lectures, veröffentlicht in „The place of values in a world of facts“ 1938
  • 1935: Wegen Zwangsentlassung seiner Assistenten Karl Dunker und Otto von Lauenstein und Einsetzung von Hans Keller als Assistent (Nachfolge Lewin) in seiner Abwesenheit auf eigenen Antrag am 30.9. Entpflichtung als Professor an der Berliner Universität, anschließend Emigration in die Vereinigten Staaten[2]

Mitgliedschaften in Gesellschaften

1928 wurde Köhler in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1947 in die National Academy of Sciences; weitere Mitgliedschaften waren:

  • Deutsche Gesellschaft für Psychologie, vormals (1910–1929) Gesellschaft für experimentelle Psychologie 1910–1934, Vorstandsmitglied 1927–1929
  • American Psychological Association ab 1937, Präsident 1958/59
  • American Philosophical Society ab 1939
  • National Academy of Sciences
  • American Academy of Arts and Sciences
  • Society of Experimental Psychologists
  • Society of the Sigma Xi
  • Ehrenmitglied der 1949 wiedergegründeten Deutschen Gesellschaft für Psychologie (1952)
  • Ehrenvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (1967)

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

  • Ehrendoktorwürden der Universitäten Pennsylvania (1946), Chikago (1951), Kenyon College (1953), Freiburg (1957), Swarthmore College (1959), Münster (1967), Uppsala (1967)
  • Howard Crosby Warren Medal of the Society of Experimental Psychologists (1947)
  • Erster Preisträger des Distinguished Scientific Contribution Award der APA (1956) neben Carl R. Rogers und Kenneth W. Spence (vgl. „The present situation in brain physiology“ 1958)
    • Die 1967 als Steigerung verliehene Goldmedaille der APA konnte wegen seines Todes nicht mehr überreicht werden.
  • 1962 wurde er mit der Wilhelm-Wundt-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ausgezeichnet.
  • 1962 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Freien Universität Berlin verliehen.
  • 1962 Wundt-Plakette der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
  • In Anerkennung von Köhlers Werk wurde die Einrichtung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zur Kognitionsforschung bei Menschenaffen Wolfgang-Köhler-Primaten-Forschungszentrum benannt.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • 1917: Intelligenzprüfungen an Anthropoiden (1925 in englischer Übersetzung unter dem Titel The Mentality of Apes erschienen)
  • 1920: Die physischen Gestalten in Ruhe und im stationären Zustand. Eine naturphilosophische Untersuchung
  • 1921: Intelligenzprüfungen an Menschenaffen, Springer, Berlin, Neudruck 1963
  • 1929: Gestalt Psychology (1933 in deutscher Übersetzung unter dem Titel Psychologische Probleme erschienen)
  • 1938: The place of value in a world of facts (1968 deutsch als Werte und Tatsachen erschienen)
  • 1969: The task of Gestalt Psychology (1971 deutsch als Die Aufgaben der Gestaltpsychologie erschienen)

Fußnoten