Jäger, Lorenz

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Lorenz Jäger (Lebensrune.png 6. Juni 1951 in Bad Homburg vor der Höhe) ist ein deutscher Diplom-Soziologe und Journalist der F.A.Z.

Leben

Lorenz Jäger studierte Soziologie und Germanistik an der Philipps-Universität Marburg und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. In Marburg habe zu seiner Studienzeit ein heute kaum noch vorstellbares „Klima des dogmatischen Marxismus“ geherrscht, in dem lediglich vier Professoren „Inseln der Seligen“ bildeten: Der Soziologe Heinz Maus, der Germanist Heinz Schlaffer, der Kunsthistoriker Martin Warnke und der Literaturwissenschaftler Gert Mattenklott. Jäger legte bei dem Adorno-Schüler Heinz Maus die Diplomprüfung ab. Nach einer Promotion in Germanistik war er an der Kent State University in Ohio (VSA) tätig. Von 1985 bis 1988 lehrte er an der Hokkaido University in Sapporo (Japan). Seit dem 1. Januar 1997 ist er Redakteur im Ressort Geisteswissenschaften der FAZ. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Positionen

Zur Kritischen Theorie

Jägers Adorno-Biographie (München 2003) wurde unterschiedlich beurteilt. Hilal Sezgin kritisierte, sie sei „gehässig“ geschrieben und enthielte kaum ein freundliches Wort über Adorno. Der Schriftsteller Daniel Kulla meinte, es gehe dem „Adorno-Basher“ Jäger vor allem darum, „Adorno madig zu machen“. Die 3sat-Kulturredakteurin Katharina Kleppe bemerkte, Jäger versammle „allerlei Despektierlichkeiten“ über Adorno. „Ein wenig mehr Empathie hätte Lorenz’ Biographie gut zu Gesicht gestanden - der idealerweise um Neutralität bemühten Ausgewogenheit des Biographen zuliebe.“ Der Berichterstatter der dpa stellte fest: „Jägers kritische Darstellung führt letztlich dazu, dass er kaum ein gutes Haar an Adorno lässt. Nicht nur, dass der Verfasser ausgiebig Adorno-Kritiker wie Bertolt Brecht zu Wort kommen lässt, er hält auch die Aktualität des Vordenkers der Kritischen Theorie spätestens mit dessen Todesjahr für gänzlich erloschen. [...] Bei soviel Distanz mag man sich am Ende fragen, warum Jäger überhaupt ein Buch über Adorno geschrieben hat.“ Jägers Biographie stehe „dem Projekt einer kritischen Gesellschaftstheorie [...] nicht sehr freundlich gegenüber“, konstatierte der Philosoph Johan Frederik Hartle (Universität Amsterdam). „Von Solidarität mit der Kritischen Theorie Adornos finden sich in seinem Buch nur sehr wenige Spuren.“ Jörg Lau nannte das Buch hingegen eine „meisterliche Biographie“.

Zum zeitgenössischen Konservatismus

Jäger steht in gedanklicher Nähe zu dem „konservativen Anti-Modernisten“ Martin Mosebach, dessen Buch „Häresie der Formlosigkeit“ er 2002 feierte. Er hat Verständnis für Marcel Lefebvre und urteilte über die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft: „Der Weg der Kirche zum Frieden mit ihrer eigenen Tradition ist jedenfalls eingeschlagen, das neue Dekret ist ein zweiter Schritt nach dem ersten des ‚Motu proprio‘ zur alten Messe.“ Dieser Satz erlaubt den Schluß, daß Jäger das Zweite Vatikanische Konzil als eine Art Kriegserklärung der katholischen Kirche an ihre Tradition versteht und somit auch in gedanklicher Nähe zur Pius-Bruderschaft steht. Die „Junge Freiheit“ lobte Jägers Haltung zur Pius-Bruderschaft. Jägers Katholizismus-Bild ist streng dualistisch: „Es gibt einen Katholizismus, der von seinen Traditionen nicht lassen will, und einen der mehr oder weniger militanten Modernisierung.“

Zumutungen des Zeitgeists

Jäger verteidigte das Buch „Die Holocaust-Industrie“ von Norman Finkelstein und ist ein Gegner des EU-Beitritts der Türkei. Jäger ist ein Anhänger der Thesen des Historikers Ernst Nolte. Der Philosoph Jürgen Habermas bescheinigte Jäger in einem Beitrag für die FAZ, „als Rechtsaußen der Feuilleton-Redaktion einschlägig bekannt“ zu sein. Thorsten Thaler, Redakteur der „Jungen Freiheit“, schrieb über Jäger: „Lorenz Jäger gehört in der deutschen Journalistenzunft zum kleinen Häuflein derer, die kaum je ein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es darum geht, Sachverhalte zu beschreiben oder die eigene Haltung zu markieren; seine Texte zählen zu den interessantesten und besten, die das Feuilleton der FAZ nach diversen personellen Aderlässen noch zu bieten hat.“

2009 brachte Jäger den so genannten „Fall Kermani“ auf die Titelseite der FAZ und spielte eine führende Rolle bei der Skandalisierung der Entscheidung, den Hessischen Kulturpreis nicht an den Mosebach-Laudator Navid Kermani zu verleihen.

Veröffentlichungen

  • Hinter dem großen Orient: Freimaurerei und Revolutionsbewegungen. Karolinger-Verlag, 2. Aufl. 2018, ISBN 978-3854181897 [144 S.]
  • Unterschied. Widerspruch. Krieg. Zur politischen Theologie jüdischer Intellektueller. Karolinger-Verlag, Wien – Leipzig 2013. ISBN 9783854181521
  • Messianische Kritik. Studien zu Leben und Werk von Florens Christian Rang, Frankfurt am Main 1983, Böhlau-Verlag, ISBN 3-412-03196-8
  • Was nie geschrieben wurde, lesen. Frankfurter Benjamin-Vorträge, Bielefeld 1992, Aisthesis-Verlag, ISBN 3-925670-46-7
  • Adorno. Eine politische Biographie, München 2003, DVA, ISBN 3-421-05493-2
  • Das Hakenkreuz. Zeichen im Weltbürgerkrieg. Eine Kulturgeschichte, Wien 2006, Karolinger-Verlag, ISBN 978-3-85418-119-4
  • Die esoterische Form von Benjamins »Ursprung des deutschen Trauerspiels«. In: Europäische Barock-Rezeption, Wiesbaden 1991, S. 143-153
  • Zwischen Soziologie und Mythos. Hofmannsthals Begegnung mit Werner Sombart, Georg Simmel und Walter Benjamin. In: Hugo von Hofmannsthal. Freundschaften und Begegnungen mit deutschen Zeitgenossen. Würzburg 1991, S. 95-107
  • Die schöne Kunst, das Schicksal zu lesen. Kleines Brevier der Astrologie, zu Klampen Verlag, Springe 2009, ISBN 978-3-866-74039-6

Verweise