O alte Burschenherrlichkeit

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Anonyme Erstveröffentlichung des Studentenliedes O alte Burschenherrlichkeit in der Berliner Zeitschrift „Der Freimüthige“ vom 9. August 1825
Text und Noten in einem alten Kommersbuch von etwa 1900

O alte Burschenherrlichkeit ist die erste Zeile (und der spätere Titel) eines in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Studentenliedes, in dem das Studentenleben der Zeit rückblickend aus der Sicht eines bereits Berufstätigen beschrieben wird, der wehmütig an seine Jugendjahre zurückdenkt.

Dieser Titel ist aufgrund der Popularität des Liedes im 19. und 20. Jahrhundert zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem die Studentenjahre in der besonderen Ausprägung der für Deutschland typischen studentischen Kultur umschrieben werden, wie sie heute nur noch von den Studentenverbindungen gepflegt wird. So findet man diesen Ausdruck als Buchtitel, als Titel von Tonträgern und zwei deutschen Kinofilmen von 1925 bzw. 1930. Auch werden Bilder und Grafiken, die das traditionelle Studentenleben behandeln, gern mit diesem Titel versehen.

Das Lied ist heute fester Bestandteil des von Studentenverbindungen gesungenen Repertoires von Studentenliedern und im Allgemeinen Deutschen Kommersbuch abgedruckt.

Das Lied wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts ins Schwedische übersetzt und ist noch heute sehr populär unter schwedischen Studenten. Es ist als „O, gamla klang- och jubeltid“ („O, alte Klang- und Jubelzeit“) bekannt. Auch ins Niederländische wurde es übersetzt, und es wird auch heute noch bei Verbindungsfeiern oft gesungen.

Heutiger Text

O alte Burschenherrlichkeit,
Wohin bist du entschwunden,
Nie kehrst du wieder goldne Zeit,
So froh und ungebunden!
Vergebens spähe ich umher,
Ich finde deine Spur nicht mehr.
O jerum, o quae mutatio rerum


Den Burschenhut bedeckt der Staub,
Es sank der Flaus in Trümmer,
Der Schläger ward des Rostes Raub,
Verblichen ist sein Schimmer.
Verklungen der Kommersgesang,
Verhallt Rapier- und Sporenklang.
O jerum, o quae mutatio rerum


Wo sind sie, die vom breiten Stein
Nicht wankten und nicht wichen,
Die ohne Moos bei Scherz und Wein,
Den Herrn der Erde glichen?
Sie zogen mit gesenktem Blick
In das Philisterland zurück.
O jerum, o quae mutatio rerum


Da schreibt mit finsterm Amtsgesicht
Der eine Relationen.
Der andere seufzt beim Unterricht,
Und der macht Rezensionen;
Der schilt die sünd'ge Seele aus
Und der flickt ihr verfallnes Haus.
O jerum, o quae mutatio rerum


Allein das rechte Burschenherz
Kann nimmermehr erkalten,
Im Ernste wird, wie hier im Scherz,
Der rechte Sinn stets walten;
Die alte Schale nur ist fern,
Geblieben ist uns doch der Kern,
Und den lasst fest uns halten.


Drum Freunde reichet euch die Hand,
Damit es sich erneure,
Der alten Freundschaft heil'ges Band,
Das alte Band der Treue.
Klingt an und hebt die Gläser hoch,
Die alten Burschen leben noch,
Noch lebt die alte Treue.


Gemälde von Georg Mühlberg, weit verbreitet als Postkartenmotiv, entstanden um das Jahr 1900 mit dem Titel O alte Burschenherrlichkeit: Alte Herren einer Studentenverbindung denken beim Trinken und Singen an ihre Jugendzeit zurück.

Überlieferungsgeschichte

Der erste gedruckte Beleg für das Lied findet sich in der Berliner Zeitschrift „Der Freimüthige oder Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser, herausgegeben von Dr. August Kuhn“ vom 9. August 1825 unter dem Titel „Rückblicke eines alten Burschen“. Diese Publikation geriet aber wieder in Vergessenheit. Autor und Herkunft des Liedes galten für lange Zeit als unbekannt.

Bei der 350jährigen Jubiläumsfeier der Universität Marburg im Jahre 1877 erklärte sich der Marburger Burschenschafter Sanitätsrath Dr. med. Eugen Höfling zum Verfasser dieses Liedes. Er sagte, er habe das Lied zwischen den Jahren 1830 oder 1839 verfasst und zuerst in der Frankfurter Didaskalia („Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publizität.“ Frankfurt a. M., 1. Jahrgang 1823) veröffentlicht.

Diese unbelegte Behauptung wurde lange Zeit für wahr gehalten, Eugen Höfling ging als Autor des Liedes in die Literatur ein und erfuhr zahlreiche Ehrungen.

Bezweifelt wurde die Autorenschaft zuerst von Wilhelm Erman, der im Wintersemester 1890/1891 die Erstveröffentlichung von 1825 wiederentdeckte und seine Erkenntnis publizierte. Zum Zeitpunkt dieser tatsächlichen Erstveröffentlichung war Höfling (geb. am 15. Oktober 1808, gestorben 21. Juli 1880) sechzehnjähriger „Lyzeist“, also Schüler am Gymnasium, in seiner Heimatstadt Fulda. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, daß ein Unterprimaner aus Osthessen eine so reife Dichtung mit so großer Publikumswirkung zu einem Thema verfassen konnte, das die Betrachtungsweise eines Alten Herrn erforderte, und sie dann anonym fern seiner Heimat in Berlin veröffentlichte. Höfling hatte auch zugegeben, daß ihm zu Schülerzeiten das studentische Leben mit seiner typischen Kultur, wie sie im Lied detailliert beschrieben wird, noch vollkommen fremd gewesen war. Außerdem gibt es im Text sprachliche Hinweise auf eine Entstehung in Halle an der Saale, der Erscheinungsort Berlin weist auf eine Universitätsstadt im preußischen Herrschaftsgebiet hin. Höfling hat erst Jahre nach der tatsächlichen Erstveröffentlichung studiert und zwar in Marburg und Würzburg. Eine tatsächliche Veröffentlichung des Liedes in den Didaskalia, wie von Höfling behauptet, konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Trotzdem gilt Höfling in vielen Veröffentlichungen weiter als Autor. In Marburg befand sich am Haus Wettergasse 16 bis ca. 2006 eine Erinnerungstafel, in Eschwege und Fulda befinden sich Gedenktafeln für Höfling als Liederdichter; die letzte wurde 1983 enthüllt.

O jerum, jerum, jerum

Laut Duden leitet sich o jerum vom lat. „o Jesu domine“ ab, (vgl. auch „o jemine“) und ist ein veralteter Ausruf des Erschreckens, der Klage.[1]

Musikbeispiel

Parodie

Aufgrund der großen Bekanntheit und der weiten Verbreitung des Liedes eignete es sich auch als Vorlage für Parodien auf das Studentenleben der jeweiligen Zeit. So erschien im Jahre 1910 in Straßburg das Liederbuch für Studentinnen, in denen einige typische Studentenlieder auf das weibliche Geschlecht umgedichtet wurden:


O junge Mädchenherrlichkeit
O junge Mädchenherrlichkeit
Welch neue Schwulitäten!
Bezieht ihr alle weit und breit
Die Universitäten!
Vergebens spähe ich umher,
Ich finde keine Hausfrau mehr!
(O jerum, jerum, jerum
O quae mutatio rerum!)


Die Nähmaschin' bedeckt der Staub;
Es sank der Herd in Trümmer;
Der Kessel ward des Rostes Raub,
Verblichen ist sein Schimmer.
Die Wäsche gibt man aus dem Haus
Und beizt mit Chlor die Flecken aus.


Wo sind sie, die beim Kaffeekranz
Nicht wankten und nicht rückten,
Die ohn' Latein bei Scherz und Tanz
Die Herr'n der Erd' entzückten?
Jetzt komm'n sie ihnen ins Geheg
Und wandern früh in das Kolleg.


Da forscht mit glüh'ndem Angesicht
Die ein' in Quellenschriften,
Die andre Frauenrecht verficht,
Und die hantiert mit Giften.
Sie alle hat der Wissensdrang
Hinaus gelockt aus altem Zwang.


Hier beugt ein dunkler Lockenkopf
Sich über's Corpus iuris,
Die mit dem blonden Mozartzopf
Forscht, was denn wohl die Ruhr ist.
Wer schilt die säum'ge Köchin aus?
Wer flickt des Hausherrn alten Flaus?


Ihr Jungfrau'n, diesen lust'gen Scherz
Dürft ihr für Ernst nicht halten,
Ihr wißt, ein echtes Burschenherz
Kann nie für euch erkalten.
Tragt Küchenschürz', tragt Doktorhut,
Wir wissen, beides steht euch gut
Und bleiben euch die Alten!


Ihr Herren, diesen lust'gen Scherz
Dürft ihr für Ernst nicht halten,
Ihr wißt, im rechten Frauenherz
Wird rechter Sinn stets walten:
Die Küchenschürz' zum Doktorhut,
Zum Amtsbarett der Fingerhut,
Und so bleibt's doch beim Alten!


Filme

  • „O alte Burschenherrlichkeit“, 1925, Regie und Buch: Helene Lackner, Eugen Rex, Stummfilm in Schwarzweiß
  • „O alte Burschenherrlichkeit“, 1930, Regie: Rolf Randolf, Buch: Georg C. Klaren, Tonfilm in Schwarzweiß

Netzverweise

Fußnoten